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WM-Kollektionen: Wenn Modegeschäft und Fußball sich in Russland treffen

Von Weixin Zha

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Mode |HINTERGRUND

Wo Sport und Kommerz aufeinandertreffen, ist auch die Mode nicht fern. Dank dem Athleisure-Trend bleibt Sportswear einer der erfolgreichsten Bekleidungssegmente, und bei der Fußballweltmeisterschaft in Russland vermischt sich dazu ein Elf-Milliarden-Dollar-Spektakel mit Nationalstolz, Folklore und viel Sowjet-Ästhetik.

Schon lange geht es nicht mehr nur um Trikotverkäufe . Zur diesjährigen WM in Russland haben sich Adidas und Nike mit internationalen Design-Sternchen zusammengetan, während manch globale Luxusmarke sich mit sportlich offensichtlichen Elementen zufrieden gab. Und auch lokale Stores und Labels wollen bei dieser Weltmeisterschaft mitmischen.

Die Offensichtlichen

Fotos: Louis Vuitton | Klicken Sie durch die Slideshow um mehr zu erfahren.

Was könnte eine französische Luxusmarke wie Louis Vuitton modisch zu einer Fußball-Weltmeisterschaft beitragen? Die Antwort liegt so nah wie wohl kreativ fern: Das hauseigene Epi-Leder erhielt eine Fußball-Prägung, farblich orientieren sich die exklusiv zur WM kreierten Taschen der Modelle Keepall und Apollo an der russischen Nationalflagge. Louis Vuitton, die namensgebende Marke des französischen Luxuskonzerns LVMH, kooperiert bereits seit 2010 mit dem internationalen Fußballverband FIFA und fertigt seitdem auch den Kasten, in dem die goldene Sieger-Trophäe transportiert wird.

Ebenso unmittelbar bediente sich Furla der russischen Folklore. Farbenfrohe Matrjoschkas zieren die Taschen-Kollektion des italienischen Lederwarenstellers, die pünktlich zum World Cup zum Verkauf steht.

Foto: Furla

Hinter den offensichtlichen Bemühungen dieser Marken um die Gunst der Konsumenten liegen handfeste Umsatzerwartungen. Nach einer zweijährigen Flaute, die auch durch die Wirtschaftssanktionen gegen das Land ausgelöst wurde, erholte sich der Luxusgütermarkt in Russland im vergangenen Jahr. Das Wachstum in diesem Segment könnte sich laut einer Studie des Beratungsunternehmens Deloitte auch dieses Jahr mit der steigenden Kaufkraft in der Mittelschicht fortsetzen. Die Fußballweltmeisterschaft soll außerdem rund eine halbe Millionen internationale Besucher nach Russland bringen, die im Durchschnitt 5000 bis 8000 Dollar ausgeben werden, schätzt Anna Lebsak-Kleimans, Geschäftsführerin der Fashion Consulting Group in Russland, in einem Gastbeitrag.

Sowjet Street Chic und große Namen

Über die kommenden fünf Jahre könnte die Weltmeisterschaft das russische Bruttoinlandsprodukt um bis zu 210 Milliarden Rubel (3,4 Milliarden Dollar) jährlich steigern, prognostiziert das Olympische Komitee in Russland. Das ruft natürlich auch die großen internationalen Sportkonzerne auf das Feld.

Neben den Sponsoring-Ausgaben in zweistelliger Millionenhöhe für Nationalmannschaften, wie die von Frankreich und Brasilien, legt sich der US-Sportkonzern Nike Inc. auch modemäßig mächtig ins Zeug um gerade bei den jüngeren Konsumenten, und auch gerade in Russland, vorne mitzuspielen. Für seine WM-Kapsel gewann Nike Virgil Abloh von Off-White und Kim Jones. Beide Designer verbanden Streetwear und hochpreisige Mode, beide betreten ihre nächste Karrierestufe auf der kommenden Pariser Modewoche, die zeitgleich zur Fußball-Weltmeisterschaft stattfindet. Kim Jones wird seine erste Herren-Kollektion für Dior präsentieren, und Virgil Abloh als Nachfolger von Jones seine Premiere bei Louis Vuitton feiern.

WM-Kollektionen: Wenn Modegeschäft und Fußball sich in Russland treffen

Fotos: Nike x Off White "Football, mon amour" | Bewegen Sie Ihre Maus über das Bild um mehr zu entdecken.

“Junge Russen, vor allem Frauen, werden die Haupt-Konsumentengruppe sein, die das Gesamt-Wachstum bei der Sportbekleidung vorantreiben“, erwarten die Analysten des Marktforschungsunternehmens Euromonitor International. Die FIFA Weltmeisterschaft “wird voraussichtlich die Begeisterung unter den lokalen Konsumenten für unterschiedliche Sportarten steigern und zu einer höheren Nachfrage für Sportswear führen”, heißt es in einem Kommentar.

Nike’s Konkurrent Adidas AG stattet die deutsche Nationalelf und weitere Mannschaften aus, damit liefern sich die beiden Sportkonzerne ein enges Rennen darum, wessen Logo das Weltmeister-Trikot schmücken wird. Auch wenn Nike im weltweiten Sportartikel-Markt vor Adidas liegt, befindet sich der US-Konzern mit einem Marktanteil von 5,4 Prozent in Russland hinter den 8 Prozent von Platzhirsch Adidas, wie Daten von Euromonitor International zeigen.

Adidas setzt denn auch viel daran seine Position zu verteidigen, nicht zuletzt mit seiner WM-Kapsel des russischen Designer Gosha Rubchinskiy, dessen Name oft mit dem angesagten Sowjet-Chic in der Streetwear zusammenfällt. Die Kollektion kann man seit Beginn der Fußball-WM am Donnerstag bei KM20, Kuznetsky Most 20, in Moskau kaufen. Der Concept-Store führte Rubchinskiy schon seit Anbeginn und bewegt sich wie dieser an der Spitze des Post-Sowjet-Trends in der Streetwear - und KM20 verkauft auch die WM-Kollaboration zwischen Nike und Off-White.

Lokale Tradition und Ambition

Kaum ein Ort verkörpert die russische Tradition zum Luxus so sehr wie das 1893 gegründete Kaufhaus GUM, wo seit vergangener Woche 500 Fußbälle im Springbrunnen unter dem gußeisernen Glasdach schwimmen. Außer einem FIFA-Fanshop, bietet diese Moskauer Institution die Fußball-Rucksäcke von Louis Vuitton und die Matrjoschka-Taschen von Furla, aber auch die Fußball-Kollaboration der russischen Marke BoscoFresh mit dem britischen Label Paul Smith. BoscoFresh gehört zum russischen Mode-Konglomerat Bosco di Cilegi, das auch die Mehrheit am Kaufhaus GUM besitzt.

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GUM wird nach der Weltmeisterschaft im August eine feste Fläche für russische Designer eröffnen, die bisher nur als Pop-up-Store im Kaufhaus existiert hat. Wie beim Sport geht es auch bei Mode um Identität, beide können ein Land wie seine Menschen repräsentieren. Die Etablierung der lokalen Modemacher zwischen den westlichen Luxusmarken im GUM zeigt, dass Nachfrage nach heimischen Talenten besteht und diese nicht nur den großen, bereits weltweit vertretenen Marken das Feld überlassen sollten.

Einige Initiativen, wie der 2014 gegründete Russian Fashion Council sehen das ähnlich. Jüngst wurden auch Formate wie das Fashion Futurum, eine Konferenz mit Förderung für Startups entwickelt, um Mode "Made in Russia" zu unterstützen. Denn die russische Modebranche hegt auch die Ambition sich zu einer eigenen Mode-Nation zu entwickeln und dabei den Anteil der heimischen Produzenten am Gesamtmarkt zu steigern, sagte Alexander Shumsky, Branchenveteran und Präsident der Fashion Week in Moskau, bei den vergangenen Schauen im März: “Wir sollten uns vom klassischen Absatzmarkt mit all den großen westlichen Brands zu einem Hub für eigene Talente entwickeln.“

Dieser Beitrag entstand mithilfe von unserer Gastautorin Natasha Binar und unseren Redakteurinnen Galina Uteshva und Natalia Popova in Moskau.

Foto: Louis Vuitton 2018 FIFA World Cup™

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