Im Laden von morgen arbeiten Avatare, Roboter und Hologramme
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Physische Geschäfte werden bald weniger Menschen beschäftigen, dafür aber ein besseres Erlebnis für die Kundschaft bieten. Das sagen Innovationsführer:innen im Bereich der Einzelhandelstechnologie. Eine solche Entwicklung könnte eine Antwort sein auf Personalmangel und Streiks, wovon viele Unternehmen nach der Pandemie betroffen sind. Aber was bedeutet das für die Kund:innen?
Der deutsche Softwareentwickler Humanizing Technology setzt auf die „Avatarisierung des Servicepersonals“. „Selbstbedienungskioske und Infopoints in Geschäften sind weder freundlich noch einladend“, so CEO Tim Schuster gegenüber FashionUnited. „Sie sind auch nicht intuitiv und können keine Unterstützung bieten, die über einfache Transaktionen hinausgehen.“
Getreu dem Firmennamen ist es das Ziel, „Menschlichkeit in die Technologie und Roboter in die Gesellschaft zu bringen“, doch Schuster betonte auch die Bedeutung der „Emotionalisierung des Engagements“ und fügte hinzu: „Unsere interaktiven Avatare bieten eine einzigartige Gelegenheit für die technikaffinen Kund:innen von heute.“
Niedliche Avatare führen durch den Laden
Die äußerst sympathisch aussehenden Cartoon-Avatare des Unternehmens scheinen in der Tat ein umfassendes Serviceerlebnis zu bieten: Sie können Kund:innen begrüßen und sie durch den Laden führen, Produkte empfehlen, Sonderangebote bewerben und weitere Services anbieten. Sie können Up- und Cross-Selling betreiben und mit dem Publikum in mehreren Sprachen kommunizieren, während ihr Aussehen sowohl kulturelle Vielfalt als auch Markentreue repräsentieren kann.
Die Geräte benötigen lediglich Strom und eine Internetverbindung, und die Verbraucher:innen interagieren mit ihnen auf dieselbe Weise wie mit einem Tablet. Einzelhändler:innen, die sich für diese Technologie entscheiden, haben keine teuren Hardware- oder Wartungskosten, können rund um die Uhr Hilfe in Anspruch nehmen und sich für ein Pay-as-you-go-System anmelden, bei dem jedes "Go" eine Interaktion zwischen Kund:innen und Avatar darstellt.
Humanizing Technologies ist auch eine Partnerschaft mit Temi, einem indischen Roboterhersteller, eingegangen, um den Verbraucher:innen ein noch höheres Maß an persönlicher Betreuung zu bieten. Eine vertikale Einheit, die in etwa aussieht wie ein Staubsauger mit einem Bildschirm, kann mit den Kund:innen in Kontakt treten und sie dann auf einer geführten Tour durch das Geschäft begleiten oder sie direkt zu dem gesuchten Artikel bringen. Der Temi-Roboter ist angenehm gesprächig, intelligent und schnell und hat die Aufgabe, die Kund:innen gut zu betreuen. Rechnen Sie also damit, dass diese kleinen Neuheiten bald in einem Geschäft in Ihrer Nähe herumwuseln.
Burberry arbeitet schon mit Hologrammen
Verizons Proto, ein holografischer Mensch, wurde bereits von Burberry übernommen und wird derzeit in den Flagship Stores für die Präsentation der neuen Kollektionen eingeführt. Ein 3D-Hologramm, das sich wie ein Model im Showroom dreht und posiert, erscheint wie in einer großen Box und ist so lebensecht, dass es sogar einen Schatten wirft. Eine Sprachausgabe führt die Betrachter:innen - seien es Einkäufer:innen, ein Verkaufsteam oder ein Raum voller VIP-Kund:innen - durch das Outfit: Samantha trägt den Minirock in klassischem, traditionellem Karo mit passenden Pantoletten und Umhängetasche. Dann erscheint ein 3D-Bild der Lederhandtasche, das sich durch Antippen des Bildschirms öffnet und die luxuriösen Details im Inneren, das Plüschfutter, die versteckten Taschen und das wichtige Echtheitsetikett zeigt. Mit ein paar weiteren KLicks können Kund:innen den Artikel individuell gestalten, indem sie aus einer Farbpalette und einem Menü mit weiteren Details auswählen. Traditionell sind Luxus-Shopper:innen wenig geneigt, einen Kauf auf der Grundlage eines Miniaturbildes im Internet zu tätigen. Sie wollen ihr Investitionsgut drehen, zoomen und bis ins kleinste Detail untersuchen können. Jetzt können sie das - und der Begriff „Schaufensterbummel" erhält eine neue Bedeutung.
Haben wir also den Film „Willy Wonka und die Schokoladenfabrik“ von 1971 schon eingeholt, als Charlie, der Gewinner des Goldenen Tickets, in einen Bildschirm greift und eine Tafel Schokolade herauszieht? Noch nicht ganz, aber wir sind nah dran an Harry Potters Hogwarts, wo die Bilder an den Wänden lebendig werden und anfangen zu plaudern, sobald er sich ihnen nähert.
Mit 3D-Hologrammen wie Proto von Verizon, die in den Einzelhandel Einzug halten, entsteht ein „Ganzkörpereffekt", der wichtig ist, um den Fall der Stoffe und die Passform von Kleidungsstücken zu erkennen und all die Hinweise aus der Körpersprache - Gestik, Körperhaltung, Einstellung - zu vermitteln, die für den Verkauf von Mode so wichtig sind.
Die Möglichkeiten sind endlos. Während der Londoner Modewoche könnte eine in New York ansässige Kundin in ihr örtliches Geschäft eingeladen werden, um Champagner zu trinken und die neuesten Laufsteg-Looks live zu sehen, so, als säße sie in der ersten Reihe. „Burberry sieht darin eine Möglichkeit, seine VIPs näher an die Marke heranzuführen", so James Hughes, Chief Technology Officer von Verizon, gegenüber FashionUnited. Er beschrieb eine erfolgreiche Implementierung bei der Supermarktkette Tesco, als der CEO nicht zu einer Konferenz reisen konnte, sondern sein Hologramm direkt in den Konferenzraum gebeamt wurde, um seine Rede vor den versammelten Teammitgliedern zu halten. IWC hat Proto auch eingesetzt, um den Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton in die Eigentümergemeinschaft der Denver Broncos aufzunehmen. Vergessen Sie Flugmeilen und vielleicht sogar Zoom. Marken können jetzt ihre Markenbotschafter:innen, Influencer:innen oder Mitarbeitende zu jedem Meeting mitbringen, an verschiedenen Orten und zur gleichen Zeit.
Neue Geräte und Technologien erobern den Markt
Kiryl Chykeyuk, CEO und Gründer des 2011 in London gegründeten Herstellers von holografischen Displays Hypervsn holograms, erklärte gegenüber FashionUnited auf der NRF Retail Big Show im Januar in New York, dass das Unternehmen „im vergangenen Jahr auf Hochtouren gelaufen ist" und zwei neue Produkte auf den Markt gebracht hat, ein mittelgroßes und ein großformatiges, die beide bahnbrechende Helligkeit, Pixelabstände und Details aufweisen. Die Produkte können individuell skaliert werden, um sich jeder Umgebung anzupassen. Ohne zu sehr ins Detail zu gehen: Wenn die Pixel weiter auseinander liegen, muss die Betrachterin oder der Betrachter weiter zurücktreten, um den Inhalt zu sehen, was das Gerät ideal für größere Räume wie Kaufhäuser und Flughäfen macht, während die näheren Pixel des kleineren Geräts ideal für Luxusboutiquen sind.
Hypervsn SmartV Digital Avatar ermöglicht eine Zwei-Wege-Interaktion mit einem digital gerenderten menschlichen Avatar, der das Metaverse in die physische Welt überträgt und Gespräche in Echtzeit mit den User:innen ermöglicht.
Bei vielen der interaktiven holografischen Lösungen können die Kund:innen den Inhalt per Sprachsteuerung oder durch einfaches Wischen über den Bildschirm ändern. In anderen Fällen erfasst eine Kamera die anfänglichen Merkmale der Kund:innen wie Alter, Geschlecht sowie Gesten und manipuliert den Inhalt entsprechend den aufgenommenen Informationen.
Ein weiteres Angebot von Hypervsn ist ein hochauflösendes Produktdisplay, in diesem Fall ein Turnschuh, der auf Augenhöhe in der Luft zu schweben scheint, wobei jedes Designmerkmal kristallklar ist. Das Display ist so konzipiert, dass es die Aufmerksamkeit selbst der zufälligsten Passant:innen auf sich zieht und so die Kundenfrequenz erhöht.
„Der Kontakt mit dem Publikum auf der ganzen Welt wird mehr und mehr durch rein digitale Technologien bestimmt. Dabei ist es wichtiger denn je, sich von der Masse abzuheben", so Chykeyuk. „Wir markieren den Aufstieg sowohl im Einzelhandel als auch in der Unterhaltung und geben führenden Marken Werkzeuge an die Hand, die es vorher einfach nicht gab."
Digitale Helfer:innen, digitale Schaufensterpuppen, Green Screens und Avatare stehen für eine phygitale Welt, und wir leben einfach in ihr.
Dieser übersetzte Beitrag erschien zuvor auf FashionUnited.ukj.