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Unternehmen sorgen sich vor Lockdown

Von DPA

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Einzelhandel
Foto: Tatyana Volobueva/Sputnik via AFP

Mit drastischen Warnungen blicken Mittelstand und Handel angesichts steigender Corona-Infektionszahlen auf einen möglichen neuen Lockdown.

Von einem "wirtschaftlichen Super-Gau" spricht der Bundesgeschäftsführer des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft, Markus Jerger. Der Hauptgeschäftsführer des Mittelstandsverbunds, Ludwig Veltmann, sieht eine "dramatische Perspektive für den Standort Deutschland". Der Handelsverband HDE sprach sich zum ersten Adventswochenende erstmals für eine Impfpflicht aus. Angesichts der Absage vieler Weihnachtsmärkte forderte der Deutsche Schaustellerbund am Wochenende massive staatliche Finanzhilfen.

Jerger vom Bundesverband mittelständische Wirtschaft forderte die Politik auf, einen drohenden Corona-Lockdown unbedingt zu verhindern. Der Deutschen Presse-Agentur sagte er: "Müssten Betriebe und Einzelhandel im so wichtigen Weihnachtsgeschäft erneut zwangsweise schließen, hätten wir den wirtschaftlichen Super-Gau: Ganze Branchen wären betroffen, und sehr viele mittelständische Unternehmen würden einen erneuten Lockdown wirtschaftlich nicht überleben."

Für die Betriebe folge daraus, dass die 3G-Regel streng kontrolliert oder 2G eingeführt werden müsse - das würde bedeuten: Zugang zu Betrieben nur noch für Geimpfte und Genesene. "Im Klartext: Impfunwillige Beschäftigte, außer bei medizinischen Ausnahmen, müssen die Folgen ihres Handelns dann auch in der Lohntüte spüren", so Jerger.

Das Coronavirus sei der Politik wieder einmal voraus, kritisiert Jerger. Amtierende und künftige Bundesregierung dürften keine Zeit mehr verlieren, sondern müssten unverzüglich und konsequent handeln. An der schnellen Einführung einer allgemeinen Impfpflicht führe kein Weg mehr vorbei. "Das kommt zwar zur Bekämpfung der vierten Coronawelle zu spät, verschont die Menschen und die Wirtschaft aber vor Schlimmerem. Angesichts der dramatischen Pandemieentwicklung kann nur so ein drohender Lockdown abgewendet werden."

Für eine Impfpflicht hat sich nun auch der Handelsverband HDE ausgesprochen: "Gerade mit Blick auf die aktuell diskutierten erheblich einschränkenden Maßnahmen für die Gesellschaft und Wirtschaft muss eine Impfpflicht entsprechend verfolgt werden", schreibt der HDE in einem Brief an die geschäftsführende Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Geboten sei eine "zeitnahe Einführung einer verfassungskonform ausgestalteten allgemeinen Impfpflicht mit klar definierten Ausnahmen".

Der von Corona-Beschränkungen geprägte Auftakt des Adventsgeschäfts bescherte vielen Einzelhändlern nur einen vergleichsweise mäßigen Umsatz, wie der HDE am Sonntag mitteilte. Eine Umfrage unter seinen Mitgliedern zeige, "dass nur 20 Prozent der 350 befragten Unternehmen mit den Umsätzen im bisherigen Weihnachtsgeschäft zufrieden sind". Befragt wurden die Händler nach ihren Erfahrungen in der Woche vor dem ersten Advent.

Veltmann vom Mittelstandsverbund sagte der Deutschen Presse-Agentur am Samstag mit Blick auf einen möglichen Lockdown: "Viele gerade kleinere und mittlere Unternehmen würden endgültig aus dem Wettbewerb katapultiert. Ebenso betroffen wären Hunderttausende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter."

Die Politik müsse zu ihrem Wort stehen und dürfe einen erneuten Lockdown nicht zulassen. "Mit dem konsequenten kurzfristigen Einsatz flächendeckender digitaler Schnelltest-Systeme, die sich mit bestehenden digitalen Tools wie der Corona-Warn-App direkt verbinden lassen und den Gesundheitsämtern alle benötigten aktuellen Informationen liefern, könnte endlich das Infektionsgeschehen lokalisiert und dann auch gezielt bekämpft werden." Ein generelles Stilllegen des öffentlichen Lebens und ganzer Bereiche der Wirtschaft wäre dann verzichtbar.

Leidtragende eines Lockdowns wären laut Veltmann zu Unrecht vor allem erneut Unternehmerinnen und Unternehmer aus zahlreichen Handels- und Dienstleistungsbranchen an ihren lokalen Standorten. "Erneute Kurzarbeit würde Frust, Fluktuation und Facharbeitermangel fördern. Eine dramatische Perspektive für den Standort Deutschland."

Aus Sicht des Ökonomen Gabriel Felbermayr ist ein Lockdown allerdings bereits geboten: "Die Infektionszahlen in Deutschland rechtfertigen einen Lockdown, regional allemal. In Österreich wurde wohl eher zu lange gewartet", sagte er der "Wirtschaftswoche". Felbermayr leitet das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung und war bis Oktober Präsident des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel.

Viele Weihnachtsmärkte wurden bereits abgesagt oder gar nicht erst eröffnet. Die wirtschaftliche Lage der Schausteller sei "äußerst dramatisch", sagte Albert Ritter, Präsident des Deutschen Schaustellerbundes, der Deutschen Presse-Agentur. "Es muss eigentlich zu einer hundertprozentigen Entschädigung kommen. Mindestens brauchen wir wie im vergangenen Jahr eine November- und Dezemberhilfe. Sonst stehen viele Schausteller vor dem Aus." Die Bundesregierung müsse bei den Hilfen massiv nachbessern. "Ich habe das Gefühl, die Politiker wissen nicht, wie das ist, von der Tageskasse abhängig zu sein und damit seine Familie ernähren zu müssen. Das kann man aber wohl nicht verstehen, wenn man als Minister eine fette Pension bekommt." (dpa)

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