Online-Shopping lässt Anteil an Kartons im Altpapier steigen
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Jede Menge Verpackungen in der Altpapiertonne und der nächste Termin der Müllabfuhr ist erst in ein paar Tagen: Der Inhalt der Tonne hat sich wegen des Online-Handels in den vergangenen Jahren stark geändert. Der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU), der auch die städtischen Entsorger vertritt, hat die Zusammensetzung des Papier- und Pappe-Abfalls untersuchen lassen. Das Ergebnis: Bis zu 71 Prozent des Inhaltsvolumens sind Verpackungen. "Oft landen die Pappkartons - so wie sie sind - in der Papiertonne, ohne zerrissen oder zusammengefaltet zu werden", teilt der Verband mit. "Die Folge: Die Papiertonne ist schneller voll, obwohl weniger drinnen ist - mehr Volumen, weniger Gewicht."
Die Paketzahlen sind bei den Kurier-, Express,- und Paketdiensten wegen des boomenden Online-Handels in den vergangenen Jahren gestiegen. 2017 waren erstmals mehr als 3,3 Milliarden Sendungen verarbeitet worden, wie Zahlen des Bundesverbandes Paket und Expresslogistik (Biek) zeigen. Für 2018 ging der Verband vor Jahresablauf von mehr als 3,5 Milliarden Sendungen aus.
Der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland betonte, dass die Branche an Optimierungen arbeite. Zugleich sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Martin Groß-Albenhausen: "Händler verwenden niemals freiwillig zu große Verpackungen oder Füllmaterialien, denn das zieht neben höheren Materialkosten obendrein höhere Versandkosten nach sich."
Die Ware, die zum Kunden geschickt wird, müsse gut geschützt und verpackt sein. "Die meisten Pakete sind heute bereits sehr gut bis optimal gepackt oder werden, wie zum Beispiel viele Elektroartikel oder Nachfüllartikel wie Druckerpatronen, gleich ganz ohne Versandverpackung verschickt", betonte Groß-Albenhausen. Im Textilbereich kommen demnach zunehmend Wickelkartonagen zum Einsatz, die das Produkt nahezu ohne Luft umschließen.
Konkret kommt das INFA-Institut im Auftrag des VKU zu dem Ergebnis, dass Verpackungsanteile an dem Altpapiergemisch in den Untersuchungsgebieten zwischen 29 und 34 Prozent des Gewichts ausmachen und zwischen 64 und 71 Prozent des Volumens. Bürger ärgern sich über die schnell gefüllte Tonne, aber für die kommunalen Entsorger hat die Entwicklung auch eine finanzielle Bedeutung. Denn sie sind für die Entsorgung von Zeitungen, Magazinen und Papierabfall zuständig. Verpackungen dagegen fallen in die Verantwortung der dualen Systeme, die sich auch um Gelben Sack und Gelbe Tonne kümmern.
Das Problem: Alles landet in der gleichen Altpapiertonne. Die Hersteller der Verpackungen zahlen den dualen Systemen Lizenzgebühren, die sie über den Verkaufspreis an die Kunden weitergeben. Beim Altpapier gilt laut VKU, dass die dualen Systeme und die öffentlichen Entsorger sich die Kosten teilen - allerdings übernähmen die Systeme im Schnitt nur 15 bis 20 Prozent.
"Viel zu wenig also in Anbetracht des enorm gestiegenen Verpackungsanteils", kritisiert VKU-Vizepräsident Patrick Hasenkamp. "Das wirkt sich auf die Müllgebühren aus, die die Bürger zahlen müssen. Sie zahlen derzeit doppelt für die Entsorgung von Verpackungen aus Papier und Pappe. Das kann nicht sein." Allerdings halten sich die Kosten für Verbraucher in Grenzen - laut VKU sind es für alle Verpackungen, also auch diejenigen aus Plastik, derzeit insgesamt etwa 13 Euro pro Person und Jahr.
Die dualen Systeme müssten daher einen Weg finden, "die Versandhändler in angemessener Höhe an den Kosten für die Altpapiersammlung zu beteiligen", forderte Hasenkamp. Das könne für die Händler auch ein Anreiz sein, weniger Verpackungen einzusetzen und damit die Umwelt zu schonen.
Der VKU plädiert dafür, dass die Ergebnisse des Gutachtens künftig der Abrechnung der Sammelkosten gegenüber den dualen Systemen zugrunde liegen sollen. "Die Verhandlungen hierüber zwischen den Kommunen und den Systemen in den rund 800 Entsorgungsgebieten in Deutschland werden in Kürze beginnen", teilte der Verband mit.
Der Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft verwies auf das vor kurzem in Kraft getretene Verpackungsgesetz. "Wir appellieren dringend, jetzt nicht Reformforderungen zu stellen, sondern die nach intensiver Diskussion im Rahmen des Verpackungsgesetz gefundenen Ergebnisse und Kompromisse mit Leben zu erfüllen. Alle Beteiligten - Landkreise, Kommunen, Entsorger, Systeme - brauchen nun auch einmal Rechtssicherheit", sagte BDE-Präsident Peter Kurth.
Auch in der Forschung wird an der Optimierung von Verpackungen gearbeitet. Vor Jahren wurde zum Beispiel beim Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik eine Software entwickelt, wie der wissenschaftliche Mitarbeiter Wolfgang Lammers erläutert. Die Software sei in der Lage, ein individuelles Packmuster bei der Befüllung von Kartonagen mit mehreren Artikeln zu erstellen. Allerdings brauche es dafür eine gute Datenbasis, die viele Unternehmen nicht hätten. Ein Grund dafür sei, dass sich die Verpackungsgrößen von Artikeln immer wieder ändern. (dpa)