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Secondhand-Kleidung in Japan langsam auf Vormarsch

Von AFP

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Einzelhandel
Bild: Heils ReShare

Ein Pop-up für Secondhand-Kleidung des japanischen Bekleidungsunternehmens Uniqlo in Tokio war nicht nur eine Premiere für das Unternehmen, sondern auch ein mögliches Zeichen für die schwindende Zurückhaltung der lokalen Bevölkerung gegenüber gebrauchter Ware.

Uniqlo verkehrt in einer Branche, die für immense Emissionen von Kohlenstoff und anderen Schadstoffen, darunter auch Mikroplastik, verantwortlich gemacht wird. Das Unternehmen profitierte bisher von Verbraucher:innen, die ständig Kleidung kaufen und rasch wieder entsorgen. Das wachsende Bewusstsein für die Umweltauswirkungen des Modesektors in Japan, dem drittgrößten Bekleidungsmarkt der Welt, hat jedoch noch kein großes Interesse an Secondhand-Produkten geweckt.

Der zehntägige Pop-up im Harajuku-Stadtteil von Tokio habe jedoch gezeigt, dass sich die Haltung ändere, sagte Aya Hanada, die für das Recyclingprogramm ‘Re-Uniqlo’ arbeitet. Im Rahmen der temporären Verkaufsfläche wurde Secondhand-Kleidung für ein Drittel des Originalpreises angeboten. Einige Kleidungsstücke wurden für einen intensiveren ‘Vintage-Look’ sogar eingefärbt. „Ich glaube, dass die Abneigung gegenüber gebrauchter Kleidung in Japan vor allem bei jungen Leuten verschwunden ist“, so Hanada. Der Wandel sei zum Teil dem Internet zu verdanken.

'Eine Modeerscheinung'

Bis zu einer tiefgehenden Wertschätzung von Secondhand-Stücken scheint es jedoch noch ein weiter Weg zu sein. In Japan werden nach Angaben des Umweltministeriums 34 Prozent der weggeworfenen Kleidung recycelt oder wiederverwendet. Dieser Prozentsatz umfasst jedoch auch Exporte in Entwicklungsländer, wo die Abfälle oft auf Deponien landen oder verbrannt werden. Nach Angaben der Ellen MacArthur Foundation, einer britischen Wohltätigkeitsorganisation, die sich für die Abfallbeseitigung und gegen Umweltverschmutzung einsetzt, wird weltweit jede Sekunde das Äquivalent einer LKW-Ladung Kleidung verbrannt oder auf einer Deponie entsorgt.

Das Marktforschungsunternehmen JapanConsuming schätzt, dass das japanische Secondhand-Segment weniger als sechs Prozent des auf 75 Milliarden US-Dollar (etwa 68 Milliarden Euro) bezifferten Marktes ausmacht, auch wenn es in den letzten Jahren stark gewachsen ist.

Lange Zeit sei gebrauchte Kleidung in Japan eine kleine Nische gewesen, die nur Anklang bei alternativen Modebegeisterten fand, erklärte Michael Causton, Mitbegründer von JapanConsuming. „Im Vergleich zu Ländern wie Frankreich oder dem Vereinigten Königreich, wo die ökologischen Umweltfaktoren an erster Stelle standen, handelte es sich in Japan möglicherweise nur um eine Modeerscheinung“, so Causton gegenüber der Agence France-Presse (AFP). „Bei uns ist man sehr stark auf Hygiene bedacht, da sie ein fester Bestandteil der japanischen Kultur ist. Dies war definitiv ein Hindernis für Durchschnittsverbraucher:innen.“

Mercari-Effekt

Uniqlo wirbt nun damit, gebrauchte Kleidung in neue Produkte umzuwandeln und sie an Flüchtlinge und andere Bedürftige zu spenden. Auch 2nd Street, ein japanisches Unternehmen für gebrauchte Kleidung, hat auf 800 Geschäfte landesweit expandiert. Der Online-Handel zwischen Privatpersonen hat ebenfalls zugenommen, vorrangig auf der japanischen Secondhand-Plattform Mercari, wo etwa ein Drittel des Transaktionswertes Modeartikel betrifft.

Japanische Secondhand-Kleidung ist selbst in China und anderen Ländern beliebt, so Causton, „da die Käufer:innen wissen, dass Japaner:innen auf ihre Kleidungsstücke achten und die Ware, die verschickt wird, hochwertig ist“.

„Ich finde, dass gebrauchte Kleidung in Japan eine hohe Qualität hat. Auf Schäden wird stets deutlich hingewiesen“, sagte Charlotte Xu, eine achtzehnjährige australische Touristin, die einen Secondhand-Laden in Harajuku durchstöbert. „In meinem Heimatland liegt alles durcheinander, es muss viel gesucht werden. Hier hingegen ist alles schön geordnet, und man kann alles finden, was man sich wünscht.“

Inflation

Die steigenden Preise, die nach Jahren der Deflation seit 2022 in den japanischen Portemonnaies zu spüren sind, waren ebenfalls Grund, dass sich einige Verbraucher:innen den Gebrauchtwaren zuwenden.

„Wir haben letztes Jahr eine Nutzer:innenumfrage durchgeführt. Diese wies auf, dass Kleidung die am häufigsten gewählte Kategorie für den Kauf auf Mercari ist, um den steigenden Preisen zu trotzen“, sagte ein Mercari-Sprecher.

Für viele bleibt hingegen der modische Faktor am wichtigsten. „Ich bin mir der Nachhaltigkeit von Second-Hand-Artikeln bewusst, aber ich kaufe sie oft einfach, weil sie schick sind“, sagte die 28-jährige Yamato Ogawa während des Uniqlo-Pop-ups gegenüber AFP. (AFP)

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf FashionUnited.com. Übersetzt und bearbeitet von Heide Halama.

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