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Von Reizüberflutung zum Vergnügen: Leitfaden für ein neuro-inklusiveres Einkaufserlebnis

Was Expert:innen, Besucher:innen und Beispiele wie Lego, Sephora und das O2 Centre über die Schaffung einer reizarmen und einladenden Umgebung zeigen.
Von Caitlyn Terra

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Einzelhandel|HINTERGRUND
Die Stores von Arket sind übersichtlich gestaltet und in ruhigen Farben gehalten. Bild: Arket

Von Reizüberflutung zum Vergnügen: Ein Leitfaden für ein neuro-inklusiveres Einkaufserlebnis

Wie oft betrachten Einzelhändler:innen das eigene Geschäft durch die Brille einer neurodivergenten Person? Unternehmer:innen muss man nicht erklären, dass eine angenehme und einladende Umgebung den Umsatz fördert. Was jedoch für neurodivergente Menschen eine angenehme Umgebung ausmacht, kann sich stark von den gängigen Ladenkonzepten in den Einkaufsstraßen unterscheiden. Deshalb geht FashionUnited der Frage nach: Was macht das Einkaufserlebnis neuro-inklusiv?

Über Neurodiversität:

Um Verwirrung zu vermeiden: Neurodiversität ist die natürliche Vielfalt im Denken, in der Kommunikation und in der Reizverarbeitung. Menschen, deren Denkweise, Kommunikation oder Reizverarbeitung von der gesellschaftlichen Norm abweicht, also neuroatypisch ist, werden als neurodivergent bezeichnet. Zur Neurodivergenz zählen unter anderem Menschen mit Autismus, ADHS und Legasthenie. Auch Hochsensibilität wird von einigen dazugezählt. Neurodivergenz ist keine Abweichung oder Störung, sondern lediglich eine Variante der Gehirnfunktion.

Barrierefreiheit im weitesten Sinne hat in den letzten Jahren mehr Aufmerksamkeit erhalten. Das liegt unter anderem am Europäischen Gesetz zur Barrierefreiheit, das im Juni 2025 in Kraft trat und sich auf die Zugänglichkeit von Onlineshops konzentriert. Gleichzeitig gibt es auch ein breiteres Bewusstsein für Inklusivität. Der Fokus auf die Inklusion neurodivergenter Menschen hinkt jedoch noch hinterher. Das liegt auch daran, dass oft nicht verstanden wird, was Neurodivergenz ist und welche Bedürfnisse diese Gruppe hat.

Genaue Zahlen variieren, aber Schätzungen zufolge ist eine von fünf Personen neurodivergent. Wenn 20 Prozent der potenziellen Kund:innen ein Geschäft meiden, weil es kein angenehmes Einkaufserlebnis bietet, gibt es aus kommerzieller Sicht noch viel zu gewinnen.

Können neurodivergente Menschen nicht einfach den Onlineshop nutzen? Das ist sicherlich möglich, sofern dieser nicht ebenfalls überfordernd ist. Reizüberflutend können automatisch abspielende Videos, Pop-ups, eine unübersichtliche Gestaltung, zu viel Text und zu grelle Farben sein. Wenn es um Mode geht, spielt noch ein weiterer Faktor eine Rolle. Es ist wichtig, die Stoffe fühlen und die Kleidung anprobieren zu können. Kratzige Stoffe, einschneidende Schnitte oder juckende Etiketten tragen nämlich alle zur Reizüberflutung bei. Daher ist es hilfreich, diese Aspekte direkt im Geschäft ausschließen zu können, anstatt einen Artikel zu bestellen und aus den genannten Gründen zurücksenden zu müssen.

Die Gestaltung eines neuro-inklusiveren Geschäfts ist nicht nur eine kommerzielle, sondern auch eine menschliche Entscheidung. Sie zeigt, dass die Erfahrungen neurodivergenter Menschen wichtig sind. Zudem sorgt sie dafür, dass sie sich im wörtlichen und übertragenen Sinne gesehen fühlen.

Das Einkaufszentrum LuisenForum bietet einen Rückzugsort. Bild: LuisenForum Wiesbaden

Augenmerk Neurodiversität: Lego, Sephora, das O2-Zentrum und die Stadt Wiesbaden

Verschiedene Geschäfte haben bereits Schritte unternommen, um inklusiver zu werden. Ein Beispiel ist die „stille Stunde“ in einigen Supermärkten. Dadurch entfallen akustische Reize und unvorhersehbare Durchsagen. Die Stadt Wiesbaden ist sogar noch einen Schritt weiter gegangen: Sie hat eine „stille Stunde“ für die gesamte Stadt eingeführt. Jeden Donnerstag zwischen 15 und 17 Uhr werden die Lichter gedimmt und die Geräuschkulisse reduziert; 20 Einzelhändler:innen in der Innenstadt beteiligen sich bereits an der Initiative.

Eine weitere Möglichkeit ist die Einrichtung eines Ruheraums im Geschäft oder Einkaufszentrum. Dies wurde beispielsweise bereits im Londoner Einkaufszentrum O2 Centre unter dem Namen „Safe Space“ umgesetzt. In einem solchen Ruheraum gibt es weiche Wände, Stühle mit verschiedenen Texturen und farbiges Licht. Diese Elemente sollen helfen, wieder ein Gefühl der Ruhe zu finden.

Der Spielzeughersteller Lego bietet neurodivergenten Kindern ein „Sensory Pack“ an. Dieses kann beim Personal am Eingang angefragt werden. Es besteht aus einer Sonnenbrille, einem Fidget-Toy, Kopfhörern und einer Karte, auf der das Kind seine Emotionen zeigen kann.

Lösungen für ein selbst geschaffenes Problem

Die Expertin Saskia Schepers begrüßt die Aufmerksamkeit für Neurodiversität, fügt aber auch eine Nuance hinzu. „Diese Initiativen, wie das Sensory Pack von Lego und der Ruheraum in Einkaufszentren, klingen gut. Aber es sind Lösungen für ein selbst geschaffenes Problem. Die Musik in Geschäften und in der Gastronomie ist oft zu laut. Ein Einkaufszentrum ist manchmal ein Übermaß an Neon- oder Blinklichtern und Anweisungen sind oft unklar. Man muss nicht neurodivergent sein, um sich davon gestört zu fühlen. Wenn von vornherein mehr Rücksicht auf die Erfahrungen neurodivergenter Menschen genommen würde, wären solche Maßnahmen nicht notwendig.“

Verständnis der Mitarbeiter:innen ist die halbe Miete

Schepers erklärt, dass es bereits helfen würde, wenn das Personal versteht, dass Kund:innen unterschiedliche Bedürfnisse haben. Es wäre auch gut, wenn das sogenannte „Sunflower Lanyard“ erkannt wird. Dies ist ein Schlüsselband mit Sonnenblumenmotiv, das entwickelt wurde, um auf eine nicht sichtbare Behinderung hinzuweisen. Das kann eine autistische Person sein, die sehr reizempfindlich ist oder mehr Kontext und Unterstützung benötigt. Wenn Mitarbeiter:innen beispielsweise schon vor der Ansprache wissen, dass jemand einen solchen Unterstützungsbedarf hat, können sie ihre Kommunikation anpassen. Die Schulung des Personals kann das Einkaufserlebnis bereits erheblich verbessern.

Die belgische Initiative „De Warmste Entree“ bietet eine spezielle Schulung für Ladenpersonal an. Sie befasst sich mit dem Umgang mit Menschen mit einer „Beeinträchtigung im sozialen Umgang“. In dieser Schulung fallen darunter nicht nur neurodivergente Menschen, sondern auch Menschen mit einer leichten geistigen Behinderung.

Die kostenlos zugängliche Schulung gibt verschiedene gute Tipps. Diese stammen unter anderem von autistischen Menschen, wie einer Dame, die es schätzt, vom Verkaufspersonal kurz begrüßt zu werden. So weiß sie, an wen sie sich für Hilfe wenden kann, ohne dass ihr diese sofort aufgedrängt wird. Die Schulung empfiehlt außerdem, klar zu kommunizieren und keinen Raum für Zweideutigkeiten zu lassen. Also kein: „Das funktioniert nicht“ oder „da dürfen Sie nicht hin“. Im Gespräch mit jemandem, der im sozialen Umgang anders ist, ist es auch wichtig, eine klare und offene Körpersprache zu wahren. Man sollte die Gesprächspartner:innen jedoch nicht berühren oder anstarren.

Die Interaktion mit dem Personal erweist sich als einer der wichtigsten Punkte, als Schepers im Neurodiversitäts-Netzwerk Niederlande eine Frage zur Verbesserung des Einkaufserlebnisses stellt. Einige geben an, nicht sofort angesprochen werden zu wollen. Sie würden sich eine Möglichkeit wünschen, um anzuzeigen, ob sie ein Gespräch oder Hilfe benötigen. Diese Reaktionen erinnern an eine Aktion des Kosmetikeinzelhändlers Sephora aus dem Jahr 2019. Kund:innen konnten dort mit verschiedenfarbigen Körben signalisieren, ob sie Hilfe benötigten oder nicht. Rot stand für den Wunsch nach Hilfe, schwarz bedeutete, dass keine Hilfe erwünscht war. Auch das Angebot von Self-Checkout-Kassen sorgt für weniger notwendige Interaktion mit dem Personal. Dies kann für neurodivergente Besucher:innen angenehm sein.

Neurodivergente Menschen äußern ihre Meinung: Was macht ein angenehmes Einkaufserlebnis aus?

Neben dem Umgang mit dem Personal spielen auch Umgebungsreize eine große Rolle für das Einkaufserlebnis neurodivergenter Besucher:innen. Die Reduzierung störender Licht- und Geräuschreize ist ein bekannter Ansatz. Reaktionen aus dem Neurodiversitäts-Netzwerk Niederlande zeigen jedoch, dass es noch weitere Aspekte zu beachten gibt.

Eine überfüllte oder unübersichtliche Ladengestaltung kann überfordernd sein, auch „visuelles Durcheinander“ genannt. Zu viele Produkte auf mehreren Ebenen verursachen bei neurodivergenten Kund:innen Stress. Einzelhändler:innen können dies einfach vermeiden, indem sie mehr „Luft“ in das Ladenkonzept bringen und visuelle Ruhezonen schaffen.

Schließlich spielen auch andere Sinne eine Rolle. Der Geruch wird oft unterschätzt, kann aber ein Einkaufserlebnis entscheidend beeinflussen. Stark riechende Reinigungsmittel oder übermäßiges Parfüm können Besucher:innen ablenken oder Unbehagen bereiten. Dezente Düfte, die das Markenerlebnis ergänzen, ohne aufdringlich zu sein, schaffen eine angenehme Atmosphäre für alle.

Ein neuro-inklusives Einkaufserlebnis hat auch Vorteile für neurotypische Menschen

Schepers macht es deutlich: Wer ein neuro-inklusives Einkaufserlebnis schaffen will, muss neurodivergente Menschen einbeziehen. Das Feedback der Zielgruppe ist wichtig und oft überraschend. Zudem sind Anpassungen im Geschäft, die für neurodivergente Menschen gut sind, häufig auch für neurotypische Menschen vorteilhaft. Denn wer ist nicht schon einmal nach einem anstrengenden Arbeitstag mit pochenden Kopfschmerzen in eine Einkaufsstraße gegangen, in der die laute Musik einfach zu viel war? Oder denken Sie an eine schwangere Frau, die aufgrund von Übelkeit geruchsempfindlich ist, oder an eine Person im Rollstuhl, die durch ein zu eng gestaltetes Geschäft navigieren muss.

Sind Sie überfordert von den vielen Möglichkeiten, ein Geschäft neuro-inklusiver zu gestalten? „Fangen Sie einfach an. Man kann es nie allen recht machen, aber man muss irgendwo anfangen: Weniger Lärm, weniger visuelle Reize und mehr Platz sind bereits entscheidende Verbesserungen.“

Checkliste neuro-inklusives Einkaufserlebnis
  • Licht: Keine blinkenden Bildschirme, verwenden Sie eine warme und sanfte Beleuchtung. Sorgen Sie nach Möglichkeit für dimmbares Licht während einer reizarmen Stunde.
  • Geruch: Vermeiden Sie stark riechende Reinigungsmittel, Lufterfrischer oder Parfüm.
  • Geräuschkulisse: Stellen Sie die Musik leiser und kommunizieren Sie klar, wann es ruhige Stunden gibt. Verwenden Sie schallabsorbierende Materialien.
  • Farbe: Vermeiden Sie grelle oder kontrastreiche Farben. Wählen Sie ruhige Töne wie Blau, Grün oder neutrale Farben.
  • Wegführung: Sorgen Sie für eine klare Übersicht am Eingang und verwenden Sie eine deutliche Beschilderung zu Umkleidekabinen, Kasse und Ausgang.
  • Gestaltung: Schaffen Sie ein großzügiges Layout ohne zu viel „visuelles Durcheinander“ und bieten Sie visuelle Ruhezonen.
  • Ruhige Zeiten: Geben Sie auf Ihrer Website oder über Google an, wann die ruhigen Zeiten im Geschäft sind.
  • Kommunikation: Zeigen Sie aktiv, dass Sie Neurodiversität berücksichtigen, zum Beispiel auf der Website oder im Schaufenster.

Dieser Artikel wurde mithilfe von digitalen Tools übersetzt.

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