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Wird sich der Weinstein-Skandal auf Marchesa auswirken?

Von FashionUnited

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Mode|OPINION

New York - Es war einmal eine Modemacherin namens Georgina Chapman, die ein Modelabel namens Marchesa gründete. Gemeinsam mit Geschäftspartnerin Keren Craig rief sie das Label ins Leben, dessen Kleider nicht von dieser Welt zu sein schienen. Mit Federn bestückt, aus gesponnenen Tüll und mit Perlen verziert, so sahen die märchenhaften Kleider aus. Bekannt wurde es vor allem deshalb, weil es auf dem roten Teppich rauf und runter getragen wurde. 2007 wurde Marchesa gegründet- etwa zur gleichen Zeit, als Chapman den einflussreichen Hollywoodproducer Harvey Weinstein heiratete. Um das Märchen perfekt zu machen, nennen wir ihn hier einen Märchenprinzen - wenn auch dieser Prinz eher einer von der Sorte aus einem Grimm- oder Andersen-schen denn aus den heutigen Disney-Märchen zu sein scheint. Er jedenfalls öffnete der Modemacherin das Tor zum verwunschenen Königreich Hollywood. Nun aber entpuppte sich der Märchenprinz als Oger, der heimlich Frauen angreift - kann das Modelabel Marchesa diese Wendung überleben?

Spirit of Female Empowerment

Das Label wurde nach der Marchesa Luisa Casati benannt, einer exzentrischen italienischen Erbin und Kunstmäzenin, die 1881 geboren wurde und einmal konstatierte: „Ich will ein lebendes Kunstwerk sein.“ Sie war außerdem dafür bekannt, Schlangen als Halsketten zu tragen und ihre zwei Geparden an der Leine Gassi zu führen. Als Freigeist ihrer Zeit verkörperte sie weibliche Emanzipation. Es ist nicht schwer nachzuvollziehen, warum sie Chapman als Muse diente.

Vom Märchen zum Albtraum

Der Bericht der New York Times schlug ein wie eine Bombe. Insgesamt acht Schlichtungsverfahren, in denen Weinstein Models, Schauspielerinnen und Angestellten einen Ausgleich für sexuelle Belästgung gezahlt hatte, deckte die Zeitung auf. Eine Kollegin soll der anderen geraten haben, in seinem Beisein am besten „einen Parka [zu] tragen“. In einem anderen Fall sollen Frauen sich in Panik zusammengeschlossenhaben um einander Sicherheit zu bieten - Fälle, die nicht gerade von einer Atmosphäre weiblicher Emanzipation zeugen. Lisa Bloom, eine Anwältin die auf den Kampf um Frauenrechte spezialisiert ist, hatte Weinstein bisher vertreten. Sie trat am Sonntag als seine Vertreterin zurück, weil der öffentliche Druck zu groß wurde, sie könne als Frauenrechtsunterstützerin nicht glaubwürdig bleiben und Weinstein weiterhin nahe stehen.

Seine Frau, so sagte Weinstein kurz nach dem Erscheinen der Story, stehe „zu 100 Prozent“ hinter ihm. „Ich habe harte Gespräche mit meiner Familie geführt, die mir wirklich schwerfielen, aber meine Familie steht zu mir,“ hieß es weiter von ihm. Die Versuchung, Chapman mit Melania Trump zu vergleichen ist groß. Wie sie ist sie eine schöne, relativ leise Frau, die stoisch ihr Kinn hebt, während Anschuldigungen gegen ihren Ehemann erhoben werden. Beide haben Kinder mit dem Beschuldigten, was ihre Situation weiter verkompliziert. Das offizielle Statement von Weinstein lautet: „Ich erkenne an, dass die Art und Weise wie ich mich in der Vergangenheit Kollegen gegenüber verhalten habe viel Schmerz verursacht hat und ich entschuldige mich aufrichtig dafür. Obwohl ich versuche, mich zu bessern, habe ich noch einen weiten Weg vor mir.“ Sein Zusatz, „das war damals die Kultur“, erinnert an Trumps Ausrede, es habe sich bei seinen obszönen Äußerungen um „Locker Room Talk“ gehandelt. Model Zoe Brock beschrieb ein Vorkommnis, bei dem sie in sein Hotelzimmer gelockt worden war, als ‚geHarveyed‘. Schauspielerin Ashley Judd, eine seiner Anklägerinnen, stimmt ihr bei: „Wir Frauen reden schon lange untereinander über Harvey und es ist längst an der Zeit, diese Konversation öffentlich zu führen“ - eine Aussage, die sicherlich dazu beigetragen hat, dass seine Firma ihn nun feuerte.

Eine sehr öffentliche Konversation

Zwischenzeitlich haben sich auch Gwyneth Paltrow und Angelina Jolie mit eigenen Geschichten zu sexueller Belästigung durch Weinstein zu Wort gemeldet. Weitere Branchengrößen versicherten den Anklägerinnen ihre volle Unterstützung, darunter Nicole Kidman, Kate Blanchett und Maryl Streep. Offenbar zog Chapman daraus ihre Konsequenzen. „Mein Herz bricht, wenn ich von dem Schmerz höre, den diese unverzeihlichen Handlungen verursacht haben“, sagt Chapman in einem Statement gegenüber der Zeitschrift People. „Ich habe mich entschlossen, meinen Ehemann zu verlassen. Mich um einem jungen Kinder zu kümmern hat jetzt oberste Priorität für mich. Ich bitte die Medien, meine Privatsphäre in dieser Zeit zu respektieren.“

Letzte Rettung: Schlussstrich

Der Entschluss, den Hollywoodmogul zu verlassen, ist vielleicht die einzige Möglichkeit für Chapman und Marchesa, diese Krise relativ unbeschadet zu überstehen. Sicherlich ist es kein Happy End. Aber die historische Marchesa wäre bestimmt stolz auf ihre konsequente Nachfahrin.

Dies ist eine Übersetzung eines englischen Beitrags von Jackie Mallon. Jackie Mellon unterrichtet in NYC verschiedene Modekurse und ist die Autorin des Buches ‚Silk fort he Feed Dogs’, ein Roman, der in der internationalen Modeindustrie angesiedelt ist.

Übersetzt und bearbeitet von Barbara Russ

Bilder: Marchesa Facebook page

Georgina Chapman
Hervey Weinstein
MARCHESA