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Warum der Tag der Erde hauptsächlich eine PR-Aktion ist

Von Simone Preuss

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Business |KOMMENTAR

KI-generiertes Bild zur Illustration. Bild: FashionUnited

Was haben Tage wie Muttertag, Valentinstag und der Tag der Erde gemeinsam? Es sind alles Tage, die etwas/jemanden herausstellen, das eigentlich selbstverständlich sein sollte und jeden Tag des Jahres gefeiert werden sollte - Mütter (Eltern allgemein), die Liebe und unsere Erde.

Die eigentliche Existenz solcher Erinnerungstage zeigt, dass etwas nicht ganz stimmen kann - warum müssen Mütter speziell an einem Tag geehrt werden; heißt das, wir vergessen sie an den restlichen 364 Tagen? Und unsere romantischen Partner:innen, brauchen wir wirklich den Valentinstag, um sie mit Blumen, Schokolade und kitschigen Stofftieren zu überhäufen? Sollten wir nicht den besonderen Personen in unserem Leben unsere Liebe, Zuneigung und unseren Respekt jeden Tag zeigen?

Und unsere Erde - sollten wir nicht jeden Tag daran denken, Ressourcen sparsam zu nutzen und für Generationen zu bewahren? So wenig wie möglich Neues zu gebrauchen und unsere alten Sachen auszubessern, zu reparieren und wiederzuverwenden?

Genug Kleidung für sechs Generationen

Schaut man sich die Modebranche an, so gibt es noch zu viele Marken und Einzelhandelsunternehmen, deren Geschäftsmodell auf Überkonsum beruht und die Veranstaltungen wie den Tag der Erde geschickt zum Greenwashing benutzen - also auf eine neue Kollektion aufmerksam machen, die angeblich nachhaltig ist, aber den Konsum anregt; Rücknahmeprogramme gebrauchter Kleidungsstücke, die auf Guthaben für Neuware beruhen und so den gleichen Zweck haben; neue Labels, die anders sein wollen, aber auch zum Konsum beitragen.

Reduce, Reuse, Recover, Recycle - Poster auf der Made in Bangladesh Week. Foto: Sumit Suryawanshi für FashionUnited

Angesichts der Tatsache, dass die vorhandenen Kleidungsbestände, die derzeit im Umlauf sind, laut Patrick Grant von Great British Sewing Bee für sechs Generationen reichen, wäre es das umweltfreundlichste, die Produktion sofort zu stoppen. Aber das geht natürlich nicht - Arbeitsplätze hängen an der Branche und viele weitere Industrien.

Umschulen und umdenken ist daher das Stichwort, wie es etwa traditionelle Betriebe wie die Ledermanufaktur tun könnten - statt auf Leder auf plastikfreie alternative Materialien setzen, wie es etwa die erste vegane Feintäschnerei Deutschlands tut.

Näher:innen sollten im Ausbessern und in der Verlängerung des Lebens von Kleidungsstücken geschult werden, nicht in der Neuproduktion, die in immer schnellerem Tempo auf Kosten ihrer Gesundheit geschieht. Kreativität sollte belohnt und herausgestellt werden, wie dies etwa bei der „Sashiko“, der japanische Technik zur Denim-Ausbesserung der Fall ist. Tage wie der bei der diesjährigen Fashion Revolution Week eingeführte „Mend in Public Day”, der Menschen zu Ausbesserung ihrer Kleidungsstücke als Gemeinschaftsaktion anregen soll, sollten eine Selbstverständlichkeit werden.

Ladenpersonal sollte den Tag frei bekommen und die Menschen anregen, an diesem Tag in die Natur zu gehen, wie The North Face es vor einigen Jahren mit der „Explore Mode”-Kampagne am Tag der Erde vormachte, die heute relevanter denn je ist.

Jedes hergestellte Produkt sollte mit der Wiederherstellung der Natur verbunden sein, etwa der Aufforstung von Wäldern, und zwar nicht irgendwo um den halben Erdball, sondern lokal, wie es etwa die Wortmann Gruppe seit 2021 macht: Der unter anderem für Marken wie Tamaris, Marco Tozzi, S.Oliver Shoes und Caprice bekannte Schuhhersteller aus Detmold hat mit dem Projekt „Bäume für Lippe“ dem Landesverband Lippe jedes Jahr 25.000 Euro für den Erwerb junger Bäume und ihre Pflanzung bereitgestellt, insgesamt bis jetzt 125.000 Euro. Bislang wurden 22,2 Hektar am Fuß des Hermannsdenkmals und im Silberbachtal in Horn-Bad Meinberg aufgeforstet, um auf Schad- und Kahlflächen neue Waldgenerationen zu fördern.

Reduce, Reuse, Recycle

Wer also an diesem Tag der Erde etwas Sinnvolles machen möchte, sollte den Konsum einstellen und sich stattdessen dem Nachhaltigkeitsmantra „Reduce, Reuse, Recycle” widmen, und zwar in dieser Reihenfolge. Als Branche muss sich die Modeindustrie ebenfalls überlegen, wie sie ihre Geschäftsmodelle ändern und auf Slow Fashion umstellen kann - mit den zugehörigen Änderungen von Berufsfeldern.

Wenn dies naiv und unmöglich scheint, sollte sich die Alternative ins Gedächtnis gerufen werden - schwindende Ressourcen, mehr Plastik in den Weltmeeren als Fische und ständig wachsende Kleiderberge. Nur wenn wir keinen „Erinnerungstag” mehr brauchen, kann die Erde (und damit der Mensch) wirklich aufatmen.

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