Wissensrecycling in der Mode: “Das ist einfach eine spannende Welt”
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Was passiert eigentlich mit all dem Wissen über die Modebranche, wenn sich beispielsweise Designer aus dem Geschäft zurückziehen? – Das Wissen wird an die nachfolgende Generation von Designern weitergegeben! FashionUnited wollte natürlich auch etwas von diesem Wissen erfahren und hat sich an den deutschen Universitäten und Hochschulen umgehört, um sich von Professoren, die für große Labels tätig waren, etwas über den Alltag in der Modebranche und die Gründe für den Austritt erzählen zu lassen.
Einen weiteren Fund machte FashionUnited in Heilbronn an der DHBW-Heilbronn, wo Oliver Janz als Studiengangsleiter für den Studiengang Textilmanagement tätig ist. Außerdem berät er Unternehmen der Modebranche in den Themenfeldern E-Commerce, Merchandise Management und Retail Expansion. Um jedoch genügend Wissen zu sammeln, um diese beiden Jobs erfolgreich zu meistern, durchlief Oliver Janz einige Stationen in der Modebranche. Unter anderem war er bei KarstadtQuelle und bei Hugo Boss, worüber er FashionUnited im Interview mehr erzählte.Herr Janz, wie sind Sie zur Mode gekommen?
Ja, also, bei mir war das nicht so wie vielleicht bei vielen anderen, die
vielleicht schon früh von einer Karriere in der Modebranche träumten. Ich
habe zuerst in Mannheim BWL studiert. Und mein erster Job nach dem Studium
hatte zunächst gar nichts mit Mode zu tun, sondern mit Eiskrem. Dann habe
ich mich entschieden zu promovieren, und zwar im Bereich Logistik. Ein Job
als Vorstandsassistent bei KarstadtQuelle brachte mich dann in die Nähe der
Mode.
Wie entwickelte sich dann die Leidenschaft für die Mode? Gab es
einen konkreten Aha-Moment?
Einen konkreten Moment gab es nicht, die Leidenschaft entstand über die
Jahre. Natürlich ziehe ich mich gerne gut an, aber die eigentliche
Leidenschaft liegt für mich im Geschäft der Mode – wie wird Mode designt,
entwickelt, produziert und vor allem verkauft? Ich habe eine Leidenschaft
entwickelt für den Modehandel, da er ganz anders ist als der Handel in
anderen Branchen. Die Sortimente sind viel breiter und tiefer und wechseln
schneller. Darüber hinaus gibt es eine große Vielfalt interessanter
Geschäftsmodelle, die alle einem laufenden Wandel unterliegen. Das ist
einfach eine spannende Welt. Das ist es, was mir an der Mode besonders
gefällt.
Wie verlief Ihr Einstieg ins Berufsleben?
Über KarstadtQuelle. Als Vorstandsassistent durfte ich viele Bereiche
kennenlernen - vom Sourcing zum Pricing und zur Sortimentsgestaltung bis
hin zur Flächengestaltung und Standortbewertung, das war für mich wirklich
prägend. Es war sehr interessant aus dieser Perspektive die großen
Zusammenhänge kennenzulernen und zu erleben. Darauf lege ich auch bei der
Ausbildung unserer Studierenden viel Wert. Die Anstellung war damals ein
Glücksfall für mich, ich habe sehr viel gelernt.
Was war Ihre prägendste Anstellung und was waren Ihre
Aufgaben?
Neben Karstadt war vor allem meine Anstellung bei Hugo Boss prägend. Als
Director Global Retail durfte ich die Weiterentwicklung der eigenen
Retailaktivitäten betreuen. Es ging dabei hauptsächlich um die Themen
Expansion, Operations, Retail-Controlling, die Einführung neuer Systeme und
den Aufbau des Online-Shops. Die Aufgaben zeigen, wie vielfältig die Mode
und der Modehandel sein können. Besonders gut haben mir bei Boss die
positive Firmenkultur und die Internationalität der Aufgaben gefallen. Man
war offen für Neues und hat sich nicht gescheut zu experimentieren und
Dinge einfach umzusetzen.
Wie sind Sie zu Hugo Boss gekommen?
Ich hatte eine Bekannte bei Hugo Boss, die mir empfohlen hat, mich einfach
initiativ im Retail-Bereich bei Boss zu bewerben. Ich hatte Glück, denn
meine spätere Stelle wurde zu diesem Zeitpunkt gerade frei. Ich war zur
richtigen Zeit an der richtigen Stelle. Das ist auch mein Tipp für Leute in
der Branche. Versucht es einfach, auch wenn eure Traumstelle gerade nicht
ausgeschrieben ist.
Wollten Sie zu Hugo Boss, weil es ein Modeunternehmen war?
Ja, das schon. Bei Karstadt hatte ich ja den Modebereich kennengelernt und
fand ihn spannend. Der Hauptgrund bestand aber darin, dass Boss seine
eigenen Handelsaktivitäten ausbauen wollte. Die Kombination aus beidem,
Mode und Handel passte für mich perfekt.
Natürlich macht es auch Spass, schöne Dinge zu verkaufen, Produkte, für die
man sich begeistern kann. Es ist eben eine tolle Branche, gerade auch, weil
sie sich so stark wandelt.
Wie kamen Sie dann an die Hochschule?
Ich habe schon während meiner Promotion Vorlesungen gehalten – das hat mir
damals schon Spaß gemacht und ich hatte immer vor, es später einmal
auszuweiten. Wie es dann wirklich dazu kam, ist ein halber Zufall: Nach
meiner Zeit bei Hugo Boss war ich Partner in einer Unternehmensberatung. Da
habe ich schon Ausschau gehalten, welche interessanten Möglichkeiten es
gibt, in die Lehre beziehungsweise an die Hochschule zu gehen. Den
Ausschlag hat dann der neue Campus der DHBW in Heilbronn gegeben.
Schließlich kommt die Eröffnung neuer Hochschulstandorte in Deutschland
nicht so oft vor. Dann war es auch noch eine duale Hochschule - ich war
schon immer ein Freund der Praxisorientierung und des dualen Systems.
Nachdem klar war, dass in Heilbronn die Möglichkeit besteht einen
Studiengang zum Thema Mode aufzubauen war die Entscheidung für mich klar.
Jetzt bin ich seit vier Jahren hier und habe es keine Sekunde bereut. In
den ersten Jahren ging es darum den Standort mit bestehenden Studiengängen
aufzubauen. Mittlerweile haben wir über 1000 Studierende. Das
Studienangebot Textilmanagement gibt es seit letztem Jahr.
Außerdem schätze ich, dass ich mit Mode und Beratung weitermachen kann. Ich
habe nicht jeden Tag Vorlesungen, sondern kann auch Beratungsprojekte und
Veröffentlichungen angehen.
Haben die Studierenden Ihres Studiengangs bereits praktische
Erfahrungen und wie verändert sich ihre Sichtweise der Modebranche zu
Beginn und am Ende des Studiums?
Da wir den Studiengang erst seit letztem Jahr anbieten befinden sich die
ältesten Studierenden aus der Modebranche erst im 2. Semester. Generell
kann ich aber sagen, dass einer der schönsten Momente in meinem Job die
Übergabe der Abschlusszeugnisse ist. Es ist schön zu sehen, wie die
Absolventen sich im Laufe des Studiums entwickeln und in ihrer
Persönlichkeit wachsen. Wie sie vom Schüler zur Nachwuchsführungskraft
werden, denn viele unserer Absolventen übernehmen bereits direkt nach dem
Studium Führungsverantwortung. Darauf bereiten wir sie gemeinsam mit
unseren Partnerunternehmen vor.
Was ist das Wichtigste, das Sie Ihren Studierenden mit auf den
Weg geben?
Die Modebranche ist eine sehr dynamische Branche, die sich ständig
weiterentwickelt und verändert. Mir ist besonders wichtig, dass unsere
Absolventen die Zusammenhänge verstehen und offen sind für Neues. Für neue
Technologien ebenso wie für neue Märkte, Geschäftsmodelle und Prozesse. Es
freut mich sehr, wenn ich sehe, dass meine Studierenden Bestehendes mit
Sachverstand in Frage stellen und sich eine eigne Meinung bilden. Und ich
wünsche ihnen für die Zukunft, dass sie neue Wege nicht nur finden, sondern
auch den Mut aufbringen, sie zu gehen.