Zalandos “heiliger Gral”: Inspiration, E-Commerce und Unterhaltung zusammenführen
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„Was uns in der Vergangenheit erfolgreich gemacht hat, wird uns auch in der Zukunft erfolgreich machen”. Mit diesen Worten läutete Co-CEO Robert Gentz die Pressekonferenz für die Bekanntgabe der neuen Strategie des Berliner Onlinehändlers Zalando ein.
Am Mittwoch hat das Unternehmen zusammen mit seinen Geschäftszahlen für 2023 auch seine neue Geschäftsstrategie für 2024 vorgestellt.
„Double Down” – also noch einen Drauflegen – war das Stichwort der Stunde. Die neue Strategie für den Business-to-Consumer-Bereich (B2C) der Plattform basiert auf drei Säulen, die die beiden CEOs, David Schneider und Robert Gentz, in ihrer Präsentation als ‘Differenzierung durch Qualität’, ‘Fokus auf Lifestyle’ und ‘Inspiration und Entertainment’ betiteln. Den strategischen Neuerungen liegen vor allem zwei soziale Entwicklungen zugrunde, die die Branche in den letzten Jahren verändert haben. Allen voran der Generationswechsel und technologische Innovationen.
Angetrieben durch eine jüngere Zielgruppe von ‘Digital Natives’ in Kombination mit neuen Technologien wie Programmen für Künstliche Intelligenz (KI) haben sich die Kund:innenbedürfnisse gewandelt. In Anpassung daran lautet die neue Devise des Onlinehändlers: Qualität über Quantität. Daher hat Zalando schon im März 2023 damit begonnen sein globales Markenportfolio zu reduzieren.
Differenzieren ist die Devise
Differenzierung ist also das neue Motto, im Zuge dessen auch der Luxusbereich von Zalando stärker ausgebaut wird. „Das Kund:innenverhalten hat sich gewandelt: Aus dem Wunsch nach ‘Mehr’ ist der Wunsch nach ‘Besser’ geworden”, erklärt Lena-Sophie Röper, Director of Designer & Luxury. Die steigende Nachfrage nach Luxusprodukten ist in der gesamten Branche zu beobachten, so verzeichneten die Großkonzerne des Luxusgütermarkts 2023 Rekordgewinne.
Das erklärte Ziel von Zalando ist es, eine „Luxusetage in unserem digitalen Kaufhaus” zu etablieren. Dafür überarbeitete der Onlinehändler im Januar bereits den Designerbereich. Die neuesten Features, die im Sommer in die Website und die App integriert werden, sind das ‘Product Spotlight’ und die ‘Editors Note’. So soll den Luxusmarken ein besseres Storytelling ermöglicht werden.
Der Fokus auf Lifestyle ist die zweite Säule der neuen Business-to-Consumer-Strategie. Damit ist aber nicht die Einführung zahlreicher neuer Produktkategorien gemeint, betont Co-CEO David Schneider, sondern vielmehr die Erfüllung aller ‘Lifestyle-Bedürfnisse’ der Kund:innen. Alles was man braucht auf einer Plattform – dafür konzentriert sich der Onlinehändler künftig auf die Angebotsentwicklung in den Bereichen Sport und Kindermode.
Back to the Roots? Live- und Teleshopping neu aufgelegt
Inspiration und Entertainment waren die Schlüsselbegriffe in Bezug auf Technik und Content und bilden die wichtigste Säule des Unternehmens in Hinblick auf künftiges Wachstum, so Gentz.
Die Mission ist es, die Bedürfnisse der Kund:innen zu verstehen und sie mit besserem Content ansprechen, sagt Matthias Haase, Director Content Solutions bei Zalando. Die Kundschaft des Onlinehändlers fragt insbesondere nach Video-Content, was auf die starke Entwicklung der Social-Media-Plattform TikTok zurückzuführen sei. Den Wunsch erfüllt Zalando mit zwei neuen Lösungen, die das Unternehmen auf dem Media Day am Dienstag präsentierte und die ein bisschen an ein Revival des Teleshoppings erinnern.
In wöchentlichen Live-Shopping-Shows mit Expert:innen auf der Zalando-App und auf der Website können Kund:innen künftig über einen interaktiven Chat mehr über die Produkte erfahren. Hier wird vor allem die Beauty-Kategorie im Vordergrund stehen, da dort die Nachfrage nach zusätzlichen Produktinformationen besonders groß ist, so Haase.
Die zweite große Ankündigung war die Einführung des ‘In-Stream-Shoppings’ in Zusammenarbeit mit dem Fernsehsender RTL. Auf RTL+, dem Streaming-Dienst des Senders, können Zuschauer:innen der Fernsehserie ‘Gute Zeiten, schlechte Zeiten’ ab sofort täglich die Produkte, die die Darstellenden in der Serie tragen, online shoppen.
„Wir verbinden erstmals Streaming und Shopping”, erklärt Haase. Beim Stream kann einfach auf Pause gedrückt werden und in einem Fenster erscheinen die Produkte, die in der Szene der Serie zu sehen sind. Durch einen Klick können die Produkte direkt in den Warenkorb hinzugefügt werden. Die Kaufabwicklung erfolgt dann über Zalando. Pro Folge handelt es sich dabei um rund 120 Produkte, die bis jetzt ausschließlich von Zalando kuratiert werden, erklärt Haase. In der Testphase ist das In-Stream-Shopping nur für iOS-Geräte der Marke Apple verfügbar – der Dienst soll aber auf weitere Geräte und Serien ausgeweitet werden.
„Die Zusammenführung von Inspiration, E-Commerce und Unterhaltung – das ist der heilige Gral, den wir erreichen wollen”
Inspiration durch KI
Schon im letzten Jahr hat Zalando seinen Fashion Assistent eingeführt und getestet. Der Chatbot, der die KI-Software ChatGBT des US-amerikanischen Unternehmens OpenAI nutzt, wurde bereits von 300.000 Kund:innen in vier Märkten getestet. Die Anfragen, die an den Fashion Assistent gestellt werden, sind in der Regel dreimal so lang, wie in der traditionellen Suchleiste, erklärt Tian Su, Vice President Personalization and Recommendation bei Zalando.
Mit einer neuen Sprachfunktion können die Nutzer:innen nun eine ‘richtige’ Konversation mit dem Chatbot führen. Dieser nimmt den Kund:innen die Einschränkungen der klassischen Suchfunktion ab, bei der sie genaue Stichworte parat haben müssen und wo die Suche durch vorgeschriebene Filter eingeschränkt wird. Als nächstes soll der Fashion Assistent in die Suchleiste eingebettet werden – der Testlauf dafür startet im April.
Ein weiteres Highlight, der das Vorhaben der Inspiration vorantreiben soll, ist der neu eingeführte ‘Trend Spotter’, der die aufstrebenden Trend-Teile europäischer Modestädte zusammenfasst. Kategorisiert in Damen- und Herrenbekleidung werden den Kund:innen auf Basis von Zalando-Daten die trendenden Produkte in Städten wie Berlin, Paris, Mailand oder Kopenhagen vorgeschlagen.
Von der Plattform zum Ökosystem
Hohe Ziele hat sich das Unternehmen in Bezug auf seine B2B-Strategie gesetzt:
„Wir bauen das führende E-Commerce-Ökosystem für den europäischen Mode- und Lifestyle-Markt auf”
Von der Plattform zum Ökosystem – das ist der Plan der mithilfe des Betriebssystems ZEOS umgesetzt werden soll.
Als „neues Kapitel der Business-to-Business-Reise” will das Unternehmen mit dem Zalando E-Commerce Operating System (ZEOS) es Marken und Einzelhändler:innen ermöglichen, ihren gesamten Onlinehandel über eine einheitliche Plattform zu steuern. Die Technik wurde schon im Oktober 2023 vorgestellt und nimmt in der Strategie für 2024 den zentralen Punkt in Sachen Business-to-Business (B2B) ein.
Mit ZEOS will der Onlinehändler sein System für Marken öffnen, sodass sie ihr gesamtes E-Commerce-System über die Software steuern können und somit nicht nur „auf Zalando, sondern auch durch Zalando” verkaufen, so Schneider.
Den europäischen Markt simpler gestalten – das ist die Idee, die hinter ZEOS steckt. Die Brands „sind unsere Kund:innen und wir helfen ihnen, ihr volles Potenzial in Europa auszuschöpfen”, erklärt Schneider.
Ist Nachhaltigkeit out?
Ein Thema das in Berlin so gut wie gar nicht zur Sprache kam, war Nachhaltigkeit. Erst vor einigen Wochen wurde der Onlinehändler von der europäischen Schutzbehörde für Verbraucher:innen wegen irreführender Angaben zum Thema Nachhaltigkeit ins Visier genommen. Im letzten Jahr beschuldigten Investigativ-Journalist:innen das Unternehemen des Greenwashings und der Täuschung seiner Kund:innen. Die ökologischen Ebenen der Nachhaltigkeits-Thematik fanden in der Strategie des Onlinehändlers keinen Raum, dafür fokussierte sich Zalando auf Inklusivität als sozialen Aspekt von Nachhaltigkeit.
Bereits 2022 erweiterte Zalando sein Sortiment um adaptive Mode. Die inklusive Kollektion wurde seit dem ausgeweitet und wird in diesem Jahr um Sportbekleidung ergänzt. Außerdem wird eine Schuhkollektion in Zusammenarbeit mit dem Modeanbieter Boss erscheinen. Inklusivität ist Teil der neuen Differenzierungs-Strategie des Unternehmens und die adaptiven Kollektionen sind in allen 25 Zalando-Märkten erhältlich. Künftig sollen auch Nischen-Brands mit eingebunden werden und die Zugänglichkeit auf der Website für Kund:innen mit Behinderung erleichtert werden.
Wachsen ist das Ziel
Mit den neuen strategischen Vorhaben strebt Zalando für das Jahr 2024 nun wieder ein Umsatzwachstum an. Gentz formulierte auf der Pressekonferenz in Berlin das Ziel, bis 2028 das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) um sechs bis acht Prozent zu erhöhen. Das angestrebte Wachstum für Umsatz und Gross-Merchandise-Value hat der Co-CEO auf fünf bis zehn Prozent bis 2028 beziffert. „Unsere Chancen sind riesig und wir haben einen klaren Weg vor uns, um zu einem starken Wachstum zurückzukehren und unsere Gewinnspanne weiter auszubauen”, so Gentz.
Finanzchefin Sandra Dembeck gab einen vorläufigen Einblick in das erste Quartal von 2024: „Das Jahr hat so begonnen, wie das letzte Jahr geendet hat. Aber der Start der Frühlings-/Sommer-Saison war sehr positiv und das hat sich auch im März fortgesetzt.”