Wie Athleisure das Ende des Push-Up-BHs einläutet
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Obwohl der erste Push-Up BH, auch bekannt als Wonderbra, erst 1964 auf den Markt kam, scheint es, als ob er in diesem Jahr einen verfrühten Tod gestorben wäre. Die britische Vogue verkündete bereits im vergangenen Dezember, dass Dekolletés ‚out’ seien und an die Stelle von gepushten und in Form gepressten Brüsten nun ein natürlicherer Look trete. Um diesen zu erreichen, suchen Konsumentinnen zunehmend nach bequemeren, funktionellen BHs wie etwa Sport-BHs, Bralettes und Triangel-BHs.
Bekannte Lingerie-Unternehmen wie Victoria's Secret, La Perla und Agent Provocateur, die bekannt sind für ihre sexy Push-Ups, haben mit dieser neuen Mentalität bei den Kundinnen zu kämpfen. Victoria’s Secret korrigierte kürzlich seine erwarteten Umsätze nach unten und Agent Provocateur wurde Anfang des Monats verkauft, nachdem es bereits seit längerem einen starken Rückgang seiner Umsätze hinnehmen musste. Auch der anderen Seite profitieren Lingerie-Unternehmen wie Aerie, For Love and Lemons sowie Lonely Girls – in Deutschland als Beispiel die wäre die Marke Aikyou aus Karlsruhe zu nennen - aufgrund dieser neuen Nachfrage nach bequemen und ungepolsterten BHs.
Athleisure soll dem neuen Trend den Weg bereitet haben
Daten des Retail-Analysten EDITED zeigen, dass die Verkaufsraten von Push-Up-BHs in den letzten drei Monaten um 50 Prozent zurückgegangen sind. Im Gegenzug sind die von Bralettes und Triangel-BHs um 120 Prozent gestiegen, wie eine Auswertung von 80 Lingerie-Brands in den USA, UK und Europa zeigt. Auch die Verkäufe von wattierten BHs, die einst den größten Lagerbestand bei Lingerie ausmachten, sind um 22 Prozent gefallen.
“Etablierte Lingeriemarken sehen sich einer scharfen Konkurrenz von Newcomern wie Lively, Negative und Adore Me gegenübergestellt“, so Katie Smith, Senior Fashion & Retail Market Analyst bei EDITED. „Dank dem Athleisure-Trend, der mittlerweile zum Alltagsoutfit geworden ist, müssen die Einzelhändler sich auf Bralettes und Sport-BHs als Kerngeschäft einstellen.
Um die sich auf die wandelnden Vorlieben der Konsumenten einzustellen, haben Lingerie-Händler nun damit begonnen, die softere Seite des Business hervorzuheben. Die 80 untersuchten Einzelhändler haben die Bestellungen ihrer wattierten Modelle in den letzten Monaten um 38 Prozent heruntergefahren. Auch Push-Ups wurden um 38 Prozent weniger geordert. Still-BHs wurden um 55 Prozent, halterlose BHs um 50 Prozent und Balkonette-BHs um 40 Prozent weniger eingekauft.
Insgesamt gesehen wurden BHs in den letzten drei Monaten um 16,5 Prozent weniger gekauft, Bralettes und Sport-BHs hingegen um jeweils 18 und 27 Prozent mehr. Damit sind sie die einzigen BH-Kategorien, die ein Wachstum aufweisen. Konsumentinnen suchen weiterhin nach bequemen Lösungen, die ihre alltäglichen Gewohnheiten mitmachen und sowohl im Büro, als auch im Fitnessstudio eine gute Figur machen.
Insgesamt gesehen handelt es sich bei dem Trend zum Soft-BH um ein Minusgeschäft für die Lingerie-Branche. Da ungepolsterte BHs durchschnittlich 26 Prozent weniger kosten als ihre wattierten Counterparts, nehmen die Unternehmen daran weniger ein, so die Studie von EDITED.
Um dies auszugleichen, bewerben die Handelsketten wie Victoria’s Secret die ungepolsterten Styles stärker. So investierte das Unternehmen in eine Marketing Kampagne, die insbesondere junge Kundinnen dazu bringen soll, mehr von dem ‚Hot new Trend’ zu kaufen. Darüber hinaus verschickten die Unternehmen beinahe sechsmal so viele Newsletter mit dem Stichwort ‚Bralette’ im Februar diesen Jahres wie selben Monat des vergangenen Jahres. So stiegen Erwähnungen von Soft-BHs um 29 Prozent im Vorjahresvergleich.
Diese neuen, softer geformten Produktlinien sind auch geeignet, um in den Preiskampf zu gehen. Insbesondere bei niedrigpreisigen Produkten wird auf den Soft-BH gesetzt. Im Vorjahr bot Calvin Klein nur 4,9 percent seiner Lingerie zum Preispunkt zwischen 20 und 30 US-Dollar am, in diesem Jahr sind es bereits 26,7 Prozent. Auch bei Marks & Spencer macht sich diese Preispolitik bemerkbar: Im vergangenen Jahr lagen noch 21 Prozent der Neuware bei BHs unter 20 Dollar, heute sind es 73 Prozent.
Branchenführer Victoria's Secret hat es geschafft, auch diese Situation für sich zu nutzen. Mit seinem neuen Produkt, einem Soft-BH-Style für 20 Dollar, schaffte es das Unternehmen, alle sechs Farben und alle Größen auszuverkaufen. Wie lange der Trend zum natürlichen Soft-BH anhalten wird ist ungewiss. Fest steht, Frauen mit großen Brüsten werden wohl weiterhin zu besser gestützten Modellen greifen müssen, um den angemessenen Support zu bekommen.
Fotos:Victoria's Secret SS17 and Aerie SS17, Courtesy of Victoria's Secret and Aerie