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Fußball, Zirkus und Randale: Die Highlights der Pariser Männermodewoche

Von Ole Spötter

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Mode
Dior SS25-Menswear Bild: ©Launchmetrics/spotlight

Während mit der Fußball-Europameisterschaft der Herren in Deutschland und den bevorstehenden Olympischen Spielen in Paris der gemeinsame Sportsgeist zusammenkommt, zeigten die Modehäuser ihre neuesten Menswear-Kollektionen in Paris. Bei einigen Schauen ging es ebenfalls sportlich zu, während sich andere mit dem bunten Zirkus der Mode vergnügten oder in Zurückhaltung übten.

Sportsfreund

Für Sport und Zusammenhalt steht die SS25-Kollektion von Louis Vuittons Menswear-Designchef Pharrell Williams, der sich mit der internationalen Gemeinschaft und der globalen Mentalität des französischen Modehauses auseinandergesetzt hat, heißt es in den Shownotes. Die Kollektion, die zum Großteil auf eine Farbpalette aus Grau- und Brauntönen sowie Schwarz setzte, brachte die für den Designer typischen Mix aus Streetwear, klassischer Menswear und Workwear zusammen. Blaue und grüne Elemente lieferten einzelne Farbtupfer, die die Erde darstellten. Richtig ins Rollen kam die Kollektion, die auf dem grün-karierten Kunstrasen-Laufsteg präsentiert wurde, erst mit verschiedenen Fußball-Anspielungen – Trikots, Jacken und Taschen aus Bällen und von dem Teamsport inspirierte Schuhe.

Louis Vuitton SS25-Menswear Bild: ©Launchmetrics/spotlight

Am Ball bleiben muss auch der Mutterkonzerns LVMH, der im ersten Auftaktquartal des Geschäftsjahres 2024 leicht hinter dem Vorjahresniveau lag. Der Umsatz im Segment Mode und Lederwaren, zu dem neben Louis Vuitton auch Christian Dior, Celine und Loewe gehören, sank um zwei Prozent. Neben den Geschäftszahlen beschäftigen sicher auch mehrere Personalien wie eine Nachfolge für Givenchys Creative Director Matthew Williams und die Zukunft von Kenzo-Designer Nigo, die nach seiner Schau bei der Pariser Männermodewoche in Frage gestellt wurde, den Luxusgüterkonzern. Jetzt wird aber erstmal die heimische Olympiade, in die LVMH 150 Millionen Euro investiert hat, sowie die gerade gestartete Haute Couture Week im Fokus stehen.

Das Olympia-Feuer entbrannte bei der Herrenmodewoche derweil nur bei Meta Campania Collective. Die Marke zeigte unter der kreativen Leitung von Jon Strassburg, ehemaliger Chief Merchandising Officers bei Bottega Veneta, und Heiko Keinath, Gründer der Pariser Kreativagentur Buero, einen vom Fechten inspirierten Look.

Bei der Zürcher Marke Prototypes ging es dann wieder um das runde Leder beziehungsweise die dazugehörige Fankultur. So kamen verschiedene Fußballtrikots, darunter auch das der englischen Nationalmannschaft, zum Einsatz sowie sportliche Stücke von Marken wie Lonsdale und Umbro, die bei Fußballfans beliebt sind. Vermummungen, Casualwear wie Denim-Pieces und sportlich-klassische Outerwear-Elemente rundeten das Bild des “Fußballfan-Prototypen” ab.

Prototypes SS25 Bild: ©Launchmetrics/spotlight

Die Trikots der Saison gab es dann aber bei Y-3 zu bestaunen. Die langfristige Zusammenarbeit des japanischen Designers Yōji Yamamoto, Gründer der Marke Yohji Yamamoto, und des deutschen Sportartiklers Adidas kehrte nach mehrjähriger Abstinenz zur Pariser Mensweek zurück. Es war die erste Show des Labels nach der Pandemie.

Aus der Sporttasche zogen die Kollaborateure die neuen Trikots der japanischen Fußballnationalmannschaft, die zuvor nur von Adidas als Ausstatter geziert wurden. Es ist auch das erste Mal, dass Y-3 in dieser Form auftritt, nachdem die Marke bereits zuvor für Sondertrikots wie von Real Madrid erste Ausflüge in die Welt des Fußballs gemacht hat. Weitere Trikots waren bei 3.Paradis, Doublet und White Mountaineering zu sehen.

Mit den neuen Trikots landete auch Adidas einen Hit, der schon kurz nach der Show die Streetwear-Blase in den sozialen Netzwerken für Begeisterung sorgte. Der Sportartikelkonzern musste kürzlich mit dem überraschenden Ausstatter-Wechsel der deutschen Fußballnationalmannschaft zum Konkurrenten Nike einen Dämpfer hinnehmen. Doch ähnlich wie bei den Geschäftszahlen, wo das Unternehmen zum Jahresbeginn nach einem Umsatzrückgang in 2023 wieder auf den Wachstumspfad zurückgekehrt war, blickt Adidas auch mit neuen Partnerschaften, etwa mit dem deutschen Bundesligisten ​​Eintracht Frankfurt, positiv in die Zukunft.

Neben Y-3 und Louis Vuitton gab es aber auch Trikots bei 3.Paradis, Doublet und White Mountaineering zu sehen, die den anhaltenden ‘Bloke Core’-Trend fortsetzen.

Fußball-Trikots bei 3.Paradise, White Mountaineering und Y-3 (v.l.n.r.) Bild: ©Launchmetrics/spotlight

New Spirits

Aber nicht nur sportliche Zeremonien waren Teil der Modewoche. Der US-amerikaner Rick Owens zelebrierte in Paris seine ganz persönliche Eröffnungsfeier. Mehrere Trupps, die in ihrer Formation einheitlich gekleidet waren, zeigten sich in beige, grauen Looks, die irgendwo zwischen Kulten, Scifi-Außerirdischen und dem alten Ägypten lagen.

Rick Owens SS25 Bild: ©Launchmetrics/spotlight

Auch die Kollektion des chinesischen Designers Sean Suens vermittelte einen spirituellen Eindruck. Dieser Anschein wurde besonders durch die langen, fließenden Gewänder erregt, die mit ihrer Knöpfung an Stücke buddhistischer Mönche erinnerten und in Farben wie Beige und Silber gehalten waren. Die dazu gestylten Hauben ergänzten das Gesamtbild.

Das in London ansässige Label Yenesai tendierte bei seiner Kollektion “40 Warriors of the Sun” (Eng.: 40 Krieger:innen der Sonne) wie der Name schon verrät zu einer eher abgespaceten Ausrichtung. Elemente der Raumfahrt trafen auf Uniformen à la Raumschiff-Enterprise und Workwear-Elemente. Diese wurde mit einer dominanten aber auch filigranen Ästhetik verfeinert, die Kanten und fließende Stoffe gegenüber stellte und so ein modisch-futuristisches Gesamtbild erzeugte.

SS25-Kollektionen (v.l.n.r.): Sean Suen, Yenesai und Sankuanz Bild: ©Launchmetrics/spotlight

Sankuanz-Gründer Shangguan Zhe ließ sich derweil von Dakinis – mystischen Gottheiten, die von verschiedenen Ethnien und Kulturen in ganz Asien verehrt werden – inspirieren. Der chinesische Designer, der seit 2016 fester Bestandteil der Pariser Männermodewoche ist, schickte einige rote Gestalten auf den Laufsteg. In der Kollektion wurden traditionelle westliche Formen neu interpretiert und mit übergroßen, gewickelten Kleidungsstücken aus asiatischen Kulturen zusammengebracht. Das Spiel mit Längen und Silhouetten sowie der Einsatz von Workwear hatte dabei einen hohen Stellenwert.

Cirque de Paris

Weniger düster war die Schau von Walter van Beirendonck. Der belgische Modedesigner, der für seine farbenfrohen und wilden Designs bekannt ist, hatte für diese Saison einen besonders großen Clown gefrühstückt. Während negative Nachrichten die Welt täglich überfluten, war er auf der Suche nach dem Positiven, heißt es in den Shownotes. Er nutzte die fröhlich-traurige Zirkus-Figur, um beide Seiten zusammenzubringen. Van Beirendoncks Clowns tragen kleine Hüte, bunte Farb- und Mustermixe, aber auch Schwarz. Die Silhouette gehen von einem Wechselspiel aus eng und weit zu übergroß.

“Manege frei” hieß es auch bei Kidsuper. Die Streetwear-orientierte US-Marke kollaborierte für die Show sowie in Form einer eigenen Kapsel mit dem kanadischen Entertainment-Unternehmen Cirque du Soleil. Marken-Gründer Colm Dillane ließ die Akrobat:innen wie Puppen mit Seilen an den Armen über den Laufsteg tanzen. Das Thema Zirkus spielte auch bei der Kollektion eine tragende Rolle. Die Looks waren von den Charakteren des Zirkus inspiriert und so gab es auch hier Clowns, den Zirkusdirektor, Akrobat:innen oder den XXL-Mann auf Stelzen zu sehen. Obwohl die Kollektion mit ihren kräftigen Farben und Drucken, die das Zirkusthema verdeutlichten, ebenfalls sehr extravagant war, schien sie doch etwas subtiler mit der Thematik umzugehen als Van Beirendonck.

Comme des Garçons Homme Plus, die Menswear-Linie der gleichnamigen japanischen Marke, richtete den Scheinwerfer zwar nicht so offensichtlich auf das Zirkuszelt, zeigte mit dem Mustermix und Spiel aus weiten und körperbetonten Silhouetten dennoch eine ähnliche Richtung. Ähnlich wie bei Van Beirendonck standen eher düstere Looks in Schwarz farbenfrohen Akzenten wie einem knalligen Pink gegenüber. Pünktchen, Karos, große Schleifen, zusätzliche Ärmel und ein Kopfschmuck aus Haarspangen und Schleifchen, der wie ein Kaugummi durchzogenes Haar erschien, rundeten die Kollektion ab.

SS25-Looks (v.l.n.r.): Walter van Beirendonck, Kidsuper und Comme des Garcons Homme Plus Bild : ©Launchmetrics/spotlight

Rebellische Jugend

Statt einem Lachen in schwierigen Zeiten schien es den folgenden Marken eher darum zu gehen, sich mit der rebellischen Jugend zu solidarisieren und sich gegen das Establishment aufzulehnen. Ein Schrei von Punk schallte durch die Pariser Hauptstadt.

Das japanische Label Kidill spielte dafür mit weiten Silhouetten und Extremen – über große Sicherheitsnadeln, Patchwork, viel Muster und Farbe sowie ein Mix aus niedlichem Kitsch und düsterem Metal-Fan mit Band-Patches durchzog die Kollektion.

Das ebenfalls japanische Label Junya Watanabe des gleichnamigen Designers zeigte derweil eine punky Alternative für den ‘Roten Teppich’ – eine Ode für alle, die schon beim Abschlussball keine Lust auf Smoking und Kleidchen hatten. Watanabe bediente sich an klassischen Elementen der Abendgarderobe wie dem Anzug und Smoking-Hemd und kreierte eine Alternative. Patchwork- und Denim-Anzüge waren neben Bandshirts von ACDC und Black Sabbath mit Fliege zu sehen.

Jeanne Friot entschied sich derweil mehr durch die Auswahl von dominateren Materialien wie Denim und Latex diese Stimmung aufzugreifen. Auch kamen Schnallen und Gürtel, die in vervielfachter Form – als Top und Rock sowie als Print – zum Einsatz. Zur Krönung zeigte die Französin auch mehrere vom Kilt inspirierte Tartan-Looks.

SS25-Looks (v.l.n.r.): Kidill, Junya Watanabe und Jeanne Friot Bild: ©Launchmetrics/spotlight

Workwear Couture

Workwear-Stücke, neue Silhouetten und Gegensätze vereinten einige Looks der Marken Juun.J, 032c, Junya Watanabe und Loewe. Der Koreaner Juun.J bediente sich an Denim in verschiedenen Farben und Bomberjacken und kreierte daraus Looks mit pompösen Röcken und Schleppen. Auch bei Junya Watanabes Abiball spielte Jeans eine tragende Rolle. Der Stoff kam für Anzüge in verschiedenen Längen und Formen sowie als zusätzliche Schicht auf einem Anzugstoff zum Einsatz.

Das Berliner Label 032c setzte zwar ebenfalls Denim ein, überzeugte allerdings mehr mit langen Hemd-Kleidern, die von Militärjacken inspiriert waren. Die knöchellangen, olivgrünen Stücke erinnerten mit der Knopfleiste, Kapuze und vielen Taschen an einen Overall. Raffungen im unteren Bereich des Kleides und das Styling mit hohen Schuhen und dunkler Sonnenbrille verleihen dem Look allerdings die nötige modische Komponente.

Das spanische Modehaus Loewe setzte derweil auf das karierte Holzfällerhemd, das bei einem Look in Form eines Longsleeve-Shirts zum Einsatz kam und gleichzeitig auch als eine Art Cape für eine fließende Hose in Beige im unteren Teil integriert wurde.

SS25-Looks (v.l.n.r.): Juun.J, Junya Watanabe, 032c und Loewe Bild: ©Launchmetrics/spotlight

Tragbare Mode

Trotz der vielen extravaganten und wilden Kollektionen, gab es auch einige Marken, die sich auf eine tragbare Wertigkeit konzentrierten und ihren Konsument:innen Trend-unabhängigere Stücke lieferten, die sich über den kommenden Sommer hinaus verwenden lassen. Dabei schien auch die Farbauswahl für SS25 deutlich zurückhaltender zu sein, die eher in Richtung mediterrane Menswear geht. Braun- und Beigetöne, Cremefarben, Grau und auch Olivegrün zogen sich durch viele Kollektionen wie von System, Namesake und Lemaire. Dazwischen tauchten auch immer wieder frische, aber dennoch dezente Farbakzente wie ein pudriges Rosa oder leichtes Blau wie bei Dior auf.

Der Bedarf nach einem zurückhaltenden Luxus in einer schwierigen gesamtwirtschaftlichen Situation, die sich auf das höhere Preissegment auswirkt, scheint sich nach dem Hoch in der Womenswear auch in der Menswear durchzusetzen – ein Gegenpol zur lauten und auffälligen Streetwear.

SS25 (v.l.n.r.): Dior, System, Auralee und Lemaire Bild: ©Launchmetrics/spotlight

Abschied und Neuanfang

Auch bei dieser Ausgabe der Pariser Modewoche wurden Abschiede und Neuanfänge gefeiert. Der wohl mit größter Spannung erwartete Höhepunkt der Menswear-Saison war das Ende der 40-jährigen Karriere des Designers Dries van Noten.

Es war ein sehr leises und Emotional-geladenes Finale. Dunkle Farben und düstere Klänge erzeugten eine melancholische Stimmung, während einigen pudrigen Farbakzenten, florale Drucke sowie einem Hauch von Gold und Silber einen Hoffnungsschimmer schufen – eine Achterbahn der Gefühle, die wohl auch manch einen Fan und Besucher:in der Van Noten Schau begleitete.

Dries van Noten SS25 Menswear, Paris Fashion Week Bild: ©Launchmetrics/spotlight

Während der belgische Designer die Tür hinter sich schloss – auch wenn sie mit seiner zukünftigen Berater-Funktion beim gleichnamigen Label wohl immer einen Spalt offen bleibt, tritt ein Paris-Neuling seine Tür auf.

US-Künstler A$AP Rocky – mit bürgerlichem Namen Rakim Athelaston Mayers – zeigte mit seinem Kollektive AWGE seine erste Modenschau überhaupt. Die Kollektion mit dem Titel "American Sabotage" präsentierte die Gruppe im Hôtel des Maisons, dem ehemaligen Zuhause des verstorbenen Modeschöpfers Karl Lagerfeld. Statt ‘quiet Luxury’ standen dabei große Schriftzüge, wie “Political Satire”,“Don’t be Dumb” sowie die Zahl 1865 – Jahr des offiziellen Endes der Sklaverei in den USA – für eine laute Botschaft. Auch kamen die US-amerikanische Flagge, Camouflage und ein Druck der New Yorker Polizei zum Einsatz. Diese Elemente wurden mit einer Streetwear-Ästhetik des Hip-Hops der 90er mit weiten Silhouetten und Layering kombiniert und erzeugten einen Querschnitt der Gesellschaft in den USA.

AWGE-Debüt bei der Pariser Männermodewoche Bild: ©Launchmetrics/spotlight
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