Welchen 'Wert' hat die klassische Modenschau noch?
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In den letzten Jahren hat die Mode eine Reihe von Veränderungen durchlaufen, gerade was traditionelle Modewochen angeht. Einige Designer haben ein Direct-to-Consumer-Modell übernommen, Damen- und Herrenkollektionen in einer gemeinsamen Show kombiniert, Modenschauen mit Modefilmen ersetzt oder ziehen in andere Städte um, um ihre Kollektionen zu präsentieren. Aufgrund all diesen Veränderungen und der sich rasant entwickelnden Medienlandschaft hat sich der Council of Fashion Designers of America (CFDA) mit dem Unternehmen Launchmetrics zusammengetan, um die Relevanz und den Wert von Modestrecken in der aktuellen Landschaft zu untersuchen.
Nach einer Studie von Fashionista aus dem Jahr 2014 werden die Durchschnittskosten einer Show auf rund 200.000 Dollar geschätzt, während größere, prestigeträchtigere Shows mehr als eine Million Dollar kosten können. Da diese Events nur etwa 10-15 Minuten dauern, stellt sich die Frage, ob sich die Investition in eine Modenschau wirklich lohnt und ob sie im heutigen digitalen Zeitalter immer noch eine Notwendigkeit oder einfach nur „nice to have“ ist.
Für den Bericht namens „Front Row to Consumer" entwickelte Launchmetrics einen einzigartigen "Media Impact"-Algorithmus, der fast 400 Laufstegshows und Präsentationen in New York, London, Paris und Mailand auswertete und deren Auswirkungen auf alle medialen Kanäle analysierte - Online, Social Media und Print. Der Berciht stellte fest, dass einige Marken während der Modewochen um 800 Prozent mehr Erwähnung fanden als im gesamten restlichen Jahr, was den medialen Wert der Fashion Week untermauert.
CFDA-Präsident und Geschäftsführer Stephen Kolb sagte dazu: „Die Modelandschaft entwickelt sich weiter. Um die Branche bei dieser Veränderung zu unterstützen, hat der CFDA mit Launchmetrics zusammengearbeitet, um den Wert einer Show zu ermitteln und zu bewerten. Obwohl viele Designer neue Wege wählen, ihre Kollektionen zu zeigen, bleibt die Fashion Week eine der effektivsten Möglichkeiten, diese auf den Markt zu bringen."
CFDA arbeitet mit Launchmetrics zusammen, um Medienwirkungswerte von Catwalk-Shows zu ermitteln
Der Bericht zeigt auch die Unterschiede der Modewochen im Bezug auf die vier wichtigsten Medienwirkungswerte (Media Impact Values, MIV): Verbraucher, Medien, Influencer und Eigene. So führen in London die Verbraucher mit 42 Prozent der weltweiten Medienwirkung, während in Paris der Wert bei 28,7 Prozent liegt. Dafür führten in Paris und Mailand die Medien mit 32,4 Prozent bzw. 28 Prozent die Medienwirkungsrangfolge an.
Ein detaillierterer Blick auf die Wirkung der Verbraucherstimmen für Designer wird in der Fallstudie von Alexander Wang gezeigt. Sein Ansatz, Fans während der New York Fashion Week an zwei öffentlichen Haltestellen mit einzubeziehen, half seiner Show, über 12 Millionen Dollar in MIV zu erhalten. Weitere 10 Millionen Dollar an MIV wurden durch Medien und Influencer generiert, zusätzlich brachten eigene Kanäle und Verbraucherstimmen jeweils eine weitere Million Dollar an MIV ein. Während die Verbraucherstimmen nur 11 Prozent der gesamten MIV ausmachten, generierten sie 90 Prozent der gesamten Erwähnungen in Artikeln und Posts, die von Konsumenten generiert werden.
Die fünf führenden Marken, die von Konsumenten-generierter Medienwirkung profitierten, waren Coach, Louis Vuitton, Balenciaga, Gucci und Calvin Klein, während Topshop bei der Londoner Fashion Week auf Platz sechs die bestplatzierte Marke war.
In New York war es die Stimme der Influencer, die mit 36,1 Prozent den größten Einfluss auf die Medienwirkungswerte ausübte. Der Bericht stellt fest, dass 71 Prozent davon Celebrities waren, die ein internationales Massenpublikum erreichen können. Launchmetrics stellt fest, dass in New York Marken eher auf Makro-Influencer gesetzt wird, um einen sofortigen und globalen Effekt zu erzielen, während in Europa Kollaborationen mit Mikro-Influencern eher genutzt werden, um ein segmentierteres Nischen-Publikum zu erreichen.
Der Einfluss von Influencern, egal ob Celebrity, Reality-TV-Star, Model, Journalist oder Blogger ist eine der größten Veränderungen rund um die Modewoche. Eine Designer-Marke, die ihre Follower durch diesen Kanal engagierte, war Calvin Klein. 2,7 Millionen Dollar in MIV generierte die Marke durch eine Mischung aus Mikro-, Medium-, Makro-Influencer und Celebrities - 12 Prozent seiner gesamten MIV. Der Basketballspieler Russell Westbrook generierte im Alleingang die meisten MIV für die Brand: Drei Posts von ihm erreichten einen MIV-Wert von über 250.000 Dollar.
An der Spitze der Medienwirkungswerte, die von Influencern generiert wurde, stand Oscar de la Renta mit 68 Prozent seiner Medienwirksamkeit, die 8,1 Millionen Dollar entsprach, dicht gefolgt von Alexander Wang, Alberta Ferretti, Tom Ford und Ralph Lauren.
Allerdings, so fügt der Bericht hinzu, spielen traditionelle Medien immer noch eine Schlüsselrolle. Für viele Marken wie Tom Ford und Fenty x Puma sind sie immer noch die stärkste Stimme - so machten traditionelle Medienquellen zwischen 23 und 32 Prozent der globalen Medienwirkung dieser Marken während der internationalen Modewochen aus, so Launchmetrics.
Der Bericht zeigt, dass Tom Ford aus traditionellen Medien fast 7 Millionen Dollar an Medienwirkungswerten generierte, was 41 Prozent seiner gesamten MIV ausmachte. Bei genauerer Betrachtung durch Launchmetrics zeigte sich, dass prominente Influencer wie Gigi Hadid, Kim Kardashian und Cameron Dallas alle riesige Driver für die Berichterstattung über das Designerlabel waren, wobei Kim Kardashian allein in 600 Online-Artikeln über Tom Fords Show erwähnt wurde.
Tom Ford erzielt auf der Fashion Week durchschnittlich 800 Prozent mehr Medienwirkungswerte als zu jeder anderen Zeit des Jahres.
Ebenfalls unter den Top 40 Marken, die von den Medien mit ihrem MIV ausgezeichnet wurden, waren die Designer der London Fashion Week Christoper Kane und Erdem, dicht gefolgt von den Designerhäusern der Pariser Modewoche, Chloé, Saint Laurent und Céline. Der Bericht zeigt, dass Christopher Kane 1,3 Millionen Dollar in MIV aus den Medien generieren konnte, was 71 Prozent seiner gesamten Erwähnungen ausmachte.
Eigene Medien erzeugen zwar während der vier internationalen Fashion Weeks die geringsten globalen Medienwirkungswerte, bilden aber dennoch eine wichtige Stimme für Marken wie Michael Kors und Marc Jacobs, die viel Zeit und Geld in den Aufbau ihrer digitalen Strategien gesteckt haben und ihren Brands so einen großen Mehrwert verschaffen konnten.
Laut Launchmetrics-Daten stammten 44 Prozent des sozialen MIV von Michael Kors direkt aus seinen eigenen Medien. Das waren über 5 Millionen Dollar an MIV mit über 200 Social Media Posts, die von Vorbesprechungen mit Stilikonen bis zu Street-Style-Berichten nach der Show reichten. So erreichten die Medienwirkungswerte durch eigene Medien einen Wert von 5,3 Millionen Dollar. Dies entsprach 33,9 Prozent der MIVs, mehr als Verbraucher, traditionelle Medien und Influencer.
Die fünf Marken, die ihre eigenen Kanäle am gekonntesten nutzten, waren Victoria Beckham, Roberto Cavalli, Michael Kors, Moschino und Giorgio Armani.
Michael Jais, Geschäftsführer von Launchmetrics, erklärt: „Nach der Analyse von über 400 Shows in New York, London, Paris und Mailand sehen wir, dass Modenschauen den Marken heute helfen, ihr Narrativ von einer produktzentrierten Geschichte in eine neue zu verwandeln. Diese Kanäle können Marken nutzen, um ihren Markenwert zu steigern und das Publikum auf neue Weise zu erreichen."
Weiter sagte er: „In der heutigen schnelllebigen Zeit gibt es keine universelle Lösung, auf die Marken setzen und wie sie diese nutzen sollten. Das Konzept des Markenwerts ist wichtiger denn je. Sicherzustellen, dass ihre Marke die richtigen Stimmen zur richtigen Zeit erreicht, ist für ihren Erfolg von wesentlicher Bedeutung. „Wie in diesem Bericht dargestellt, repräsentieren die vier Medienwirkungswerte verschiedene Phasen der Customer Journey und sollten daher auf ein bestimmtes Ziel ausgerichtet sein."
Vor diesem Hintergrund hat Launchmetrics vier Phasen des Einflusses auf den Wert jedes Kaufprozesses identifiziert, beginnend mit "Awareness", die für die Markenbekanntheit entscheidend ist, um neue Zielgruppen zu gewinnen und potenziellen Kunden zu helfen, eine Marke zu entdecken.
Die zweite Stufe ist „Autorität“. So stellt der Bericht fest, dass Influencer zu den besten Verbündeten bei der Legitimierung einer Marke gehören, da ihre Stimme einen starken Einfluss auf die Kaufentscheidung potenzieller Kunden hat. Darauf folgt "Amplification", wo sich Marken auf persönliche Empfehlungen von Verbrauchern verlassen, mit dem Ziel, einen viralen Effekt beim richtigen Zielpublikum zu erzeugen. Die letzte Stufe ist "Advocacy", bei der eine Marke ihre eigenen Medienkanäle nutzen kann, um direkt mit ihrer Fangemeinde zu sprechen.
Dieser Artikel wurde zuvor auf FashionUnited.uk veröffentlicht. Übersetzung und Bearbeitung: Barbara Russ
Bild: Catwalkpictures