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Digital oder analog: Welche Technologien braucht der stationäre Modehandel?

Von FashionUnited

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Einzelhandel

Givenchy-Store in Los Angeles Bild: Givenchy

Ob der Quadratmeter tatsächlich den Umsatz bringt, den hartgesottene Sales-Verantwortliche im Retail erwarten? Vermutlich nicht. Macht aber nichts. Denn der stationäre Handel verschmilzt mit dem Online-Handel und die Aufgabe der Geschäfte ist eine andere geworden. Sie sind nicht mehr (nur) für den Abverkauf verantwortlich, sondern bedienen den Bedarf nach Convenience und Destination.

Der Bershka-Store in Mailand macht es vor: Technologie und Digitales im physischen Retail – das geht. 'Click&Collect'-Stationen im Schaufenster, Optionen für den Self-Check-Out (SCO), Retourenabgaben prominent im Store und Möglichkeiten für Influencer:innen, Content zu produzieren und damit als Vervielfältiger:innen zu agieren.

Convenience

Online bestellen erscheint oft das leichteste. Doch fehlgeleitete Paketzustellungen, Verspätungen, falsche Größen und Retouren machen auch hier den Einkauf aufwändig und zeitintensiv. Einfach zugängliche 'Click&Collect'-Terminals sowie Retouren-Stationen direkt im Store können den Prozess erleichtern. Voraussetzung: Sie stören den Fluss der Kund:innen im Laden nicht und fügen sich in das Gesamtbild ein. Zudem wird Kund:innen auch widergespiegelt, dass 'Pain Points' im Laden wahrgenommen werden – zum Beispiel lange Warteschlangen an den Kassen, die durch Self- Check-Out umgangen werden können.

Self Check-Out im Stradivarius-Store in Stuttgart. Bild: Inditex

Buchbare Umkleiden, interaktive Spiegel, die Farbvariationen sowie Kombinationsvorschläge präsentieren können sowie die einfache Bestellung dieser weiteren Teile ohne dass man die Kabine verlassen muss, sind weitere technische Integrationen, die die Convenience im Store erhöhen und dadurch für viele Zielgruppen attraktiver werden. Denn am Ende ist das gewünschte Ergebnis nur eines: Mit wenig Aufwand das perfekte Outfit bekommen. Und für die Marke und den Handel: So viel wie möglich verkaufen und einen erneuten Besuch für den nächsten Einkauf sicherstellen. Technik im Store ermöglicht es – egal, ob der tatsächliche Kauf dann online oder offline erfolgt. Daher ist die Verwendung von technischen Schnittstellen zum Online-Outlet der Marke gerade für große Ketten ein Muss.

Destination

Wenn Online- und physischer Retail nahtlos im Backend miteinander verknüpft sind, ist der Abverkauf pro Quadratmeter nicht mehr ausschlaggebend. Der Store soll der 'Place of Experience' sein, dort wo die Brand erlebt wird – Transaktionen hingegen können und sollen online erfolgen, gerne mit Schnittstellen vor Ort. Der Store soll ein einzigartiges Erlebnis bieten, einen Ort, der mehrmaligen Besuch lohnenswert macht. Doch noch wichtiger: Er soll den Käufer:innen ein Gemeinschaftsgefühl vermitteln, das Gefühl, Teil einer Gruppe von Gleichgesinnten zu sein. Anreiz hierfür kann mannigfaltiger Art und Weise sein. Im Groben kann man diese jedoch in drei Fokus-Kategorien einteilen: Event, Instagrammable und Community.

Adidas' Pop-up-Store „Laundromat“ in Berlin Bild: Adidas

Wenn der Store zum zentralen Hub der Brandcommunity werden soll, macht es Sinn, hier ein zielgruppenspezifisches Programm zu erstellen – von regelmäßigen Events über wechselnde inhaltliche Kampagnen und Möglichkeiten sich untereinander zu connecten bis hin zu Memberships, die spezielle Vorteile bieten – online und vor Ort.

Zum anderen werden Stores attraktiv, wenn sie Außergewöhnliches bieten - entweder zum direkten Teilen auf den sozialen Kanälen oder durch die Möglichkeit, sich für Content in Szene zu setzen. Die Zielgruppe agiert als Vervielfältiger und macht die Location nochmals attraktiver für die jeweilige Peer Group. Design, Gamification, oder eben Technik machen es möglich. Gerade der Bershka-Store mit seinem prominent angelegten 'Click&Collect'-Tower, dem bolden Design und den großzügig angelegten Umkleiden. Gerade letztere bieten viel Platz zur Selbstinszenierung – wechselnde Licht- und Musikstimmungen, Platz für den engsten Freund:innenkreis, genug Platz, um zu posen. Umkleiden ist hier kein lästiges Muss, sondern wird zelebriert. Eine Aktivität, die man im Vorhinein plant und genießt. Der Store ist nicht länger ein Transaktionsraum, sondern schafft Emotionen und Erlebnisse.

"We The Best x Snipes"-Store mit integriertem Musikstudio Bild: Snipes

In Asien und im Mittleren Osten werden totgesagte Malls erneut zu Destinations für die jüngere Generation. Durch digitale Zwillinge der Gebäude können Zielgruppen, die mit dem Mobile-Game Pokémon-Go vertraut sind – wo Spieler:innen in der realen Welt unterwegs sind, um digitale Erlebnisse an bestimmten physischen Orten zu erleben – Goodies einsammeln und durch verschiedene Anreize in unterschiedlichen Läden gelotst werden. Technik die begeistert – quer durch alle Zielgruppen.

Braucht das jeder Laden?

Nicht jeder Laden kann, soll und muss sämtliche technischen Möglichkeiten ausschöpfen. Ganz im Gegenteil. Bold formuliert: Je kleiner der Laden, desto weniger Technik rentiert sich. Gerade Boutiquen profilieren sich durch ihre Kurationsleistung, durch die Ansprache einer spezifischen Zielgruppe, die genau diese Leistung sucht und honoriert. Click&Collect und Self-Checkout sind hier weniger gewünscht als mehr Kuration und persönliche Kund:innenbindung. Zumal hier meist auch weniger Platz zur Verfügung steht als in den großen High-Street-Ketten.

Was jedoch für die meisten gilt: Technik sollte soweit integriert werden, dass es die Erwartung und Bedürfnisse der Kund:innen trifft und – am Besten – übertrifft. Vom einfachen Newsletter, um die Community einzuladen und auf die Kurationsleistung aufmerksam zu machen bis hin zum interaktiven Spiegel – Möglichkeiten gibt es genug. Die Entscheidung obliegt jeder Brand selbst.

Über den Autor

Torsten Dietz ist Managing Director bei Liganova, einer führenden Unternehmensgruppe für wirkungsvolle Marken- und Retailerlebnisse von der Idee bis zur Umsetzung – physisch, digital und virtuell. Er verantwortet die Bereiche Global Retail Campaigns & Sustainability Solutions und damit die Themen Retail Transformation, Innovative POS-Solutions, International Production und Sustainability Transformation. Mit über zehn Jahren Erfahrung im internationalen Handelsmarketing und einem ausgeprägten Gespür für die sich wandelnde Retail-Landschaft konzentriert er sich auf die Entwicklung nachhaltiger Konzepte für Liganovas Kundschaft – globale Premium-Brands aus den Bereichen Lifestyle, Sportartikel, Automotive, Luxury, Fashion und Retail.

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