Werden Einkäufer zu den Modewochen anreisen?
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Gerade in den Vereinigten Staaten, wo die erste Welle der Corona-Pandemie noch immer wütet, ist die Vorstellung einer Modewoche beinahe surreal. Und doch beginnt am 14. September die New York Fashion Week (NYFW) und eröffnet damit die internationale Laufstegsaison. So verkündete der Council of Fashion Designers of America (CFDA), dass einige Designer auf der NYFW analoge Shows veranstalten werden, die allerdings auf ein Publikum von 50 Personen beschränkt sind. London, Mailand und Paris werden ebenfalls analoge Präsentationen abhalten. Die große Frage für alle ist, ob internationale Einkäufer in dieser Saison zu den Schauen anreisen werden.
In einem normalen September würden Zehntausende von Fachleuten aus der Branche die Modenschauen und Showrooms besuchen und das Angebot für die nächste Saison in den stationären Geschäften und im E-Commerce planen. Aber da die Branche bisher nicht zu einer Normalität zurückgefunden hat, stellen die logistischen Herausforderungen des Reisens unter Einhaltung der Social Distancing-Maßnahmen ihre Teilnahmen an den Präsentationen in Frage.
Da der internationale Reiseverkehr nach wie vor eingeschränkt ist, sind die Aussichten für die Laufstegsaison der Frühjahr/Sommer 2021-Kollektionen von Unsicherheit geprägt. Für Amerikaner besteht ein Reiseverbot nach Europa, und das für die absehbare Zukunft. Im Gegenzug besteht für Europäer ein Einreiseverbot in die USA. Japanischen Einkäufern ist es derzeit untersagt, sowohl in die USA als auch nach Europa zu reisen, obwohl die Beschränkungen für Geschäftsreisen für japanische Staatsbürger und Personen mit ständigem Wohnsitz in Japan im September aufgehoben werden könnten.
Gründe, nicht zu reisen
Reiseembargos, von der Regierung verhängte Quarantänen, ein vermindertes Flugangebot, ein unvorhersehbarer Anstieg der Covid-19-Fälle und die Möglichkeit, nach dem Besuch eines "Hochrisiko"-Gebietes 14 Tage lang in Quarantäne zu müssen, sind für viele in der Branche Grund genug, nicht zur Modewoche zu reisen.
Die Händler sind noch immer mit den Umsatzeinbrüchen beschäftigt, die während der ersten Welle der Pandemie entstanden sind. Die Lieferverzögerungen der neuen Saisonware, nachdem die Lieferketten und die Fertigung im März zum Stillstand gekommen waren, sowie eine verlängerte Sommersaison mit umfangreichen Rabatten zur Verlagerung von Lagerbeständen bedeuten, dass das Einkaufsbudget für die neue Saison stark in Mitleidenschaft gezogen wurde.
Während der Orderprozess digital an Dynamik gewinnt und Möglichkeiten für den Online-Einkauf von Kollektionen bietet, kann dieser die physische Interaktion mit den Kleidungsstücken nicht ersetzen: Passform, Herstellung, Qualität und das Berühren von Stoffen aus nächster Nähe zu sehen, ist trotz technologischer Fortschritte digital nur schwer zu reproduzieren. Glücklicherweise bieten digitale Plattformen einen neuen Kanal für den Verkauf und das Management von Netzwerken, obwohl sie vielleicht am besten für etablierte Marken mit bestehenden Einzelhandelsbeziehungen geeignet sind. Für aufstrebende Designer kann die Präsentation auf einer Plattform als unbekanntes Talent eine kostspielige Übung ohne Erfolgsgarantie sein.
MyTheresa Fashion Director Tiffany Hsu sagte zu FashionUnited: „etwas nicht anfassen zu können, ist eine sehr große Herausforderung für uns. Ein Foto ist immer perfekter als das, was man im wirklichen Leben gesehen hätte. Digitale Termine dauern viel länger als ein physischer Termin. Es gibt viele Marken, die 500 SKUs pro Saison anbieten."
Marken wie Tommy Hilfiger bewegen sich auf eine 3D-integrierte Zukunft zu, bei der die Bemusterung und der Bedarf an physischen Kollektionen und Produktaufnahmen minimiert wird. Mit der Fähigkeit, bis zu 60.000 SKUs zu entwerfen, sind die Kollektionen Hilfigers von der ersten Skizze an digital, und Einkäufer können online auf die Kollektionen zugreifen.
Seit März müssen sich die Einkäuferteams, wie der Rest der Modebranche, auf eine digitale Welt einstellen. Die Auswirkungen des Reiseverbots haben sowohl ein Wachstum der Orderplattformen als auch der Marken, die ihre eigenen digitalen Räume und Showrooms neu gestalten müssen, notwendig gemacht.
„Der häufige Fehler, den digitalen Bereich als Ergänzung zum physischen Bereich zu entwickeln, wird jetzt, da der physische Aspekt entfernt wurde, deutlich", sagte Afef Bouchrika, EMEA Marketing and Partner Operations Coordinator bei Clarabridge, gegenüber Vocast, einem dänischen Technologieunternehmen. Deshalb nutzt Clarabridge Künstliche Intelligenz, um führenden Marken dabei zu helfen, Kundeninteraktionen zu verstehen. „Zunächst einmal sollte ein digitaler Showroom in der Lage sein, die klassische Version, an die wir gewöhnt sind, vollständig zu ersetzen. Auf dieser Basis können wir dann mit rein digitalen Vorteilen aufbauen. Typisch für einen Ausstellungsraum ist, dass man sich an eine Person dort wenden kann, um Rat oder Informationen zu erhalten. Nimmt man diese Präsenz weg, hat man keinen Ausstellungsraum, sondern einen Katalog."
Das Verbot öffentlicher Versammlungen hatte im Juli starke Auswirkungen auf die Schauenpläne für Haute Couture, Herrenmode und Pre-Kollektionen und sorgte dafür, dass die Einkäufer letztlich zu Hause blieben.
Eine Lockerung der Restriktionen, zumindest innerhalb Europas, wird vielen das Reisen ermöglichen, doch ein klarer Hinweis auf die erwartete Teilnahme wurde bisher von keiner globalen Modewoche bekannt gegeben. Mit Sicherheit werden die Besucherzahlen nicht annähernd so hoch sein wie noch im Vorjahr.
Dieser Artikel wurde zuvor auf FashionUnited.uk veröffentlicht. Übersetzung und Bearbeitung: Barbara Rup>