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Glore: Das Store-Konzept für Eco-Fashion wächst weiter

Von Regina Henkel

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Einzelhandel|INTERVIEW

Glore gehörte zu den ersten Stores in Deutschland, die sich auf moderne Eco-Fashion spezialisiert haben. 2006 von Bernd Hausmann in Nürnberg gegründet, schlossen sich bald weitere Überzeugungstäter dem Konzept an und gründeten in anderen Städten ihre eigenen glore Geschäfte. Inzwischen gibt es sie – neben Nürnberg noch in München, Hamburg, Stuttgart und Luzern. Im September wird noch Augsburg hinzu kommen. Brigitte v. Puttkamer aus München war die zweite im Bunde, als sie 2008 ihren glore Store im Münchner Glockenbachviertel eröffnete. Hier erklärt sie, worauf es für sie ankommt und wie sich der Markt seither entwickelt hat.

Frau von Puttkamer, welche Anforderungen stellen Sie an Ihre Brands?

Wir arbeiten mit den meisten Labels schon sehr lange zusammen: Armedangels, Knowledge Cotton Apparel und Nudie Jeans sind schon viele Jahre im Sortiment. Fällt uns ein neues Label auf, prüfen wir genau, ob es unsere Anforderungen erfüllt. Wir wollen wissen, welche Materialien verwendet werden, ob diese zertifiziert sind, wo sie angebaut werden, wie sie weiterverarbeitet werden. Ist ein Produkt beispielsweise GOTS zertifiziert, dann heißt das für uns, dass die Supply Chain hinsichtlich der ökologischen Kriterien schon sehr gut ist. Was die sozialen Aspekte betrifft, kommt es darauf an, wo die Brands produzieren. Wenn in Deutschland produziert wird brauchen wir in der Regel keine zusätzlichen Zertifikate. Wird z.B. in Fernost produziert, zeigt die Mitgliedschaft bei der FairWear Foundation, ob ein Label auch unsere sozialen Kriterien erfüllt. Grundsätzlich gilt: Je größer, desto intransparenter ist ein Label und desto wichtiger werden Zertifikate.

Welche Zertifikate sind für Sie am Wichtigsten?

GOTS. Der GOTS Standard vereint ökologische und soziale Aspekte und ist auch bei den Kunden am bekanntesten. Aber nicht alle Brands in meinem Laden tragen das GOTS-Siegel. Bei jedem Produkt hier im Laden kann ich erzählen, warum es welches Zertifikat hat oder warum es keines hat und trotzdem nachhaltig ist. Das heißt, dass wir die Verantwortung bei der Auswahl der Produkte für den Kunden übernehmen. Und der Kunde vertraut uns.

Was ist, wenn ein Label nicht Ihren Anforderungen entspricht, z.B. in irgendeinem Punkt nicht alle Kriterien erfüllt?

Dann liegt es erst einmal auf Halde und wir warten ab, wie es sich entwickelt. Wir kommunizieren natürlich, dass wir Interesse haben und aus welchem Grund wir die Marke nicht aufnehmen können. In der Hoffnung, dass das viele Einkäufer tun und das Unternehmen dadurch motiviert wird, nachzubessern. Wenn das geschehen ist und der Stil zu uns passt, dann spricht nichts dagegen, die Marke aufzunehmen.

Gibt es Produktionsstandorte, die Sie grundsätzlich ablehnen?

Nein, denn auch da gibt es zwei Seiten: ich persönlich bevorzuge zwar kleine Labels, die vor Ort produzieren. Aber es wäre das falsche Signal, die Bekleidungsproduktion aus China oder Bangladesch abzuziehen. Die Menschen sind abhängig von ihren Arbeitsplätzen. Die europäischen Marken und die Konsumenten sollen endlich hinsehen und ihre Verantwortung gegenüber den Menschen und der Umwelt im Produktionsland übernehmen.

Verkaufen Sie nur Kollektionen aus Naturmaterialien? Wie stehen Sie zu Synthetics?

Schwerpunktmäßig haben wir Bio-Baumwolle, Leinen, Kaschmir und Bio-Wolle im Sortiment. Der Anteil an Tencel und Modal, die industriell hergestellt werden und auf Zellulose basieren, nimmt aber sehr stark zu. Hier achten wir darauf, dass wir nur Lenzing-Ware einkaufen. Inzwischen hat fast jede Jeans einen kleinen Elasthan-Anteil, das gleiche gilt für Socken, was dem Tragekomfort und der Haltbarkeit geschuldet ist. Durch die Verwendung von recyceltem PET (aus Plastikflaschen oder Fischernetzen) haben wir auch die Möglichkeit, z.B. Jacken mit Funktion anzubieten.

Wie wichtig ist es Ihren Kunden, dass Sie nur Eco-Fashion führen?

In meinem Store wird nur dezent auf das Konzept hingewiesen, an den Schaufenstern und der Eingangstüre steht unaufdringlich „glore – your globally responsible fashion store“. Für mich ist es selbstverständlich, nur Dinge zu verkaufen, die fair und ökologisch produziert wurden. In diesem Rahmen möchte ich ein ansprechendes, hochwertiges Sortiment präsentieren. Wenn „unwissende“ Kunden den Laden betreten, weil sie von einem Artikel im Schaufenster angezogen wurden, freut mich das sehr. So können wir über Begehrlichkeit Menschen für nachhaltige Mode begeistern. Denn es gibt leider immer noch sehr viele Vorurteile gegenüber Ökomode. Neben unseren Stammkunden besuchen uns viele und immer neue Menschen, die nach ökologischer Mode suchen. Mittlerweile hat glore eine relativ hohe Bekanntheit als Anbieter von Eco-Fashion. Es kommen auch viele „Öko-Touristen“ aus Österreich und der Schweiz zu uns.

Welche Vorurteile gibt es denn?

Viele stellen sich unter Ökomode noch genau das vor, was es vor 20 Jahren war - und tun es deshalb ab. Sie kennen die aktuellen Ökolabels gar nicht oder haben sie nie als solche wahrgenommen. Obwohl sich seit meinem Start 2008 sehr viel getan hat, halten sich diese Vorurteile erstaunlich lange.

Und was hat sich seit den letzten Jahren verändert?

Zum einen hat sich das Angebot an Eco-Fashion wahnsinnig erweitert. Neue Materialien ermöglichen modischere Syles. Die Kunden sind sehr viel besser informiert. Ökologische Produkte sind bei vielen inzwischen auch zu Prestigeobjekten geworden. Wer wohlhabend ist, kauft im Biomarkt und vielleicht auch Öko-Fashion.

Wie finden Sie es, dass inzwischen immer mehr Marken und Händler auf Eco-Fashion setzen?

Als der zweite Green Fashion Store in München eröffnet wurde hatte ich Bedenken, dass der Markt eventuell noch zu klein sein könnte. Das hat sich zum Glück nicht bestätigt. Mittlerweile gibt es alleine in meinem Viertel fünf Läden mit ähnlicher Philosophie. Das hat den positiven Aspekt, dass es ein breites Angebot gibt und viele Menschen extra in unser Viertel kommen um Eco-Fashion zu finden.

Auch kommerzielle Labels lancieren Öko-Linien. Kommt so etwas für Sie infrage?

Nein, wir nehmen nur Labels auf, die den nachhaltigen Weg aus Überzeugung gehen und nicht, weil sie sich einen weiteren Absatzmarkt erhoffen.

Allerdings waren bei Nudie Jeans anfangs nicht alle Produkte öko. Ihre Philosophie war es, Stück für Stück besser zu werden und den Anteil an ökologischen Materialien immer weiter auszubauen. Auf faire Produktionsbedingungen wurde von Anfang an geachtet. Wir haben damals nur die ökologischen Produkte eingekauft, und unser Vertrauen in diese Marke wurde nicht enttäuscht.

Kritisch sehe ich Brands wie H&M, die zwar immer mehr ökologische Produkte anbieten und sich für Recycling einsetzen, was natürlich grundsätzlich gut ist. Oberflächlich betrachtet könnte sich der Konsument natürlich fragen, warum er mehr Geld für grüne Mode ausgeben soll wenn es vergleichbares auch bei H&M gibt. Genauer betrachtet wird zwar Bio-Baumwolle eingesetzt - H&M ist einer der größten Abnehmer, Weiterverarbeitung und Sozialstandards unterscheiden sich aber leider nicht von den konventionellen Produkten.

Auch sehr günstige Eco-Fashion-Labels sehe ich kritisch. Das Argument dafür ist natürlich, dass man durch günstige Preise mehr Menschen erreichen kann. Dagegen spricht, dass günstige Preise nicht zu einer Veränderung des Konsumverhaltens führen. Und das sehe ich als dringend erforderlich. Weg von beliebiger Masse, hin zu mehr Qualität und Wertschätzung.

Ein gängiges Argument gegen Eco-Fashion ist der hohe Preis. Trifft das auf Ihre Kunden zu?

Zuerst muss man sagen, dass der Preis – wenn man ein konventionelles Marken-Produkt in guter Qualität gegenüberstellt - meist gar nicht höher ist. Unsere Marken stecken wenig Geld in Werbung und Marketing, somit kann mehr in das Produkt – worauf es ja eigentlich auch ankommt – investiert werden. Wenn sich Kunden an Fast-Fashion Preisen orientieren erscheint ihnen Eco-Fashion natürlich teuer. Wenn man bedenkt, wie viel Arbeit und Ressourcen in nur einem T-Shirt stecken, müsste eigentlich jedem klar werden, dass diese Dumping-Preise nur auf Kosten von anderen Menschen, Tieren und der Umwelt erzielt werden können.

Ich sehe meine Aufgabe als Ladenbesitzerin auch darin, meine Kunden für Qualität statt Quantität zu begeistern. Ein Kleidungsstück, das mit viel Liebe aus hochwertigen Materialien von glücklichen Menschen hergestellt wurde, macht auch den Träger glücklich. Deshalb schlägt mein Herz für kleine Designerlabels, die am besten noch im eigenen Atelier fertigen. Das bedeutet natürlich höhere Preise, dafür bekommt man aber auch ein Lieblingsteil, das nicht jeder hat.

Was ist den Kunden denn wichtiger? Dass ökologische Kriterien erfüllt werden oder dass die sozialen Aspekte stimmen?

Viele Kunden sagen, Bio ist gut, aber die sozialen Aspekte sind ihnen wichtiger. Als ich meinen Laden eröffnet habe war es tatsächlich noch schwer, Labels zu finden, die beide Aspekte berücksichtigt haben. Mittlerweile gibt es das kaum mehr. Ökologie und soziale Aspekte gehören unbedingt zusammen. Was nützt eine faire Bezahlung wenn Arbeiter durch Pestizide oder Chemikalien krank werden oder sterben?

Hinter Eco-Fashion stehen immer auch Geschichten, die im Verkauf relevant sind. Wie arbeiten Sie Ihre Mitarbeiter ein?

Meine Mitarbeiterinnen sind alle keine gelernten Verkäuferinnen. Allen gemein ist das Interesse an nachhaltiger, zeitgemäßer Mode. Zwei davon waren Kundinnen. Die Einarbeitung dauert mittlerweile mindestens eine Woche, um das Wichtigste über Sortiment, Marken, Materialien, Herstellung und Modethemen zu wissen und die Abläufe im Laden zu kennen. Es ist mir sehr wichtig, dass auch meine Mitarbeiter unseren Kunden mehr zu den Hintergründen erzählen und sie dabei professionell und typgerecht beraten können.

Welche Ziele haben Sie noch mit glore?

Ich würde gerne noch einen zweiten Laden in einem anderen Viertel in München eröffnen. Den Onlineshop werden wir auch noch weiter ausbauen. Weitere Standorte werden folgen, aber alles zu seiner Zeit. Wir wollen nicht um jeden Preis wachsen, sondern nachhaltig.

Fotos: glore München/ Brigitte v. Puttkamer

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