Was wäre, wenn wir unsere Lieblings-Kleider länger tragen könnten?
Wird geladen...
Hintergrund: Recht auf Reparatur – Was bedeutet das neue EU-Recht für die Modeindustrie
Reparaturen rücken immer mehr ins Rampenlicht - auch in der Modebranche
„Ich befinde mich offensichtlich in der ’Reparaturen-Bubble’, aber ich wage zu behaupten, dass der Bereich wächst”, sagt Sieds Wijnja, Gründer der Reparatur-Plattform Jafix, die Reparaturanleitungen für Verbaucher:innen und Unternehmen entwickelt.
Jafix.com ist eine unabhängige Onlineplattform, die sich der Reparatur von Produkten widmet und kostenlose Reparaturanleitungen für eine breite Palette von Produkten von Kleidung über Möbel bis hin zu Elektronik anbietet. Sieds Wijnja baut das Unternehmen seit etwa drei Jahren auf. Er ist in einer Familie aufgewachsen, in der Reparieren die natürlichste Sache der Welt ist, so der gelernte User-Experience-Designer über sich selbst.
Laut Wijnja zeichnet sich die Plattform dadurch aus, dass sie die Verbraucher:innen bei der Reparatur komplett an die Hand nimmt – im Gegensatz zu Heimwerkervideos auf YouTube. Die Verbrauchenden lesen, wie einfach oder schwer eine Reparatur ist, wie viel Zeit sie in Anspruch nimmt und welche Teile benötigt werden. Manchmal werden die benötigten Teile außerdem direkt verlinkt, so Wijnja: „Und dann folgt eine Schritt-für-Schritt-Anleitung mit Bildern und Text”. Die Idee hinter der Plattform ist, die Verbrauchenden bei dem Reparatur-Prozess so gut wie möglich zu unterstützen und sie „vor allem zu beruhigen”, fasst der Gründer zusammen. „Forschungsergebnisse zeigen uns zwar, dass die Menschen reparieren wollen, aber dafür Hilfe benötigen” so Wijnja.
Auf der Onlineplattform Jafix vermittelt Wijnja auch Verbraucher:innen, die ihre Reparaturen aufgrund von fehlender Zeit oder Fähigkeiten lieber weitergeben wollen, an erfahrene Reparateure. Auf der Suche nach Partner:innen kam Wijnja mit Bever in Kontakt, erzählt er. Diese Zusammenarbeit führte zur Entwicklung von 20 Reparaturanleitungen für das Outdoor- und Sportfachgeschäft, die von Bekleidung bis zu Campingausrüstung reichen und sowohl auf der Website von Bever als auch auf Jafix.com zu finden sind.
Seit letztem Jahr arbeitet Jafix auch für das Familienunternehmen Zeeman, „das Wert auf Nachhaltigkeit legt". Auf der Website des Textildiscounters gibt es eine Seite für Reparaturen, auf der Reparaturanleitungen für Kleidung und Textilien zu finden sind. Das „technische Back-End" dieser Seite wird von Jafix erstellt und verwaltet. „Das ist eine so genannte ‘White-Label-Lösung’, die den Einstieg für Unternehmen erleichtert", erklärt Wijnja.
Derzeit führt Wijnja Gespräche mit einer Reihe von bekannten Einzelhandelsketten – Namen kann er noch nicht nennen.
„Reparaturen sind nicht mehr den Urgesteinen wie Patagonia und Marken wie Jack Wolfskin, Arc'teryx, Mammut aus dem Outdoor-Segment vorbehalten, für die die Reparatur zu ihren Produkten und ihrem Kundenstamm passt”, sagt Agnes Weber, Mitbegründerin von Mended , einer Onlineplattform für Änderungsschneiderei und Reparatur von Kleidung.
Mended wurde 2022 von Agnes Weber und Daan Maasson gegründet. Das Unternehmen ist „eine zirkuläre Dienstleistungsplattform, die die Verlängerung der Lebensdauer von Kleidung so attraktiv macht wie den Kauf von Neuware", indem es Online-Reparaturen, Änderungen und den Wiederverkauf von Kleidung sowie Branding und Marketing anbietet. Die nachhaltigen Bekleidungsmarken Kings of Indigo und Mud Jeans arbeiten bereits mit dem Unternehmen zusammen.
Neben diesem B2B-Service für Modemarken bietet das Unternehmen auch einen B2C-Service an: Mended führt auch Reparaturen für Verbraucher:innen durch, allerdings in einem kleineren Rahmen. „Wir machen das hauptsächlich, um Daten zu sammeln", erklärt Weber. „Es gibt uns Aufschluss darüber, welche Marken die Verbraucher:innen reparieren lassen wollen, und außerdem können wir diese Informationen benutzen, um potenzielle Kund:innen anzusprechen."
Nach Ansicht von Wijnja und Weber ist die zunehmende Konzentration auf Reparaturen auf zwei Faktoren zurückzuführen: Die wachsende Nachfrage der Verbraucher:innen und die zunehmende Regulierung.
Steigende Nachfrage der Verbrauchenden
„Die Verbraucher:innen werden von ihrem Geldbeutel beeinflusst, aber Nachhaltigkeit steht an erster Stelle", sagt Wijnja. Er sieht eine große Gruppe, die bereit ist, für mehr Qualität mehr zu bezahlen.
Das zeigt auch eine groß angelegte Verbraucher:innenbefragung von Euromonitor International. „Im Gegensatz zu früher, als nachhaltiges Konsumverhalten durch die höheren Produktkosten erschwert wurde, entscheiden sich die Verbraucher:innen heute eher für langlebigere und vielseitig einsetzbare Gegenstände und ziehen das Mieten oder Reparieren einem Neukauf vor", berichtet das Marktforschungsunternehmen. Der Grund dafür ist, dass die Budgets der Konsument:innen unter anderem aufgrund der Inflation und der steigenden Lebenshaltungskosten knapper werden. „Die Verbraucher:innen legen zunehmend Wert auf langlebige und reparaturfähige Artikel", sagt Marguerite LeRolland, Industriemanagerin für Schuhe und Bekleidung bei Euromonitor. „Aus diesem Grund setzen Marken zunehmend auf Nachhaltigkeit und Reparatur.”
Auch Kundenservices erhalten zunehmend Fragen zu den Themen Garantie, Reparaturen und der allgemeinen Produktleistung, sagt Weber, die täglich mit diesen Geschäftsabteilungen spricht. „Und diese Fragen kommen nicht mehr nur von Kund:innen mit Nachhaltigkeits-Fokus.”
Verschärfte Regulierung
„Modeunternehmen werden außerdem zunehmend von Regierungen und politischen Entscheidungsträgern angehalten, ihre Geschäftspraktiken zu ändern", so Euromonitor. Viele neue Rechtsvorschriften im Bereich der Nachhaltigkeit sind in Vorbereitung, in der EU ist eine ganze Nachhaltigkeitsstrategie – der European Green Deal – im Gespräch. „Dieser umfasst ein härteres Vorgehen gegen Greenwashing, einen Vorstoß für bessere Rückverfolgbarkeit durch die Einführung digitaler Produktpässe, eine obligatorische Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD) und eine Richtlinie, die Organisationen zwingt, gegen Umwelt- und Menschenrechtsverletzungen in der Lieferkette vorzugehen (CSDDD),” zählt LeRolland auf.
Außerdem werden für alle EU-Länder Vorschriften entwickelt, die die Hersteller:innen für das Sammeln, die Wiederverwendung und das Recycling von ihren Produkten verantwortlich machen, die sie auf den Markt bringen, betont Wijnja. In den Niederlanden wurde die erweiterte Herstellerverantwortung für Textilien bereits im letzten Jahr eingeführt.
„Die Bekleidungsunternehmen wissen, dass das traditionelle Geschäftsmodell, das ausschließlich darauf beruht, den Verbraucher:innen neue Kleidung anzubieten, ausgedient hat", berichtet Weber. „Die meisten Modeunternehmen dachten früher, wenn die Klamotten über die Ladentheke gehen, ist meine Arbeit getan und ich werde mich jetzt daran machen, weitere Ware zu produzieren. Außerdem wurden einige Produkte so hergestellt, dass sie nach einer gewissen Zeit kaputt gehen, damit neue Kleidung verkauft werden kann”. Weber ist der Meinung, dass das Verantwortungsbewusstsein für Produkte nach dem Verkauf bei den Modeunternehmen inzwischen weiter ausgeprägt ist. „Das Wie [zur Übernahme dieser Verantwortung] wird jetzt ausgearbeitet", so Weber.
Diese Marketingstrategie nennt man geplante Obsoleszenz.
Das Konzept der geplanten Obsoleszenz kam in den 1920er Jahren auf, schreibt die belgische Nachhaltigkeitsexpertin Jasmien Wynants in einem Gastbeitrag für FashionUnited. „Die Hersteller:innen experimentierten mit Möglichkeiten, die Lebensdauer von Produkten zu begrenzen, um die Nachfrage nach neuen Produkten anzukurbeln. Die Strategie wurde zum Beispiel bei Glühbirnen angewandt, später auch bei Elektronik, Haushaltsgeräten, Autos, Smartphones und auch bei Kleidung."
Quelle: ‘Duurzaamheid verduidelijkt: Waarom iedereen het over de circulaire economie heeft als oplossing’ (23 April 2023)
Wijnja merkt an, dass sich die Unternehmen früher mehr auf das Recycling konzentrierten, wenn es um Nachhaltigkeitsbemühungen ging. „Jetzt steht Reparatur ganz oben auf der R-Leiter", sagt der Jafix-Gründer.
Es ist davon auszugehen, dass sich der Fokus auf Reparatur weiter verstärken wird, da die neue EU-Gesetzgebung „Recht auf Reparatur” in Planung ist.
Der Artikel wird unter den Fotos fortgesetzt
2. Recht auf Reparatur und ein Blick in die Zukunft
Der vorliegende Gesetzentwurf für das „Recht auf Reparatur” wird den Konsument:innen bald ein Recht auf Reparatur einräumen, wenn die Reparatur eines Produkts kostengünstiger ist als dessen Umtausch. Vorerst gilt die Verpflichtung für Elektrogeräte wie Geschirrspüler, Waschmaschinen, Trockner, Kühlschränke und Mobiltelefone. Mode- und Textilprodukte fallen nicht darunter.
Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass die Reparatur in Zukunft in die Ökodesign-Verordnung aufgenommen wird, eine weitere bevorstehende Regierungsrichtlinie, die Anforderungen an das Produktdesign stellt. Dies würde bedeuten, dass in Zukunft für neue Bekleidungs- und Textilerzeugnisse Anforderungen an die Reparierbarkeit gestellt werden könnten", erklärt die in Brüssel ansässige Anwaltskanzlei Edson Legal.
„Im Idealfall möchte man, dass traditionell organisierte Modeunternehmen eine 180-Grad-Wende vollziehen – und das beginnt mit dem Nachhaltigkeitsaspekt in der Entwurfs- und Designphase", so Weber. Es wäre hilfreich, wenn die Hersteller:innen bereits in der Entwicklungsphase bedenken würden, dass das Produkt später repariert oder recycelt werden kann, wie auch Untersuchungen der Technischen Universität Delft gezeigt haben, argumentiert Wijnja.
Dieses Konstruktionsprinzip kommt eigentlich aus der Baubranche und nennt sich 'Design for Disassembly' – das Gebäudekonzept beschäftigt sich schon in der Planungsphase mit der Rückbaufähigkeit. „Für die Bekleidungsindustrie wird das aber nicht so einfach umzusetzen sein, denn wie kann man Teile eines Pullovers ersetzen?", überlegt er laut. „Die Verbesserung der Qualität ist dann selbstverständlicher", sagt der Jafix.com-Gründer.
Auch sei ein solcher Umschwung, wie ihn Weber erwähnte, für traditionell arbeitende Modeunternehmen nicht immer machbar: „Es ist daher gut, dass Bekleidungsmarken irgendwo ansetzen, indem sie zum Beispiel Reparaturen anbieten oder ermöglichen", so die Mended-Mitbegründerin.
Denn der größte Vorteil von Reparaturen, so betonen Weber und Wijnja, ist, dass Verbraucher:innen ihre Kleidung länger nutzen können.
3. Eine bessere Methode, Kleidung im Umlauf zu halten
„Für eine nachhaltigere Zukunft und eine Kreislaufwirtschaft müssen wir weniger Dinge herstellen und kaufen", erklärt Wijnja. Aber dieses ganze Konsumdenken ist nicht so einfach, findet er. „Wenn ich coole Klamotten in den Regalen hängen sehe, komme ich auch in Versuchung, etwas zu kaufen."
„Ich denke, die Lösung liegt vielmehr in der Verlängerung der Lebensdauer von Produkten, die wir bereits besitzen. Die Reparatur ist dabei ein sehr wichtiges Instrument", so Wijnja weiter. „Und das ist eigentlich genau die Botschaft meiner Plattform".
Mended teilt diese Ansicht. Der Slogan des Unternehmens lautet 'A better way to keep clothes in play' (deutsch: Ein besserer Weg, Kleidung im Spiel zu behalten). „Wir halten uns an das Sprichwort, dass man mit Honig mehr Fliegen fängt, als mit Essig", erklärt Weber. Sie ist der Meinung, dass Aufrufe zum Kaufverzicht nicht viel bewirken, es sei denn, es gibt gesetzliche Vorschriften, wie etwa das Verbot bestimmter Marketing-Praktiken in der Fast-Fashion-Branche in Frankreich.
„Ein positiver Ansatz, der die Liebe zu den vorhandenen Produkten fördert und die Nutzung maximiert, könnte indirekt den Impuls zum Neukauf verringern", so Weber weiter. „Schließlich könnte die Möglichkeit, das schöne Kleid oder die Lieblingsjeans länger tragen zu können, einige Impulskäufe verhindern.
Die Kraft eines neuen Reparaturkonzepts
Weber ist der Meinung, dass der Schlüssel zur Verbesserung in Bezug auf die Stimmung rund um das Thema Reparatur eine neue Sichtweise ist. Fast immer wird über die „altmodische Reparatur" gesprochen oder geschrieben. „Wir müssen von diesem verstaubten Image wegkommen und neue, ansprechende Gesprächsthemen schaffen", meint Weber.
Mended hat es sich daher zur Aufgabe gemacht, das Schneiderhandwerk zu einem Erlebnis zu machen. „Einkaufen ist ein Erlebnis, das Reparieren eines Kleidungsstücks aber nicht", sagt Weber. „Außerdem ist es immer nur eine Spekulation, ob der:die Schneider:in um die Ecke es schön reparieren kann." Mended bietet die Garantie für eine qualitativ hochwertige Reparatur „durch die Zusammenarbeit mit den besten lokalen Schneider:innen in den Niederlanden", so das Motto des Unternehmens. Außerdem werden die reparierten Kleidungsstücke eingepackt und „mit einer Schleife oben drauf" geliefert, um den Öffnungseffekt von neuen Paketen zu imitieren.
Der Artikel wird unter den Fotos fortgesetzt.
4. Was wird noch benötigt, um die Reparaturen weiter auszubauen?
Es gibt noch einige Herausforderungen für eine weitere Ausbreitung und Akzeptanz von Reparaturen, einschließlich der Wahrnehmung der Verbraucher:innen in Bezug auf den Preis, sind sich Jafix.com und Mended einig.
Kosten vs. Nutzen
„Die Konsument:innen sind an die niedrigen Preise der Fast-Fashion gewöhnt und erwarten daher, dass Reparaturen, wie das Auswechseln eines Reißverschlusses oder das Anbringen eines Knopfes nicht viel kosten”, sagt Weber. „Wir müssen ihnen dann erklären, dass jede Reparaturleistung individuell ist und Handarbeit erfordert”.
Wenn es um den Preis geht, haben Unternehmen die Aufgabe, die Verbraucher:innen „ein bisschen zu erziehen, so die Mitbegründerin von Mended. „In vielen Branchen ist es normal, dass die Kund:innen für einen Teil der Dienstleistung bezahlen, weil man Service und Handwerkskunst zu schätzen weiß. Eine Autowerkstatt zum Beispiel repariert Kratzer im Lack auch nicht kostenlos."
Außerdem muss ein Kleidungsstück einen ausreichenden finanziellen Wert haben, um eine Reparatur zu rechtfertigen, so Weber. „Denken Sie an Produkte des mittleren Preissegments von angemessener Qualität", sagt sie. Die Reparatur sehr billiger Kleidungsstücke sei in der Regel weder praktisch noch wünschenswert, meint sie, „oder es muss ein emotionaler Wert für die Konsument:innen bestehen.
Das Geschäfts- und Ertragsmodell der Unternehmen ist ein weiteres Thema. „Modemarken und Einzelhändler:innen fragen uns in der Regel zuerst nach den Vorteilen von Reparaturarbeiten", so Weber.
„Zunächst einmal kann die Reparatur einfach eine zusätzliche Möglichkeit für Unternehmen sein, Umsatz zu generieren", erklärt Wijna. So verweist Bever in seinen Reparaturanleitungen auf Teile, die das Unternehmen selbst anbietet und verkauft. Dasselbe gilt für Zeeman: Der Textildiscounter verkauft benötigtes Nähmaterial, Strickgarn und Gummibänder und macht damit Umsatz. „Aber es stimmt schon, dass die Investitionen meist die Einnahmen übersteigen", sagt er ehrlich. Auch sein Unternehmen erwirtschaftet noch keinen Gewinn.
„Ich denke, alle suchen im Moment nach profitablen Geschäftsmodellen für die Reparatur", so Wijnja weiter. Laut dem Jafix-Gründer ist Kund:innenbindung eine mögliche Antwort für Unternehmen: „In dem Moment, in dem man als Unternehmen die Kund:innen nicht mehr alleine lässt und ihnen hilft, ein Produkt zu reparieren, oder die Reparatur erleichtert, führt das zu einer höheren Kund:innenloyalität. Die Kund:innen sind zufriedener und es ist wahrscheinlicher, dass sie wiederkommen”, meint er.
„Wir brauchen diese Geschäftsmodelle, wenn es um die Förderung der Kreislaufwirtschaft geht", betont Wijnja. „Wir müssen es schaffen, die Reparatur profitabel zu machen. Deshalb bin ich ehrgeizig. In dem Moment, in dem die Einnahmen die Investitionen übersteigen, ist es viel wahrscheinlicher, dass die Reparatur zum Erfolg wird."
Bei Mended gibt es für Unternehmen einen weiteren greifbaren ’Return of Investment – also greifbaren Erfolg. „Schneider:innen haben eine Fülle von Informationen über die tatsächliche Leistung von Produkten und über ihre Schwachstellen”, so Weber. Beispielhaft nennt er eine Hosennaht oder Innenfutter, das immer wieder an einer bestimmten Stelle aufreißt. Die Mitglieder der Plattform haben Zugang zu diesen Informationen. „Mit diesem Wissen können Marken schon in der Designphase Verbesserungen vornehmen, die zu besseren Produkten auf dem Markt führen”.
Reparaturen im Ausland
Schweden hat einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz für Reparaturdienstleistungen und Frankreich erstattet den Verbraucher:innen einen Teil der Reparaturkosten. Wijnja ist der Ansicht, dass niedrigere Steuersätze auch in den Niederlanden für Verbesserungen sorgen können.
Der Artikel wird unter dem Info-Kasten fortgesetzt
In anderen Teilen der Welt sind Reparaturen weit verbreitet
„Es gibt einen großen Kontrast zwischen der Wegwerfkultur im Globalen Norden und der Wiederverwendung-Kultur im Globalen Süden", erklärt Simone Preuss, Nachhaltigkeitsjournalistin bei FashionUnited, die im indischen Mumbai lebt. In den Ländern des globalen Südens gehört die Mehrheit der Bevölkerung zur mittleren und unteren Mittelschicht: Die Menschen können es sich nicht leisten, Kleidung nach ein paar Mal Tragen wegzuwerfen, erklärt sie.
In Indien haben viele Haushalte eine:n Schneider:in des Vertrauens für Reparaturen und Ausbesserungen, weil es günstiger ist, als Kleider neu zu kaufen, so Preuss. „Es werden Risse genäht und Knöpfe und Reißverschlüsse angebracht, bis der:die Schneider:in sagt, dass nichts mehr zu machen ist und es an der Zeit ist, ein neues Kleidungsstück zu kaufen”, erläutert sie. „Viele Menschen lassen sich auch Kleidung aus Stoffresten schneidern, beispielsweise aus alten Saris, die auch zu Vorhängen oder Kissenbezügen verarbeitet werden”, sagt Preuss. Außerdem werden gebrauchte Sachen von den Eltern an Kinder weitergegeben, um Glück oder Wohlstand zu bringen, so die Journalistin abschließend.
Sowohl Jafix als auch Mended halten nicht viel von kostenlosen Reparaturen. „Wenn man die Reparaturen für die Konsument:innen kostenlos macht, würde man den Herstellenden den Anreiz nehmen, qualitativ hochwertige Kleidung herzustellen", betont Wijnja. „Die denken dann: ‘Mein Problem wird sowieso gelöst, weil es kostenlos repariert werden kann’".
Außerdem besteht die Gefahr, dass kostenlos als „wertlos" interpretiert wird.„Manche Leute sehen eine Reparatur bereits als Abwertung des Gegenstands an, und wenn man sie kostenlos anbietet, wird diese Ansicht noch verstärkt", erklärt Weber. „Wir wollen mit Reparaturen einen Mehrwert schaffen. Es gab einmal einen Kunden, der ein noch völlig intaktes Kleidungsstück einschickte, um es durch eine Reparatur 'aufzuwerten', und das ist genau der Wert, den wir schaffen wollen."
Quellen:
- Interview mit Sieds Wijnja, Gründer der Reparatur-Plattform Jafix.com, vom 13. März 2024
- Interview mit Agnes Weber, Mitbegründerin von Mended, einer Onlineplattform für Änderungsschneiderei und Reparatur von Kleidung , vom 18. März 2024
- Input vom Marktforschungsunternehmen Euromonitor International vom 19. März 2024 und der Euromonitor-Studie 'International Voice of the Consumer: Lifestyle Survey 2023' unter fast 41.000 Personen.
- Input von Simone Preuss, Nachhaltigkeitsexpertin- und Journalistin bei FashionUnited, vom 8. März2024
- Gastbeitrag über das Recht auf Reparatur von der Brüsseler Anwaltskanzlei Edson Legal für FashionUnited, ab 21. März 2024
- Teile des Textes dieses Artikels wurden mit einem automatischen KI-Tool erstellt und anschließend bearbeitet.
- Neue EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen – Das müssen Sie wissen
- CSDDD – Welche Bedeutung hat die neue Sorgfaltspflicht-Richtlinie der EU für die Modeindustrie?
- Die versteckten Kosten unserer Produkte: Wahre Preisgestaltung und der Weg zu True Pricing
- Plagiate in der Mode: Warum gibt es so viele Fälschungen – und sind sie erlaubt?
- Etwas Altes in etwas Neues verwandeln – Upcycling ist im Trend
- Das Modesystem: Die Modesaisons und der Modekalender erklärt
- Alles über die (traditionelle) Lieferkette und die Produktion in der Modeindustrie
- Trendforschung: Wie werden Modetrends vorhergesagt?
- Tipps für den Aufbau einer nachhaltigeren Garderobe
Dieser übersetzte Beitrag erschien zuvor auf FashionUnited.nl. Übersetzung und Bearbeitung: Pia Schulz