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E-Commerce in Deutschland: Was zeichnet den deutschen Online-Shopper aus?

Von Simone Preuss

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Einzelhandel

Deutschland verzeichnete 2019 ein Rekordjahr, was den E-Commerce anging. Anbieter, die ihre Kunden über verschiedene Kanäle bedienten, verzeichneten besonders verstärkte Umsätze. Als fünftgrößter E-Commerce-Markt der Welt und der zweitgrößte in Europa ist Deutschland attraktiv für ausländische Anbieter, hat aber seine lokalen Eigenheiten, die jeder Neueinsteiger beachten sollte. Und wie hat die Corona-Krise den E-Commerce-Markt in Deutschland beeinflusst? FashionUnited hat deutsche Online-Shopper und ihre Gewohnheiten genauer untersucht.

Laut Eurostat sollen im Jahr 2020 95 Prozent der deutschen Bevölkerung das Internet benutzen - eine stolze Leistung, wenn man bedenkt, dass fast ein Viertel aller Deutschen über 65 Jahre alt, also im Rentenalter ist. Genau dieser Bevölkerungsanteil hat während der Corona-Pandemie den Online-Einkauf für sich entdeckt, der es ihm erlaubte, das Haus nicht verlasse zu müssen. 84 Prozent der 82,4 Millionen Deutschen kauften bereits vorher im Internet ein, wobei es keinen Geschlechterunterschied gibt. Angesichts eines Bruttoinlandsprodukts, das im letzten Jahr laut dem Internationalen Währungsfonds 3,466 Billionen Euro erreichte, keine schlechte Ausgangslage für den Onlinehandel.

Deutsche lieben deutsche Seiten und Bankeinzug

Einsteiger aus dem Ausland sollten aber besonders zwei Eigenheiten des deutschen Marktes beachten, bevor sie hier einsteigen: Zum einen bevorzugen deutsche Online-Shopper Seiten, die sie in ihrer Muttersprache ansprechen und eine .de-Domäne haben; zum anderen sind die Zahlung per Nachnahme und der Bankeinzug besonders beliebt. Andererseits hat die Corona-Pandemie beide Präferenzen untermauert: Deutsche Onlinekäufer ziehen jetzt auch nicht-deutsche Seiten in Erwägung und gewöhnen sich an andere, schnellere Zahlungsarten.

Ausländische Online-Einsteiger sollten auch bedenken, dass die Deutschen an schnelle, effiziente Lieferungen gewöhnt sind (10 Prozent erwarten, einen bestellten Artikel noch am gleichen Tag in der Hand zu halten und wählen die Expresslieferung) - Deutschland ist die Nummer Eins im Logistics Performance Index - und dass sie das Risiko auf die Händler abwälzen, was die Zahlung angeht: Durch die Zahlung per Rechnung ist es für deutsche Kunden möglich, eine Onlinebestellung abzuschließen, ohne Zahlungsinformationen anzugeben, nur ihren Namen und ihre Adresse.

Schnelle Lieferung, hohe Retouren

Das heißt, wenn deutsche Kunden ihre Artikel in der Hand halten und die Entscheidung treffen, ob sie sie behalten wollen oder nicht, haben sie noch keinen Cent bezahlt. Dies hat zu einer hohen Retourenrate von 32 Prozent beziehungsweise 17 Prozent gerade bei Bekleidung und Schuhen geführt, der beliebtesten Kategorie bei Bestellungen über das Smartphone. Diese Ausgangslage hat bis jetzt auch viele kleine stationäre Händler in Deutschland davon abgehalten, einen Onlineshop anzubieten - zwei Drittel von ihnen haben keinen, so der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland.

„Mode und Bekleidung, Elektronik und Bücher treiben den deutschen E-Commerce an und dank der fortschrittlichen Logistik-Infrastruktur des Landes werden fast alle Einkäufe nach Hause geliefert. Dies, zusammen mit einer Bevorzugung der Bezahlung nach Erhalt statt im voraus, hat zu hohen Retourenquoten geführt, eine kostspielige Ergänzung zum E-Commerce-Betrieb, die den Markt in mancher Hinsicht zurückgehalten hat“, findet RetailX-CEO Ian Jindal. Er führt aber auch an, dass die Corona-Krise dies schnell ändert.

Smartphone holt auf

Auch wenn 58 Prozent der Online-Shopper laut dem „Germany 2020“ E-Commerce Länderbericht von RetailX in Partnerschaft mit Tealium angaben, in den letzten 12 Monaten über ihren Laptop eingekauft zu haben, so holt das Smartphone mit 49 Prozent doch rapide auf. 26 Prozent haben über ein Tablet, 3 Prozent sogar über einen Smart Speaker und 2 Prozent von einem Streaming-Gerät eingekauft. 29 Prozent der deutschen Online-Shopper kaufen übrigens einmal pro Woche ein, 30 Prozent alle zwei Wochen und weitere 30 Prozent zumindest einmal im Monat.

Die Ausgaben haben sich dabei laut RetailX im Jahresvergleich mehr als verdoppelt: von 669 Euro pro Online-Shopper im Jahr 2015 auf 1.444 Euro im Jahr 2019. Bei den von Onlinehändlern angebotenen Zahlungsmethoden liegen Überweisungen mit 92 Prozent weit vorn, gefolgt von der Zahlung auf Rechnung (81 Prozent), Vorauszahlung (73 Prozent), Bargeld oder andere Zahlung bei Abholung (55 Prozent), Online-Überweisung (14 Prozent), E-Wallets (13 Prozent) oder Zahlung über das Smartphone (6 Prozent; laut einer Zusammenstellung von Statista, der EOS Gruppe und TNS Ilres).

Bei der Entscheidung für den Online-Einkauf steht die Bequemlichkeit der Lieferung nach Hause an erster Stelle, dicht gefolgt von der Verfügbarkeit rund um die Uhr, dem bequemeren Einkauf, günstigeren Preisen, einem besseren Angebot, besseren Vergleichsmöglichkeiten, einem ungestörten Einkaufsvorgang, mehr Produktinformationen und einer generellen Präferenz des Online-Shoppings, so der Statista Global Consumer Survey.

Was machen deutsche Nutzer im Internet?

Wenn es darum geht, deutsche Kunden anzusprechen, während sie Zeit im Internet verbringen, ist es interessant zu wissen, wie sie es nutzen: Während ein Großteil (92,6 Prozent) Suchmaschinen benutzt, steht auch der E-Mail-Verkehr ganz oben (86,2 Prozent), danach das Wetter (72,6 Prozent), Nachrichten aus aller Welt (72 Prozent) und Online-Shopping bereits an fünfter Stelle (69,5 Prozent).

Regional- oder Lokalnachrichten stehen an sechster Stelle (64,5 Prozent), gefolgt von Online-Banking (60,5 Prozent). Über die Hälfte deutscher Internetnutzer besuchen Chats oder Messenger (56,4 Prozent), soziale Netzwerke (51,9 Prozent) oder schauen Filme und Videos online (51,3 Prozent; Quelle: Statista, AGOF).

Weniger Spontankäufe, kaum Laden-Nostalgie

Die Deutschen planen, was sie kaufen: Fast drei Viertel (71 Prozent) der im Statista Global Consumer Survey Befragten gaben an, sich vor einer großen Ausgabe immer erst im Internet zu informieren und mehr als die Hälfte (57 Prozent) finden Kundenbewertungen „sehr hilfreich“. Gut ein Viertel (26 Prozent) tätigt regelmäßige Käufe direkt vom Smartphone oder Tablet, während ein Viertel (25 Prozent) dies auch für die Informationssuche oder neue, große Ausgaben nutzt.

Das Erlebnis im Laden vermissen Online-Shopper dabei wenig: Nur auf 13 Prozent traf dies zu. Fast ein Viertel (31 Prozent) wollen jedoch einen Artikel sehen, bevor sie ihn kaufen. Dies ist jedoch in Deutschland auch beim Online-Einkauf durch die oben beschriebene Zahlungsmethode nach Erhalt möglich. Ob sich dieses Verhältnis weiter verringern wird, bleibt abzuwarten.

Wie sieht die Zukunft des deutschen E-Commerce aus?

„Der Lockdown hat bereits zu einem starken Wachstum im E-Commerce-Bereich geführt und kurzfristig wird es aufgrund der Transportwege und einer steigenden Nachfrage nach alltäglichen Produkten einen Trend zu lokalen und nationalen Anbietern geben. Die Kaufentscheidungen der Verbraucher werden jedoch nach wie vor von ihrer Erfahrung, Vertrauen und Preis dominiert werden. Auch wenn die Kaufkraft deutscher Verbraucher stark betroffen ist, werden viele lokale und nationale Produkte kaufen, um die Wirtschaft anzukurbeln. Online-Marktplätze werden ihren Aufstieg fortsetzen, was auch kleineren Unternehmen zu Gute kommen kann“, schätzt Miki Müller, Managing Director, DACH EE bei Tealium, die Lage ein.

Abschließend gibt Müller zu bedenken, dass die Sicherheit ihrer Daten für deutsche Online-Shopper sehr wichtig ist: „Ein wichtiges Thema sind jedoch die Sicherheitsbedenken im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten. Auch Personalisierung und Datensicherheit hat für alle Einzelhändler oberste Priorität.“

Foto 1: Stringer Imaginechina via AFP; Foto 2 & Grafiken: „Germany 2020“ Bericht / RetailX

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