Stühlerücken in der Einkaufsstraße: Niederlande machen vor, wie Räumlichkeiten insolventer Marken wieder genutzt werden

In letzter Zeit mussten mehrere Modemarken in den Niederlanden - wie auch anderswo, unter anderem in Deutschland - Insolvenz anmelden, was erhebliche Auswirkungen auf das Erscheinungsbild der Innenstädte haben könnte. So verschwand Scotch & Soda aus den Einkaufsstraßen; Esprit konnte sich nicht über Wasser halten und kürzlich musste auch die Schuh- und Modekette Bristol die Segel streichen. 

Obwohl es zwischenzeitlich so aussah, als würden die niederländischen Innenstädte zu einem Schweizer Käse mit vielen leeren Löchern, äh, Ladenlokalen, scheinen die Immobilien der insolventen Unternehmen schnell neue Eigentümer:innen zu finden. FashionUnited machte einen Rundgang durch einige niederländische Einkaufsstraßen. Die Ergebnisse sind auch für die deutsche Einzelhandelslandschaft interessant, wo viel über die Innenstädte und ihre mögliche Entleerung diskutiert wird. Vielleicht wird das niederländische Beispiel ja auch bald in Deutschland Schule machen? 

Vorbild für Deutschland?

Eine im April vom Immobilienunternehmen CBRE durchgeführte Studie ergab überraschenderweise, dass die Leerstandsquote im Einzelhandel durch Insolvenzen kaum beeinflusst wird. So steht jede dritte Immobilie nicht leer, nachdem ein Einzelhandelsunternehmen seine Türen geschlossen hat oder Insolvenz anmelden musste. Existenzgründer:innen und Unternehmensnachfolger:innen spielen dabei eine große Rolle. Entstehen dennoch Lücken, werden diese häufig von Bekleidungsgeschäften gefüllt. Modehändler:innen nutzen Ladenlokale, um beispielsweise ihre Markenbekanntheit zu steigern. Darüber hinaus wagen laut CBRE auch Online-Händler:innen immer häufiger den Schritt in den stationären Handel.

Die Vermietung von Ladenlokalen ist und bleibt jedoch Maßarbeit, so das Immobilienunternehmen JB Retail. „Neben Lage und Größe spielen auch Faktoren wie Timing, Ausstattungsniveau und Preis eine Rolle. Früher war es üblich, Ladenlokale im Rohbau zu übergeben, heute ist es jedoch von Vorteil, wenn die Geschäfte bezugsfertig und hochwertig ausgestattet sind, einschließlich gut erhaltener Einrichtung. Letztendlich ist es aber oft der Preis, der den Ausschlag gibt und den Unterschied macht", erklärt Erica Kruissen, Sprecherin von JB Retail, gegenüber FashionUnited. „Die ehemaligen Ladenlokale von Scotch & Soda und Esprit sind beispielsweise gut gelegen, werden hochwertig übergeben und sind somit bezugsfertig."

Stühlerücken in der Einkaufsstraße: Scotch & Soda raus, Tess V und America Today rein

So gab Tess V bereits im Juli bekannt, in das ehemalige Scotch & Soda-Geschäft in Groningen einziehen zu wollen. Die Modemarke sicherte sich damit einen Platz inmitten des Zentrums am Grote Markt. Das Ladenlokal, das ursprünglich aus zwei nebeneinanderliegenden Geschäften bestand, umfasst 126 Quadratmeter und zeichnet sich durch einen rosafarbenen Wellenspiegel und einen Wolkentisch aus. Der Groninger Store hat außerdem eine Neuheit zu bieten: Es wird mehr Platz für die eigene Jeanslinie Friday Denim geben. Die Eröffnung ist für den 28. September geplant, wie ein Sprecher gegenüber FashionUnited bestätigte.

Auch das Scotch & Soda-Geschäft in 's-Hertogenbosch wird schon bald neu besetzt. America Today zieht innerhalb der Stadt von der Hinthamerstraat in den Hooge Steenweg um. Das denkmalgeschützte Gebäude aus dem Jahr 1919 ist auch als „Luxor Theater" bekannt, in dem früher ein Theater und später ein Kino untergebracht waren. Neben der charakteristischen Fassade befinden sich im Gebäude noch einige alte Kinosessel und ein Projektor. Der neue Flagshipstore von America Today umfasst 700 Quadratmeter und wird am 27. September seine Pforten öffnen. Die Modemarke bietet dort Damen-, Herren- und Kindermode an.

Die ehemaligen Scotch & Soda-Filialen sind nicht nur bei Bekleidungsgeschäften beliebt, auch Kosmetikketten haben ein Auge auf diese Immobilien geworfen. So ist Skins in das Ladenlokal in der Innenstadt von Enschede eingezogen. Die niederländische Kosmetikkette erhielt am 1. September den Schlüssel und hat das gesamte Geschäft umgebaut. Wann genau die Filiale eröffnet werden, ist laut Website noch nicht bekannt, nur dass Skins in Kürze seine Türen an der Langestraat öffnen wird.

Von der Insolvenz zur Neueröffnung: Esprit macht Platz für Van Uffelen und Only & Sons

Van Uffelen hat es auf die ehemaligen Esprit-Filialen abgesehen: Der niederländische Modehändler übernimmt die Geschäfte in Alkmaar und Hoorn. Die Filiale in Alkmaar befindet sich an der Laat und umfasst 500 Quadratmeter. Hier bietet Van Uffelen das komplette Sortiment an. Das Geschäft in Hoorn am Grote Noord ist kleiner - hier nutzt der Modehändler 200 Quadratmeter für Damenmode. Die Übernahme der Filialen ist auch eine gute Nachricht für die ehemaligen Esprit-Mitarbeiter:innen, da Van Uffelen alle Mitarbeitenden beider Filialen übernimmt, wie ein Sprecher von Van Uffelen der Lokalzeitung Rodi.nl mitteilte.

Als Esprit auch aus der Utrechtse Einkaufsstraße verschwand, beschloss Only & Sons, dort einzuziehen. Der Herrenausstatter wird seine Türen im Herbst an der Oudegracht eröffnen. Das Geschäft umfasst 247 Quadratmeter im Erdgeschoss und 47 Quadratmeter im ersten Stock. Es ist die erste Only & Sons Filiale in Utrecht.

Scapino ersetzt Bristol

Auch die ehemaligen Bristol-Filialen können schnell mit einem neuen Eigentümer rechnen. So übernimmt das Bekleidungs- und Schuhgeschäft Scapino mehrere Filialen in Zaandam, Breda, Tilburg und Apeldoorn, schreibt die Immobilienzeitung Vastgoed. Mit den neuen Filialen kommt Scapino auf rund 200 Filialen in den Niederlanden. 

Auch der niederländische Discounter Wibra hat zwei Bristol-Filialen übernommen. Das Unternehmen eröffnete zwei Filialen in den Zentren von Wereldhave, eine davon im Einkaufszentrum Kronenburg in Arnheim und eine im Einkaufszentrum De Koperwiek in Capelle aan den IJssel.

Dieser Artikel erschien zuvor auf FashionUnited.nl. Übersetzt und bearbeitet von Simone Preuss. Teile des Artikels wurden mithilfe von digitalen Tools übersetzt.

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