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Einkauf: Nach welchen Kriterien werden Marken ausgewählt?

Von FashionUnited

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Einzelhandel

Unsplash

Da professionelle Einkäufer:innen viele Labels treffen, zahlreiche Messen besuchen und sehr viele Lookbooks durchblättern, sind sie es gewohnt, eine Modemarke zu analysieren. Einige sind besonders gut darin, junge Marken aufzuspüren, die zu großen internationalen Modelabels werden könnten. Wir haben uns mit ihnen getroffen, um die Frage zu beantworten, die sich der jungen Marken vor jeder Ordersaison stellt: Nach welchen Kriterien wählen Mode-Buyer die Marken aus, die sie ordern?

DIE AUTOREN

Florent Tamisier, Associate Director Mars Branding

Julie Le Gall, Associate Director Mars Branding

Verstand oder Herz?

Birdy ist ein eigenes kleines Universum des gehobenen Geschmacks. Alexandra Makowski, die sieben Designer-Juweliergeschäfte in Paris besitzt, setzt auf einen Bohème-Chic, den sie mit den Möbeln und Labels nach ihrem eigenen Stil auswählt. Besonders sucht sie Labels, die sie zum Träumen bringen und ihr Universum bereichern.

Alexadra Makowski: „Es muss mir gefallen. Die Idee ist, dass jedes Schmuckstück, das bei Birdy reinkommt, mir gefallen muss und ich es selbst tragen möchte. Ich mag den Boho-Chic, ich mag Steine, was sie erzählen und was sie ausstrahlen. Eine Marke, die vergoldeten Schmuck verkauft oder keine Steine anbietet, ist für mich nicht interessant, sie wird mir nicht gefallen, sie muss zum Konzept meiner Boutique passen.“

Eine Ansicht, die von Roman Martinez vom Concept Store Gloriette und der Boutique Roman Prat im französischen Caen geteilt wird, der die Emotionen über alles stellt. Er erinnert uns auch daran, dass diese Emotionen mit einem gewissen Gleichgewicht innerhalb des Markenportfolios verbunden sein müssen: „Wenn es mir gefällt, dann frage ich mich, ob es etwas ähnelt, was ich bereits in meinem Geschäft habe, ob es etwas Neues bringt, und ob es eine Emotion bei meiner Kundschaft auslösen wird. Das ist immer noch sehr persönlich. Zuerst kommt das Herz, dann der Verstand und dann der Bestand.“



„Zuerst kommt das Herz, dann der Verstand und dann der Bestand.“

– Roman Martinez vom Concept Store Gloriette und der Boutique Roman Prat in Caen


Bei Printemps.com, der E-Commerce-Plattform des Pariser Kaufhauses, ist die Antwort ebenso strategisch wie poetisch. Anissa Draa, Einkäuferin für Damenbekleidung, will Marken wachsen lassen und dafür brauchen sie Platz.

„Man fragt sich, welche Zielgruppe diese Marke ansprechen wird, oder ob es ihr gelingen wird, in der bereits bestehenden Umgebung zu gedeihen“, sagt Anissa Draa. Ich spreche oft von einem Blumenstrauß und letztendlich wird jede Marke gepflückt, um in eine Komposition aufgenommen zu werden. Sie muss den Platz haben, um zu blühen und sich zu entfalten. Wenn es bereits eine oder zwei Marken gibt, die die gleiche Zielgruppe ansprechen oder die gleichen Produkte anbieten, wird diese junge Marke nicht die Chance haben, sich dem Abenteuer anzuschließen. Aus diesem Grund ist unsere Kuratierungsarbeit sehr stark und wir suchen bei den Marken, die jetzt zu uns stoßen, nach der Einzigartigkeit.“



„Ich spreche oft von einem Blumenstrauß, denn letztendlich pflücken wir jede Marke, um sie in eine Komposition einzubinden.“

Anissa Draa, Einkäuferin für Damenbekleidung, Le Printemps.com


Die Blumen-Metapher macht es sehr anschaulich, dass eine gute Kuratierung im Einzelhandel äußerst wichtig ist, denn sie dient sowohl den Marken als auch dem Umsatz. Sie ermöglicht es den Marken, zu gedeihen und nicht einzugehen, um das zu vermeiden, was allgemein als Kannibalisierung bezeichnet wird. Dank ihr bleibt der Laden kohärent, dynamisch, verständlich oder wird einzigartig wie das Juweliergeschäft Mad Lords.

Der in Paris, Deauville und Saint-Tropez vertretene Serge Muller erzählt uns von seinen Favoriten, aber seine präzisen und kompromisslosen Worte zeugen von den Anforderungen seiner Auswahl. „Die Liebe zum Produkt ist wichtig. Die Liebe zu den Designs ist wichtig, wir treffen uns mit allen Kreativen, mit denen wir zusammenarbeiten. Die Materialien sind wichtig, wir lehnen alles ab, was nicht aus Gold oder Silber ist. Die Qualität der Steine, die Tatsache, dass sie natürlich sind. Und dann die absolute Forderung, dass es keine Plagiate gibt. So verteidigen wir die Kreativität und können die Designer:innen am Point of Sale verteidigen.“

Das Herz, die Emotion, der erste Eindruck – sie sprechen vom Kauf wie von einer Liebesgeschichte und sie haben Recht. Nach dem Kauf wird die Marke erst Monate später am Point of Sale präsent sein, dann ist die Kundschaft an der Reihe, sich ein Urteil zu fällen und sie in ihre eigene Welt zu integrieren.

Anspruchsvolle Auswahlkriterien können dazu dienen, den elitären Charakter einer Verkaufsstelle wie bei Mad Lords zu bewahren, aber auch ein Umdenken zu bewirken, wie beim Team von We Dress Fair, das seine Lieferanten buchstäblich fast wissenschaftlich durchleuchtet.

„Wir achten auf drei Dinge“, erklärt uns Marie N'Guyen in ihrem umweltfreundlichen Geschäft in Lyon. Erstens sind es die Rohstoffe. Bei uns wird ein Produkt nur dann aufgenommen, wenn mehr als 90 Prozent des Endmaterials aus umweltfreundlichen Materialien besteht. Beispielsweise Bio-Baumwolle, Tencel, Leinen oder Hanf. Zweitens, da wir nicht „produktspezifisch“ sind, wählen wir Marken aus, die sich in ihrer gesamten Produktionskette und bei mindestens 75 Prozent ihrer Produkte diesem Ansatz verpflichtet haben. Wir schauen uns wirklich die gesamte Marke an, was ihr Aktionsplan ist, bei wie vielen Produkten sie ihre Rohstoffe geändert hat und erst dann wählen wir die Produkte aus. Wir fragen auch nach dem Nachweis von Labels, der Rückverfolgbarkeit von Fabriken und dem Namen dieser Fabriken. Es gibt nicht viele Marken, die unsere Kriterien erfüllen, aber unser Ziel ist es, den Markt weiterzuentwickeln.“

Von künstlerischen und persönlichen Vorlieben bis hin zu ökologisch verantwortungsvollen Spezifikationen – die Auswahlkriterien im Einkauf sind zahlreich und doch sehr ähnlich. Ein Rat alle im Einzelhandel und an junge Designschaffende, die sich auf das große Abenteuer Wholesale einlassen: wie in diesem Artikel besteht der erste Schritt, Einkäufer:innen zu überzeugen, darin, sich für die jeweilige Vision von Mode und die Auswahl der jeweiligen Verkaufsstelle zu interessieren.

ÜBER DIE AUTOREN
Wholesale Is Not Dead ist ein Podcast, der den Entwicklungen im Handel mit Modemarken gewidmet ist. Der Podcast lädt unabhängige Einzelhändler:innen, Franchises, Kaufhäuser, Concept Stores und andere Marktteilnehmende ein, ihre Erfahrungen zu teilen.

Dieser Podcast ist eine Kreation der digitalen Kommunikationsagentur Mars Branding, die von Julie Le Gall und Florent Tamisier geleitet wird. Weitere Informationen: Finden Sie hier

Dieser Artikel wurde zuvor auf FashionUnited.fr veröffentlicht. Übersetzung und Bearbeitung: Barbara Russ

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