Neuer nachhaltiger Style Guide bietet umfassenden Ansatzpunkt für bewussteren Modekonsum
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Die Organisation für kulturelle Nachhaltigkeit Black Pearl hat heute einen Leitfaden für nachhaltigen Stil veröffentlicht, der sich an „alle richtet, die Kleidung tragen“, unabhängig von Alter, Abstammung, Geschlecht, Fähigkeiten, geografischer Lage, sozioökonomischem Hintergrund, Werten und Überzeugungen. Der „Sustainable Style Guide For Everyone“ zielt darauf ab, nachhaltige Modelösungen für jede Garderobe zu bieten, vom Alltag über besondere Anlässe bis hin zu Veranstaltungen auf dem rotem Teppich.
Laut Black Pearl bezieht sich „kulturelle Nachhaltigkeit auf die Erhaltung und Bereicherung verschiedener kultureller Aspekte innerhalb einer Gesellschaft oder sozialen Gruppe, um deren Kontinuität und Existenz neben der Verfolgung von Nachhaltigkeitszielen zu gewährleisten. Dabei wird Kultur nicht nur als Kunst und Literatur verstanden, sondern auch als der Lebensstil und die Werte, Traditionen und Überzeugungen, die eine Gemeinschaft ausmachen.“
„Der ‘Sustainable Style Guide For Everyone’ bietet uns die Möglichkeit, unsere Diskussion über nachhaltige Mode zu erneuern und zu zeigen, dass es nicht darum geht, auf Stil zu verzichten, sondern ihn durch eine tiefere Bedeutung aufzuwerten. Stil ist eine Leinwand, auf die wir unsere Identität, Kreativität, Leidenschaften und Werte malen können“, erklärt Black Pearl-Gründerin Samata Pattinson in einer Pressemitteilung.
„Wir glauben, dass ein Mangel an Wissen die Menschen der Möglichkeit beraubt, nachhaltige Entscheidungen zu treffen - Entscheidungen, die von der Wahrheit geprägt sind. Informierte Entscheidungen und das Gewissen der Bürger:innen übertrumpfen alles“, heißt es im Sustainable Style Guide.
Um dieses Wissen zu vermitteln, geht der Leitfaden auf sechs Fragen ein:
- Wer stellt unsere Kleidung her und unter welchen Umständen?
- Wie wird sie hergestellt?
- Wo wird sie hergestellt?
- Woraus wird sie hergestellt?
- Wohin geht es mit unserer Kleidung, wenn wir sie nicht mehr wollen oder benutzen?
- Was können wir - als Einzelne - tun, um uns nachhaltiger zu kleiden?
„Der Zugang zu Ressourcen wie dem ‘Sustainable Style Guide for Everyone’ ist entscheidend für ein klares Verständnis von nachhaltiger Mode. Er eröffnet mehr Menschen die Möglichkeit, sich innerhalb und außerhalb der Branche gesehen und reflektiert zu fühlen, und fördert so ein besseres und integrativeres Umfeld für alle Beteiligten“, kommentiert Andrew Morgan, Regisseur des Dokumentarfilms „The True Cost“ von 2015, im Leitfaden.
Mehr Wissen = nachhaltigere Entscheidungen
Der Leitfaden weist auch auf unbequeme Wahrheiten hin, die die Modebranche berücksichtigen sollte, bevor sie mehr Kleidung herstellt beziehungsweise die Verbraucher:innen, bevor sie sie kaufen. Zum Beispiel, dass die weltweite Bekleidungsproduktion 20 Prozent der globalen Wasserverschmutzung verursacht (laut einer Infografik des Europäischen Parlaments).
Darüber hinaus schätzt die Ellen MacArthur Foundation, dass für die Herstellung von Kleidung jedes Jahr 98 Millionen Tonnen nicht erneuerbarer Ressourcen verbraucht werden. Nach Angaben des Business and Human Rights Resource Center sind rund 80 Prozent der Menschen, die unsere Kleidung herstellen, farbige Frauen.
Die wohl verblüffendste Tatsache ist, dass es derzeit genug Kleidung auf der Welt gibt, um die nächsten sechs Generationen zu kleiden (Angaben der Sendung “The Great British Sewing Bee“ zufolge). Dennoch werden jedes Jahr 80 Milliarden neue Kleidungsstücke gekauft (wie in der Zeitschrift Environmental Health veröffentlicht). Und nicht zuletzt werden einige der 3.000 Chemikalien, die zur Herstellung unserer Kleidung verwendet werden, mit schädlichen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit in Verbindung gebracht (Harper's Bazaar, 16. Oktober 2020).
„Sustainable Style Guide for Everyone“
„Nachhaltige Mode sollte Bürger:innen über die Auswirkungen ihrer Entscheidungen aufklären und sie in die Lage versetzen, bewusste und ethische Entscheidungen zu treffen, die ihrer Identität entsprechen. Indem wir nachhaltige Mode unterstützen, können wir gemeinsam einen positiven Wandel in der Branche bewirken“, bestärkt der Leitfaden.
Er soll Verbraucher:innen helfen, Marken, Einzelhandelsunternehmen und Organisationen zu finden, die sich für Nachhaltigkeit und Zugänglichkeit einsetzen, sowie Organisationen zu identifizieren, die sich für Vielfalt, Inklusion, Repräsentation und faire Arbeitsbedingungen einsetzen. Darüber hinaus werden nachhaltige Textil- und Farbstoffalternativen sowie Technologien und künstliche Intelligenz vorgestellt, die zur Verringerung von Abfällen in den Designprozessen selbst und zur Verbesserung der Transparenz beitragen sollen.
„Für mich bedeutet nachhaltiger Stil einfach, dass man seine Garderobe und ihre Beziehung zum Planeten überdenkt. Bei jedem Outfit kreative und durchdachte Entscheidungen zu treffen“, fasst Promi-Stylistin Tara Swennen im Leitfaden zusammen. „Widerstehen Sie dem Drang zu Impulskäufen. Wenn Sie hochwertige Stücke kaufen, die lange halten sollen, kaufen Sie bewusster ein. Wählen Sie vielseitige Kleidungsstücke, die sich auf verschiedene Weise stylen lassen, damit Sie den größten Nutzen aus ihnen ziehen können! Das Ziel sollte es sein, sie dutzende Male zu tragen und nicht nur eine Handvoll Mal.“
Nachhaltig konsumieren und wiederverwenden
Der 141-Seiten-starke „Sustainable Style Guide for Everyone“ ist in 22 Kapitel unterteilt, die praktische Anleitungen bieten, angefangen bei der Frage, wie man mit Bedacht einkauft, wie man kulturelle Wertschätzung praktiziert und wie man sich durch Mode mit Kultur auseinandersetzt.
Das Kapitel „Buy Thoughtfully“ etwa enthält praktische Hinweise, auf die man beim Kleiderkauf achten sollte, wie zum Beispiel ein Kleidungsstück beschaffen ist, angefangen bei der Materialzusammensetzung und -qualität, über die Pflege (damit es lange hält) und die Möglichkeit zur Änderung bis hin zu den angebotenen Nachsorgeleistungen und zeitlosen Stilen, auf die man achten sollte. In dem Kapitel werden auch Apps zur Bewertung von Modemarken wie Good on You, Delve und Renoon vorgestellt.
Sechs Kapitel widmen sich den Themen Vintage und Second Hand (einschließlich Luxus- und Gebrauchtmarktplätzen); Ausleihen von Freunden und Kleiderbibliotheken (einschließlich Kleidertausch- und Wiederverkaufs-Apps sowie Verleihservices und -plattformen); Wiedertragen, Umgestalten und Reparieren; Wiederverwendung und Do-it-yourself-Optionen; Modearchive sowie verantwortungsvolles Spenden und Wegwerfen (einschließlich globaler und lokaler Textilrecycling-Ressourcen).
„Die Beschäftigung mit Modearchiven fördert die Bildung und das Nachdenken über die Geschichte der Mode sowie die Wertschätzung für das Engagement und die Arbeit der Designer:innen. ... Die Investition in Modearchive ermutigt dazu, sich von der Konsummentalität zu lösen und ein Ethos zu fördern, das bestehendes Design und Handwerk wertschätzt“, so der Leitfaden.
Werte und Standards
Weitere Kapitel befassen sich mit Werten auf dem Weg zur Nachhaltigkeit, Haute Couture, Kleidung für besondere Anlässe und den roten Teppich, Textilien, Details, Farben und Farbstoffen, Transparenz, Standards und Zertifizierungen (zum Beispiel Öko-Tex, GOTS, Textile Exchange, Bluesign) sowie Rechtsvorschriften und Kampagnen (Fashion Revolution, Detox Fashion, Who Made My Clothes und andere).
Unter den Nachhaltigkeitswerten, auf die man beim Einkauf von Kleidung achten sollte, nennt die Publikation unter anderem Sparsamkeit und Unterscheidungsvermögen; die Frage, ob eine Marke von Frauen geführt wird oder sich für Vielfalt, Integration und die Vertretung indigener Stimmen einsetzt; ob sie sich auf das Klima konzentriert, ob sie tierfreundlich ist und ob sie Arbeitsbedingungen respektiert und ihnen Würde verleiht. Außerdem wird auf globale Organisationen wie Fashion for Good, die Slow-Fashion-Bewegung, den Global Fashion Exchange, die Ethical Fashion Initiative, die Clean Clothes Campaign, Fashion Revolution, Remake, die Fair Wear Foundation und andere verwiesen.
Materialien
Im Kapitel über Textilien werden die Vor- und Nachteile einer Vielzahl von Materialien wie Baumwolle und Hanf als pflanzliche Naturfasern, Wolle, Kaschmir und Seide als tierische Materialien, synthetische Fasern wie recyceltes Polyester, künstliche Zellulosefasern wie Viskose, Bambus, Lyocell und Cupro sowie Lederalternativen und Textilinnovationen beschrieben.
Zuletzt werden im Kapitel „How to get up to speed“ lohnenswerte visuelle Ressourcen wie Filme, Dokumentationen und Fernsehsendungen, aber auch Podcasts und Bücher genannt, die die Diskussion bereichern können.
Alles in allem hält der „Sustainable Style Guide for Everyone“, was er verspricht, und liefert nützliche Informationen und Anleitungen für alle, egal ob Fashionistas, die gerade erst auf den Nachhaltigkeitszug aufspringen, oder erfahrene Veteran:innen auf dem Weg zur Nachhaltigkeit. Es gibt immer mehr zu wissen und zu bedenken, und der Leitfaden leistet gute Arbeit, indem er viele Aspekte anspricht und Einzelpersonen eine gute Ausgangsbasis bietet, sei es für persönliche oder berufliche Entscheidungen.
„Nachhaltige Mode muss kein Gespräch voller selbstgerechter Urteile und Beschämung sein. Stattdessen kann es eines sein, das Defizite bei der Zugänglichkeit und Transparenz aufzeigt. Es kann auch eines sein, das ermutigt, erzieht und durch praktische Ratschläge und Strategien hilft beziehungsweise zur Teilnahme, Innovation und Mitwirkung einlädt. Es kann eines sein, das den Wert individueller Beiträge neben umfassenden systemischen und organisatorischen Veränderungen zeigt. Es kann die einer Branche innewohnende Kreativität würdigen und uns gleichzeitig dazu bringen, Verantwortung zu übernehmen und sozial verantwortlich zu handeln. Es gibt Möglichkeiten, bessere und gerechtere Entscheidungen zu treffen, ohne dass wir Kompromisse bei unserem Stil eingehen müssen“, ist das Fazit des Leitfadens.
Der „Sustainable Style Guide for Everyone“ kann ab heute kostenlos auf der Black Pearl-Website eingesehen und heruntergeladen werden.