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Liganova: Neue Einzelhandelsformate verwandeln Innenstädte in Erlebnis-Hotspots

Von FashionUnited

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Einzelhandel
Innenstadt Foto: Paweł L. / Pexel

Eine Innenstadt für Sportbegeisterte und eine andere für Outdoor-Fans? Eine für Fashionistas und eine für Liebhaber:innen von Vintage-Kleidung? Eine für Familien und eine für die technikaffine Generation Z? Wenn Städte zusammen mit Marken mutig sind und sich spezialisieren, haben sie die Chance, zu blühenden und attraktiven Orten zu werden. Doch dafür bedarf es Mut und gemeinsamer Anstrengungen.

Individuelle Innenstädte

Es ist kaum verwunderlich: Die One-Size-fits-all-Konzepte für Innenstädte haben ausgedient. Die immer gleichen Ladenketten in den Hauptgeschäftsstraßen von Stadt zu Stadt machen die Zentren austauschbar und, um es direkt zu sagen, langweilig. Sie wollen alle erreichen, aber niemanden wirklich berühren. Die einst prächtigen Straßen der Innenstädte bieten heute austauschbare Räume mit austauschbaren Angeboten. Der Blick auf erfolgreiche Marken zeigt, dass Austauschbarkeit unattraktiv ist. Marken ohne klare Positionierung sind nicht erfolgreich. Marken, die es allen recht machen wollen, sind nicht erfolgreich. Marken ohne eine klare Botschaft sind nicht erfolgreich. Und Marken, die langweilen, haben keine Chance. Wenn Städte also Marken wären, bräuchten sie dringend einen Neustart.

Es ist unbestritten, dass der Online-Handel und die Corona-Pandemie zum Niedergang von Kaufhäusern und Geschäften beigetragen haben. Doch der Grund dafür, dass viele Menschen die Innenstädte meiden, liegt auch darin, dass sie dort nichts Erstaunliches, Überraschendes oder Interessantes erwarten. Von Abenteuerlust ganz zu schweigen.

Darüber hinaus haben sich die Kaufgewohnheiten geändert: Kaum jemand geht in die Stadt, um gezielt etwas zu kaufen. Wer weiß, was er will, kauft online. Wenn es um Auswahl und bequeme Preisvergleiche geht, bevorzugen die meisten den Online-Handel. Der Verkaufserfolg ist für die Einzelhandelsflächen in den Innenstädten längst nicht mehr von Bedeutung, denn digitale Kanäle funktionieren in dieser Hinsicht viel besser.

New Retail: Erlebniswelt Innenstadt

Und nun? Nun müssen sich Städte und der stationäre Handel neu erfinden! Im Einzelhandel hat sich eine Bewegung entwickelt, die sich als Segen für die Innenstädte erweisen könnte: der "New Retail". Dadurch wird die physische Einzelhandelsfläche viel mehr als nur ein Ausstellungsraum für Produkte.

Mit dem "New Retail" entstehen Markenerlebnisräume und soziale Interaktionsflächen. Es geht nicht mehr nur um den reinen Verkauf auf den ehemaligen Verkaufsflächen, sondern um Erlebnisse, Inspiration, Begegnungen und die Zugehörigkeit zu einer Community. Mit dem "New Retail" ändert sich die Art und Weise, wie Marken auftreten, grundlegend - und das wird die Innenstädte verändern und zu lebendigen Orten machen.

Menschen zieht es in die Städte, weil sie dort auf andere Menschen treffen, Inspiration erfahren und unterhalten werden. Im Einzelhandel geht es nun darum, die Menschen in die Geschäfte zu locken und genau das anzubieten. Mit dieser neuen Zielsetzung ändern sich die Erfolgskennzahlen des stationären Handels: Die Verweildauer wird wichtiger als der Umsatz pro Quadratmeter. Informationen über die Zielgruppe sind wertvoller als der Umsatz.

Der Besuch eines Geschäfts fasziniert und begeistert. Hier wird nicht nur präsentiert und beraten, sondern es gibt auch passende Services und die Möglichkeit zum Austausch mit anderen Konsument:innen. Man kann hier essen, trinken, mobiles Arbeiten erledigen oder Yoga machen. Der eigentliche Kauf erfolgt dann später online. Der Online-Kanal dient der Transaktion, während das Geschäft die Marke erlebbar macht und für die Zielgruppe zum attraktiven "place to be" wird.

Nike Style in Seoul Foto: Nike

Nike zeigt in seinem Style Store in Seoul bereits in der Realität, wie das "New Retail" funktioniert: Neben den Produkten bietet die ikonische Sportmarke ein Content-Studio, in dem Markenfans ihre eigenen Social-Media-Inhalte erstellen können. Außerdem gibt es wechselnde Workshops und eine "Snkrs"-Lounge. Der Store erfüllt genau die Bedürfnisse seiner Zielgruppe und ist nicht nur ein einfacher Laden – er ist ein Unterhaltungszentrum, in dem Produkte, Wissen, Kunst, Kultur und Gemeinschaftserlebnisse aufbereitet und markengerecht inszeniert werden. Er wird zu einem Ort, der die Identifikation mit der Marke ermöglicht und gleichzeitig den Keim für eine neue Community bildet.

Gucci geht mit seiner stilvollen Café-Bar-Lounge Giardino 25 in Florenz noch einen Schritt weiter: Das Produkt ist hier nur ein Accessoire. Die Gäste erleben einen ganzen Marken-Lebensstil. Die opulente Ausstattung, die internationalen Cocktails und die eleganten Barkeeper spiegeln den Kern der Marke Gucci wider. Im Gucci Garden, ebenfalls in Florenz, wird der Kosmos der Marke mit allen Sinnen erlebbar – neben einem Shop mit limitierten Kollektionen, kann in dem markeneigenen 3-Sterne Restaurant gespeist und danach die ikonischen Accessoires im Markenmuseum bestaunt werden. Das hat nichts mehr mit Abverkauf zu tun, sondern nur mit Erlebnis. Das Dior Museum in Paris ist ein weiteres Beispiel für diesen Trend. Ein Tempel der Eleganz, der den Designern, den Kleidern, den Filmen und der Markenhistorie gewidmet ist.

Gucci Vision. Foto: Gucci

Mit dem "New Retail" wird die physische Fläche zu einem multidimensionalen Identifikationsraum. Sie erfüllt neue Funktionen, wird zur Plattform für Influencer:innen und die Gestaltung von Inhalten. Sie wird zur Bühne für Veranstaltungen, Kunst und Kultur, zum Ort für wechselnde kuratierte Inhalte und Inspiration. Sie wird zum physischen Berührungspunkt mit der Marke - und damit zum Attraktivitätsfaktor für die Innenstädte.

Die Innenstadt zur Marke machen

Hier schließt sich der Kreis: Die Attraktivität der Innenstädte hängt eng mit der Attraktivität ihrer physischen Einzelhandelsflächen zusammen – und umgekehrt. Wenn der "New Retail" in die Städte Einzug hält und Zielgruppen aktiviert, begeistert und inspiriert, sollten die Städte dasselbe tun, um Anreize für Besuche zu schaffen. Warum also nicht die Innenstadt als Marke betrachten und sie einer Neugestaltung unterziehen? Warum nicht das Abenteuer wagen und die Stadt klar positionieren, um definierte Zielgruppen anzusprechen? Warum nicht einzigartig werden und für bestimmte Werte stehen? Warum nicht eine umfassende Brand Experience für neue Besucher:innen als Stadt-Marke gestalten?

Dafür muss sich jede Stadt darauf besinnen, was sie einzigartig macht. Das kann ihr Ursprung oder ihre Historie sein, die Menschen, die sie prägen, oder die Gegend, in der sie liegt. Die Stadt Werl mit ihren rund 31.000 Einwohnern hat sich beispielsweise als Wallfahrtsstadt positioniert und sich den entsprechenden Namen gegeben. Als Wallfahrtsstadt spricht Werl eine bestimmte Community an und berücksichtigt deren Bedürfnisse. Das Motto "Entschleunigen und Wohlfühlen" prägt Werl, und die Stadt macht diesen Leitgedanken mit Grünflächen und Sitzgelegenheiten erlebbar. Auch Frankfurt am Main hat ein Vision-Statement für seine Innenstadt formuliert – sie soll sich von einem funktionalen Raum zu einem lebendigen Emotionsraum entwickeln. Den verschiedenen Stadtvierteln der Innenstadt wurden bestimmte Eigenschaften zugewiesen. Die nördliche Altstadt wird als "Typisch Frankfurt" bezeichnet und mit den Merkmalen "handgefertigt, inhabergeführt, Genuss aus der Region, Gastronomie" beschrieben. Die östliche City trägt den Titel "Cosmopolitan" und zeichnet sich durch "internationales Szeneviertel, kreative Labore, Wohnen" aus. Jedes der fünf Innenstadtviertel wurde einer eigenen Zielgruppe und Community zugewiesen. Sie repräsentieren jeweils einen eigenen Erlebnisort für Freizeit, Kultur und gesellschaftliche Begegnungen sowie für Gastronomie, Einzelhandel und den Alltag.

Dies erfordert, dass die Stadtplaner:innen die Einzelhandelsflächen sorgfältig kuratieren und mit relevanten Angeboten ausstatten. Nicht jede Marke passt auf jede Fläche. Wenn die Innenstadt und die Einzelhandelsmarken eng zusammenarbeiten, profitieren beide Seiten: Die Zielgruppen des Einzelhandels passen zu denen der Stadt und die positiven Auswirkungen verstärken sich gegenseitig. Zielgruppen wissen dann genau, wo sie in der Stadt ihre Community und vielleicht sogar ein wenig Abenteuer erleben können.

Über den Autor

Mathias Ullrich ist Managing Director bei Liganova, dem Innovationsführer im Bereich Brand- & Retail-Experiences im phygitalen Raum. In den vergangenen zehn Jahren hat der Wirtschaftsingenieur Kund:innen aus dem Bereich Brand Retail hinsichtlich Positionierung, Wachstum und digitale Transformation beraten. Bei Liganova leitet er den Geschäftsbereich Experience Solutions und gestaltet am Schnittpunkt zwischen Mensch, Marke und Produkt Retail-Locations und Erlebnisflächen für globale Premium-Brands aus den Bereichen Luxury, Sportartikel, Automotive, Fashion und Retail.

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