Wie ukrainische Designer:innen Herrenmode durch adaptive Inklusion neu definieren

Auf den Laufstegen der Ukrainian Fashion Week, wo Ästhetik stets politisches Gewicht hat, haben die Designer Andriy Moskin und Andreas Bilous vom Label Andreas Moskin ihr Handwerk zu einer Form der sozialen Heilung erhoben. In den letzten zwei Saisons wurden wir Zeugen einer ergreifenden Entwicklung: Kriegsveteranen:innen mit Beinprothesen präsentierten neben professionellen Models und liefen mit einer Präsenz über den Laufsteg, die über Stil hinausgeht. Dies ist die Antwort der Mode auf Überleben und Würde, umgesetzt in feiner Schneiderei und adaptiver Funktionalität.

Im September 2024, als die ukrainische Modewoche zum ersten Mal seit der umfassenden Invasion nach Kiew zurückkehrte, inszenierten Moskin und Bilous eine Show, die die Welt nicht ignorieren konnte. Zwischen ihren Looks, die sich durch böhmische Verzierungen, folkloristisch inspirierte Hemden, asymmetrische Stickereien und Quastenleinen auszeichneten, welche an das poetische Kino der Nation der 1960er- und 1970er-Jahre erinnerten, liefen Kriegsveteranen:innen, inklusive Prothesen. Bilous sagte gegenüber AP News: „Wir wollten zeigen, dass sich die ukrainische Mode an die Gesellschaft anpasst, für Menschen mit Amputationen, die den Krieg überlebt haben. Auch ohne Gliedmaßen können sie stilvoll sein. Sie müssen geliebt, respektiert und als integraler Bestandteil der Gesellschaft wahrgenommen werden."

Für die Herbstsaison 2025 setzte die Kollektion "Executed Renaissance" von Andreas Moskin das Thema Adaption fort, nun durch strukturellen Einfallsreichtum. Die Kollektion zeigte längliche Tweed-Jacken und dekonstruierte Anzüge in Karmesin- und Khakitönen: Kleidungsstücke, die an den kulturellen Bruch der Verluste Mitte des 20. Jahrhunderts und das hoffnungsvolle Entstehen der Unabhängigkeit erinnern. Die Innovation lag jedoch im Technischen: abnehmbare Ärmel mit unsichtbaren Reißverschlüssen und innere Nahtverschlüsse an Hosen, die so konzipiert sind, dass sie Prothesen aufnehmen, ohne Form oder Eleganz zu beeinträchtigen.

Mit Blick auf die Zukunft wird die nächste Ausgabe der Ukrainian Fashion Week im September 2025 Moskin und Bilous erneut in enger Zusammenarbeit mit Veteranen:innen bei den Vorbereitungen für Frühjahr/Sommer 2026 zeigen. Obwohl Details der Kollektion noch unter Verschluss sind, deuten Quellen darauf hin, dass die Proben bereits laufen. Dies ist eine Erinnerung daran, dass dies keine Kunstfertigkeit ist, sondern ein zutiefst menschliches Unterfangen: Mode als Reparatur, Inklusion als Design.

Adaptives Design entwickelt sich schnell zu einem der ergreifendsten Modeexporte der Ukraine, praktisch, politisiert und einfühlsam gestaltet. Die Designer:innen Moskin und Bilous leiten diese Transformation durch Kleidungsstücke, die mehr tun als nur bedecken: Sie humanisieren und stärken.

Die fragile Schönheit der adaptiven Herrenmode in Kiew signalisiert eine Abkehr von der Beschäftigung der Mode mit Neuheiten um der Neuheit willen. Hier ist Innovation sowohl moralisch als auch ästhetisch und Funktionalität ist in jede Silhouette eingenäht.

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