Wie geht's weiter bei Calvin Klein?

Calvin Klein hat mit Veronica Leoni vergangene Woche eine neue Kreativchefin für die Hauptkollektion bekannt gegeben. Die Linie wurde 2018 nach dem überraschenden Abgang von Designer Raf Simons vorübergehend geschlossen. Es macht wirtschaftlich Sinn, dass die Muttergesellschaft PVH die High-End-Linie wiederbeleben will, aber die Gruppe ist kein Luxusunternehmen und muss Leonis künstlerische Vision mit einem auf Massenware basierenden Geschäft in Einklang bringen.

Es ist zwei Jahrzehnte her, dass Calvin Klein sein Label an PVH verkauft hat. Als Meister der Ikonographie und einer der großen Namen der amerikanischen Mode hat Calvin Klein Waren wie Unterwäsche und Jeans in begehrenswerte Kategorien mit weltweitem Sexappeal verwandelt. Er war nicht nur ein bekanntes Marketinggenie, sondern auch ein Trendsetter, der die Vision verfolgte, Kleidung auf ihre reine Form, Funktion und Schönheit zu reduzieren und den Firlefanz zu ignorieren, zu dem andere Designer und Labels seiner Zeit verführt wurden. Er verstand auch, dass Kleidung eine Haltung ist.

Als er sein Geschäft in der Madison Avenue eröffnete, war es kein Geringerer als der britische Architekt John Pawson, der König der minimalistischen Räume, der Kleins Einzelhandelsvision umsetzte. Selten hat ein Designer einen solchen Bekanntheitsgrad erreicht wie Herr Klein, dessen Name und CK-Initialen auch heute noch auf einigen der populärsten Kulturprodukte zu finden sind.

König des Minimalismus

Klein hat die Mode vereinfacht. Auch wenn seine Ideen nicht einzigartig waren und an Armani und später an Prada erinnerten, brachten sie eine neue Haltung zum Ausdruck, die den Nerv der Zeit traf. Doch heute erinnert man sich nicht an seine „ schlichte “ Kleidung, sondern an die Düfte, Jeans und Unterwäsche, mit denen die Marke zu den höchsten Höhen der Branche aufstieg.

Kleins Laufstegkollektionen haben die europäischen Märkte nie in dem Maße erobert wie die seiner Zeitgenossen Yves Saint Laurent, Donna Karan, Karl Lagerfeld und sogar Ralph Lauren, aber sein Geschäft war ein Muss für jede Fashionista, die nach Uptown Manhattan ging. ‌ Kleins minimalistische Auffassung von Mode aus den 90er Jahren hat sich zu der Kategorie entwickelt, die wir heute (bis zum Überdruss) als stillen Luxus bezeichnen und in der Frau Leoni keine Unbekannte ist. Aber wie alles in der Mode ist auch diese Kategorie gesättigt und wird von jedem, von Cos bis Loro Piana, aufgegriffen. Nachdem sie für The Row, Jil Sander und Celine gearbeitet hat, verfügt Leoni über eine tadellose Erfahrung, wenn es darum geht, Ästhetik und Geschmack zu verstehen. Laut PVH wird Leoni mit Eva Serrano, Global Brand President von Calvin Klein, zusammenarbeiten. PVH wird darauf bedacht sein, die Fallstricke der Simons-Ära zu vermeiden, deren Vision zu radikal war und sich zu weit von den Pfeilern der Marke entfernte.

Werden die Laufstegkollektionen neben den CK-Jeans verkauft?

‌ Mit Leonis erster Hauptkollektion, die 2025 auf den Markt kommen soll, wird sich das Einzelhandelsportfolio von Calvin Klein verändern müssen, wenn es mit dem Verkauf von High-End-Mode beginnen soll. Es wird interessant sein zu sehen, wie hochwertig die Kollektion sein wird und welche Preispunkte sie haben wird. Wird die Kollektion in italienischen Prestigefabriken oder im Fernen Osten neben den derzeitigen Produkten hergestellt? Werden die Laufstegkollektionen neben den CK-Jeans und anderen Lizenzprodukten für das mittlere Marktsegment angeboten oder werden separate Geschäfte eröffnet? Letzteres würde erhebliche Investitionen in den Einzelhandel erfordern, was riskant erscheint, wenn man bedenkt, dass PVH noch keinen Erfolg mit einer Calvin Klein-Hauptlinie hatte.

Das Problem mit dem Luxus ist, dass diejenigen, die High-End-Mode kaufen, wahrscheinlich nicht bei einer der PVH-Portfoliomarken einkaufen, außer vielleicht bei der Unterwäsche. Calvin Klein hat nach der aktuellen Pride-Kampagne und der erfolgreichen Jeremy-Allen-White-Werbung aus dem vergangenen Jahr seine Marketing-Magie wieder gewonnen. Berichten zufolge stieg der Umsatz mit Unterwäsche in der ersten Woche nach den Kampagenen um 30 Prozent, doch der Relaunch der Hauptlinie ist keine Garantie für einen schnellen Umsatzanstieg. Und PVH ist ein sehr umsatzorientierter Konzern.

Dieser übersetzte Beitrag erschien zuvor auf Fashionunited.uk