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Für mehr Inklusion: Londoner Modewoche für Männer nimmt neue Form an

Von Rachel Douglass

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Mode

Streetstyle auf der LFW im Juni 2024. Bild: ©Launchmetrics/spotlight

Ein Jahr nach der Ankündigung, dass der British Fashion Council (BFC) seine übergreifende Mission grundlegend erneuern würde, zeichnet sich nun ab, wie diese Pläne in die Tat umgesetzt werden. Der Grund dafür liegt unter anderem darin, dass die Herrenmode-Ausgabe der London Fashion Week (LFW) zu einem „kulturellen Moment“ umgestaltet wurde – ein Konzept, das sowohl eine Erweiterung der Kategorien als auch eine Unterstützung der lokalen britischen Industrie vorsieht.

Unter dem neuen Motto der Londoner Modewoche fanden anstelle von Schauen und Präsentationen Networking-Veranstaltungen, Podiumsdiskussionen, Shopping-Möglichkeiten in den Geschäften und sogar Lauftreffs oder Buchclubs statt. Auf diese Weise wurden die Breite und die Reichweite der Modewoche insgesamt erweitert, in der Hoffnung, Möglichkeiten für die Einbeziehung weiterer Kategorien zu eröffnen.

Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand jedoch eine Ausstellung im Institute of Contemporary Art (ICA), zu der ausgewählte Gastkurator:innen eingeladen worden waren, Ausstellungen auf der Grundlage der Arbeiten von Fotograf:innen einzurichten, die drei ausgewählte Kulturen widerspiegeln: Black Culture, in deren Mittelpunkt die Selbstliebe steht, South-Asian Culture mit dem Schwerpunkt auf Mustern, Textilien und Handwerkskunst und Queer Culture, bei der junge Trans-Kreative im Vordergrund stehen.

Bilder von den BFC-Veranstaltungen Pub Quiz und 24/7 by Represent Run. . Bild: BFC (Rowben Lantion und Nic Ford)

Die Idee hinter der Veranstaltung, bei der auch Designer:innen wie Ahluwalia und Labrum vertreten waren, bestand darin, Gemeinschaften ins Rampenlicht zu rücken, die einen „reichhaltigen und bedeutenden Beitrag zur britischen Modeindustrie“ geleistet haben. Damit sollte ein Präzedenzfall für die Vorträge, Diskussionen und Podiumsdiskussionen geschaffen werden, die während des gesamten Wochenendes stattfanden und insbesondere zum ersten Mal für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Am Samstag beispielsweise moderierte die Journalistin Kemi Alemoru eine Diskussionsrunde zum Thema „performativer Aktivismus in der Modeindustrie“, auf die später ein Abendessen folgte, bei dem „der südasiatische Einfluss auf die britische Mode“ gefeiert wurde.

Panel bei der LFW. Bild: BFC (Genevieve Leah)
ICA Exhibition. Credits: BFC (Lowri Cooper)

Vier Herrenmode-Marken greifen die Idee der Rekontextualisierung auf

Die Modenschauen während der Londoner Modewoche waren auf ein Minimum beschränkt: Nur vier Herrenmode-Labels standen auf dem dreitägigen Programm, das vom 7. bis 9. Juni stattfand. Drei von ihnen präsentierten sich auf dem Laufsteg: Denzilpatrick, Qasimi und Charles Jeffrey Loverboy, wobei letzterer sein 10-jähriges Jubiläum feierte.Harri wiederum hielt sich an ein Präsentationsformat.

Denzilpatrick FW24, LFW Bild: ©Launchmetrics/spotlight

Genau wie bei der gesamten London Fashion Week herrschte auch bei den teilnehmenden Designer:innen ein Gefühl der Rekontextualisierung. Bei Qasimi etwa wurden historische Denkmäler und ihre Rolle in der Gesellschaft durch eine moderne Linse betrachtet. Das Ergebnis waren fließende und strukturelle Silhouetten, die die „sich ständig verändernde Natur“ solcher Gebäude symbolisierten. Charles Jeffrey Loverboy hingegen erklärte, er habe sich von seinem früheren „erzählerischen Ansatz“ entfernt und sich stattdessen mit dem Konzept der „queeren Zeit“ befasst, in dessen Mittelpunkt die Queerness als Reflexion der Zeit selbst und ihrer Beziehungen zu Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft steht.

Backstage bei Qasimi FW24, LFW. Bild: BFC.

Mit diesem reduzierten Programm entfernt sich die Londoner Modewoche für Männer weiter von der geschäftigen Atmosphäre, die sie einst ausstrahlte. Früher lief die Veranstaltung unter den Titeln „London Fashion: Collections“ und später ‚London Fashion Week Men's‘ stattfand, war die Veranstaltung Gastgeber für große Marken wie JW Anderson und Wales Bonner, von denen viele inzwischen zu den wohl globaleren Mailänder und Pariser Menswear-Veranstaltungen abgewandert sind. Infolgedessen war der British Fashion Council (BFC) offenbar gezwungen, seine Sichtweise auf die Herrenmode zu ändern, ein Umstand, dem sich die Geschäftsführerin der Organisation, Caroline Rush, durchaus bewusst ist.

Savile Row bekommt ihren Platz an der Sonne

In diesem Sinne war es die erste Ausgabe der LFW, bei der Designer:innen und Maßschneider:innen der berühmten Londoner Savile Row auf dem Programm standen. Dieser Sektor der Herrenmode war zuvor von der Veranstaltung ausgeschlossen worden, allerdings war es eine Kategorie, die Rush im Übergangsplan des BFC angesprochen hatte. Es hieß, es würden Gespräche geführt, um solche Unternehmen in das übergreifende Unterstützungssystem des Rates einzubeziehen. Während der Schuhmacher Russell & Bromley ein exklusives In-Store-Shopping-Event veranstaltete, lud die Maßschneiderei Gieves & Hawkes zu Summer Drinks ein und der maßgefertigte Streetwearanbieter Clothsurgeon präsentierte seine eigene Interpretation der "Contemporary Lens".

Richard James, Savile Row, LFW June 2024. Bild: BFC (Eeva Rinne)
Clothsurgeon, Savile Row, LFW June. Bild: BFC (Eeva Rinne)

Die Aufnahme dieser Marken stellte einen potenziellen Wendepunkt dar, was den Stellenwert von Herrenbekleidungsgeschäften in der Londoner Modeszene angeht, da die historische Beziehung der Stadt zur Schneiderei anerkannt wurde. Dies bedeutete jedoch nicht, dass neue, aufstrebende Namen unberücksichtigt blieben. Am letzten Tag der LFW wurde im privaten Mitgliederclub Groucho Club ein Schaufenster frischer Herrenmode-Namen, darunter Derrick, Kyle Ho und Roker, präsentiert, ein weiterer Versuch, lokale Designer:innen zu unterstützen und die Haltung des BFC-Vorsitzenden David Pemsel zu bekräftigen, das BFC als "Katalysator für Veränderungen" zu etablieren.

Neben Rush hat sich auch Pemsel zur Position des Councils im Vereinigten Königreich geäußert. Er möchte die Organisation wieder stärker als Plattform etablieren, die lokale Designer:innen und Marken unterstützt, um die Industrie des Landes wiederzubeleben und die nächste Generation von Talenten zu fördern. Im Vorfeld der bevorstehenden Parlamentswahlen im Vereinigten Königreich rief Pemsel die Regierung öffentlich dazu auf, mehr in die LFW zu investieren. Dies sollte unter anderem durch die Förderung internationaler Besucher:innenprogramme und die Unterstützung von Bildungsinitiativen geschehen, die darauf abzielen, mehr Arbeitskräfte für die Modebranche vor Ort zu gewinnen.

Es ist eine Denkweise, die den Kampf New Yorks mit der Relevanz der Modewoche widerspiegelt, wo man in den vergangenen Jahren bereits versucht hat, die Produktionsindustrie näher an die Heimat zu bringen. Damit stellt sich die Frage, ob der BFC ebenfalls einen solchen Erfolg anstrebt, und wenn ja, ob sich das Gesicht der LFW in Zukunft weiter drastisch verändern wird. Da die Londoner Modewoche für Herrenmode im Januar nicht mehr stattfinden wird – eine weitere Veränderung im Rahmen der Rush-Pemsel-Reform – muss man wahrscheinlich ein weiteres Jahr warten, um herauszufinden, wie die Entwicklung verläuft.

Dieser übersetzte Beitrag erschien zuvor auf FashionUnited.com

Harri AW24, LFW June. Bild: BFC (Eeva Rinne)
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