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Runter auf 800 Quadratmeter: So organisiert das Modehaus L&T die Wiedereröffnung

Von Regina Henkel

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Einzelhandel

Wie schrumpft man viele Tausend Quadratmeter Ladenfläche auf die erlaubten 800? Mit dieser Frage müssen sich seit Mitte letzter Woche viele Händler beschäftigen, so auch das Osnabrücker Mode- und Sporthaus L&T. Nach fast fünf Wochen verordnetem Corona-Shutdown darf L&T seit dieser Woche seine Türen wieder öffnen. Vorausgesetzt, die Flächen von Mode-, Sport- und Young Fashionhaus, die zusammen mehr als 22.000 Quadratmeter umfassen, werden auf jeweils 800 Quadratmeter beschränkt. Keine leichte Aufgabe für ein Haus, das in den letzten Jahren zahlreiche Auszeichnungen für sein wegweisendes und erlebnisorientiertes Ladendesign erhalten hat. Wir haben Thomas Ganter, einer von drei Geschäftsführern bei L&T, zur aktuellen Lage gefragt, und wie er den Neustart organisiert.

Herr Ganter, wie sah in den letzten Wochen Ihr Arbeitsalltag aus?

Ich bin jeden Tag im Geschäft. Wir haben eine kleine Rumpfmannschaft von ca. 10 Personen, die sich um alles kümmert was anfällt. Der tägliche Ablauf hat sich komplett verändert. Fast alle Besprechungen finden über Skype oder Telefonkonferenzen statt.

L&T in Osnabrück hat inklusive Modehaus, Sporthaus und separatem Young Fashion Store mehr als 22.000 Quadratmeter Verkaufsfläche. Was bedeutet es, so ein großes Haus zum Saisonstart zu schließen?

Aufgrund der Informations- und Beschlusslage in Niedersachen gehörten wir zu den ersten, die geschlossen wurden. Wir haben am Abend des 16. März unsere Geschäfte für unsere Kunden zugemacht. Am nächsten Tag wurden alle Lieferanten über die neue Lage und die temporäre Schließung unseres Lagers informiert. Die Valutierung der Ware hat uns in dieser Situation sehr geholfen. Für beide Maßnahmen ein großes Dankeschön an die Hersteller, denn das ist ja nicht selbstverständlich.

Seit letzter Woche ist klar, dass Sie ab 20. April wieder aufmachen dürfen, wenn Ihr Geschäft nicht größer ist als 800 Quadratmeter. Was halten Sie von der Regelung?

Zuerst freuen wir uns darüber, dass wir nun erste Schritte Richtung Normalität aufgezeigt bekommen und eine schrittweise Wiedereröffnung möglich ist. Aber so gut die Bundesregierung den Shutdown kommuniziert und durchgeführt hat, so unglücklich verläuft unserer Meinung nach nun die Wiedereröffnung. Die Entscheidungen sind nicht nachvollziehbar. So darf z.B. ein Baumarkt mit über 8.000 Quadratmetern öffnen, ein gleichgroßes Textil Geschäft oder ein Elektronikfachmarkt muss geschlossen bleiben. Man versteht es nicht. Das führt zu einer deutlichen Wettbewerbsverzerrung, die rechtlich bedenklich ist.

Was bedeutet die Regelung für Sie konkret?

Seit Donnerstagabend wissen wir, wie wir die Wiedereröffnung umsetzen können. In Niedersachen sieht es so aus, dass ab Montag Geschäfte bis 800 Quadratmeter öffnen dürfen. Größere Geschäfte können eröffnen, wenn sie eine 800 Quadratmeter Fläche absperren. Diese Möglichkeiten werden wir nutzen. Aufgrund der sehr kurzfristigen Informationen werden wir erst im Laufe dieser Woche unser Mode- und Sportangebot eröffnen. Unsere Formate Kurvenqueen, XXL men und unser Outlet sind sofort für unsere Kunden zugänglich.

Das ist ein enormer Aufwand!

Selbstverständlich. Es bedeutet für uns, dass wir sehr kurzfristig reagieren und handeln müssen. Wir fahren weiterhin nur auf Sicht. Etwas längere Entscheidungsvorgaben wären hier sehr hilfreich und wünschenswert. Wie lange halten auch die aktuellen Entscheidungen? So kann es nicht weitergehen! Dennoch sind wir grundsätzlich erst einmal froh, dass es eine Perspektive gibt.

Wie lange hätten Sie die Schließung noch verkraften können?

Wir sind gut aufgestellt und ein solides mittelständisches Familienunternehmen. Aber auch die beste Firma kommt mit solchen Rahmenbedingungen irgendwann an ihre Grenzen. Dieser Zustand ist für alle existenzbedrohend. Wir bekommen zwar ein Darlehen, aber für eine Situation, die wir nicht verschuldet haben. Darlehen müssen wieder zurückgeführt werden. Dieses Geld wird uns in den kommenden Jahren fehlen um in Innovationen und Kundenerlebnis zu investieren und beschränkt unsere Möglichkeiten für die Zukunft. Eine echte Hilfe wären harte Zuschüsse.

Sie haben sich als großes Modehaus strategisch auf den stationären Handel fokussiert. Haben Sie in den letzten Wochen versucht, den Onlinehandel auszubauen?

Ja, wir haben unser Onlineangebot ausgebaut. Wir hatten bisher schon einen Webshop - den wir in erster Linie als Marketingkanal verstehen – und haben diesen angereichert und ausgebaut. Darüber hinaus bieten wir unseren Kunden dreimal die Woche einen Facebook-Livestream an. Zusätzlich haben wir Insta- Shopping intensiviert und auch einen neuen Service via WhatsApp angeboten. Über diesen Kanal kommen wir direkt und sehr persönlich zu unseren Kunden und erfüllen schnell und unkompliziert deren Wünsche. Das wird sehr gut angenommen, und die erzielten Bons sind sehr beachtlich.

Unser Fazit: Über die digitalen Kanäle erreichen wir unsere Kunden und können ihnen über diese Wege auch einen persönlichen und schnellen Service liefern. Wir sind und bleiben auf Sicht dennoch Spezialist für stationäres Erlebnis-Shopping. Wirtschaftlich gesehen wird es uns auf diesem Niveau nicht helfen.

Welche Sicherheitsmaßnahmen setzen Sie um, wenn Sie am Montag eröffnen?

Bis heute haben wir keine Informationen darüber, welche Maßnahmen erforderlich sind um wieder eröffnen zu können. Was wird vom Ordnungsamt geprüft? Alle warten auf diese Informationen. Unsere Maßnahmen, die wir zum Schutz der Mitarbeiter und Kunden umsetzen: Wir haben Desinfektionsmittel aufgestellt, es gibt Schutzmasken für Mitarbeiter, die Kassen sind mit Plexiglasschutz versehen und die Reinigungsmaßnahmen werden weiter intensiviert. Als weitere Schutzmaßnahme haben wir ein Zwei-Schichten Arbeitszeitmodell eingeführt.

Dürfen die Kunden Bekleidung anprobieren?

Selbstverständlich. Hier gibt es bislang keine Einschränkungen oder Bedenken von Seiten der Behörden. Die Umkleidekabinen werden von uns permanent desinfiziert.

Auch wenn Sie die Warenannahme gestoppt haben, ist ja dennoch viel Ware aufgelaufen, die jetzt nicht mehr verkauft werden kann. Was passiert damit und wie geht es weiter mit der Saison?

Wir besprechen dies offen und konstruktiv mit unseren Lieferanten. Wir haben einen immensen Schaden. Auf beiden Seiten. Klar ist, dass wir es nur gemeinsam lösen können. Wer jetzt nicht kooperativ ist und den Schaden auf andere verteilen will, hat in Zukunft keine Partner mehr, weil die das nicht überstehen. Jede Seite ist gefordert seinen Teil zur Lösung des Problems einzubringen. Je länger die Schließung noch andauert, desto größer ist der Schaden.

In diesem Zusammenhang haben wir eine weitere große Aufgabe. Das Hochfahren der Logistik. Die zurück gestellte Ware muss gesteuert und sinnvoll vereinnahmt werden. Wir beschäftigen uns intensiv damit, hier eine Vorgehensweise zu erarbeiten, und werden in Kürze auf unsere Partner zugehen. Wir wollen zur Wiedereröffnung unseren Kunden ein zum Saisonzeitpunkt passendes Sortiment anbieten.

Diskutiert wird auch, ob man die Sommersaison verlängert und den Winter nach hinten verschiebt. Wäre das für Sie eine hilfreiche Maßnahme?

Wir als L&T stehen unbedingt für diese Lösung. Eine Saisonverlängerung bis Ende August, vielleicht sogar noch in den September hinein, würde helfen den Schaden aus dem F/S zu verkleinern. Entsprechend müssen die H/W Wareneingänge nach hinten verschoben werden. Die aktuelle Krise ist auch eine Chance, den Wareneingangsverlauf näher an den Saisonverlauf zu koppeln. Für einen großen Teil der Einzelhändler wäre dies sicher eine sinnvolle Maßnahme.

Fotos: L&T Osnabrück / Portrait by Mike Meyer

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