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Vom Laufsteg zum Verbraucher: Die Fashion Week im Wandel

Von DPA

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Mode

Der Paukenschlag kam aus London. Die «Lücke zwischen dem Laufsteg und der Verfügbarkeit im Einzelhandel» wolle man verkleinern, teilte das britische Modelabel Burberry mit. Die neue Mode der Saison solle im Schaufenster und online künftig in dem Moment verfügbar sein, wenn das letzte Model den Laufsteg verlassen hat. Es ist Designer-Mode zum Sofortkauf, die sich von einem seit Jahrzehnten üblichen Industrie-Zyklus verabschiedet und einen Dominoeffekt für die ganze Branche verursachen könnte - pünktlich zum Auftakt der New York Fashion Week (NYFW) an diesem Donnerstag.

Leichter gesagt als getan. Denn das für karierte Edel-Schals und Handtaschen bekannte Unternehmen muss seine Versorgungskette komplett umstellen und die sonst üblichen vier bis sechs Monate Pause zwischen Laufsteg und Lieferung zum Händler drastisch verkürzen. Großhändler müssen früher bestellen, Werbung muss früher geschaltet werden. Setzt Burberry sich mit dem mutigen Schritt durch, wird es die «Schneeflocke, die eine Lawine ins Rollen bringt», schreibt das Branchenblatt «Women's Wear Daily» (WWD).

«Wir leben mit einem Modekalender und -system aus einer anderen Ära»

Der Schneeball rollt schon jetzt. Ein paar Stunden nach der Nachricht aus London sagte Designer Tom Ford die Teilnahme an der New Yorker Schau ab und erklärte, seine Herbstmode dort erstmals im September zu zeigen - und noch am Tag der NYFW zum Verkauf in Geschäften und im Internet anzubieten. «Wir leben mit einem Modekalender und -system aus einer anderen Ära», sagte Ford über die monatelange Lücke.

«Designer, Einzelhändler und Redakteure stellen die Relevanz der Fashion Week in ihrem derzeitigen Format seit einiger Zeit infrage», teilte der Präsident des Berufsverbands CFDA, Steven Kolb, bereits im Dezember mit. So kam eine Unternehmensberatung ins Spiel, um die für Party, Pomp und Prominenz bekannte Schau in der Millionenmetropole aufzufrischen und ein neues Konzept zu erarbeiten. Die Woche in New York soll zeigen, was verbessert werden kann, was schiefläuft.

«Designer, Händler und alle anderen beschweren sich über die Shows»

Ursprünglich dienten die Fashion Weeks der «Big Four», also New York, London, Mailand und Paris, als Amuse-Gueule der Modewelt. Durch exklusive Präsentationen für Händler, Fachleute und Journalisten gaben Designer einen Vorgeschmack, ehe im großen Stil für die Massen produziert wurde. Doch in Zeiten des Internet sind sechs Monate eine Ewigkeit. Wenn neue Kollektionen so lange im Voraus gehyped werden, sind Verbraucher gelangweilt, wenn die Stücke endlich an der Kleiderstange hängen. Außerdem wächst die Gefahr, dass eilig hergestellte Nachahmungen noch vor den Originalen im Regal liegen.

«Designer, Händler und alle anderen beschweren sich über die Shows», sagte die CFDA-Vorsitzende Diane von Furstenberg gegenüber WWD. «Irgendetwas stimmt wegen der sozialen Medien nicht mehr, die Leute sind verwirrt.» Verbraucher sähen auf Instagram ein Outfit, gingen ins Geschäft und könnten die Kleidung dann monatelang nicht kaufen. Ein hochrangiger Burberry-Mitarbeiter, der namentlich nicht genannt werden will, spricht von einem überfälligen Schritt. Doch der Druck auf Lieferanten werde wachsen, sagt er der Deutschen Presse-Agentur.

«Man kann nicht mit einem Kunden sprechen und sagen: «Wir werden Dich anregen und inspirieren, aber Du kannst es für die nächsten sechs Monate nicht anfassen oder fühlen», sagt Burberrys Creative Director Christopher Bailey. Schon 2010 wurden Runway-Shows live übertragen, heute übernehmen soziale Medien den Rest. Die Aufregung um die Shows wird ausgenutzt und in Impulskäufe von Verbrauchern umgemünzt.

Selbst Tommy Hilfiger, einer der ältesten und bekanntesten Designer der NYFW, lässt bei seiner Show einige Blogger und Internet-Sternchen im «InstaPit» - einem Platz bei Instagram - bündeln, damit sie den Fotokanal der Marke füttern. Und je mehr Häuser sich auf diesen Wegen direkt an den Kunden wenden, desto mehr andere ziehen nach.

Die Fashion Week im Wandel

Auch Givenchy scheint die Zeichen der Zeit gelesen zu haben. 1200 Freikarten verteilte das französische Haute Couture-Haus für seine NYFW-Show im vergangenen Herbst. Industrievertreter, Prominente und Journalisten saßen zwar getrennt von den Besuchern, die sonst ausgeschlossen wären. Und doch kam der Schritt, die Türen zu einer der wichtigsten Präsentationen des Jahres so weit zu öffnen, für eine so hochrangige Luxusmarke überraschend.

Das Label Rag & Bone verloste zu einer Schau sogar 1200 Tickets - über den Fahrdienstvermittler Uber. Und Rapper Kanye West nutzt die Premiere seines neuen Albums «Wave» im Madison Square Garden am Donnerstag gleich dafür, um die gleichzeitige Präsentation seiner neuen «Yeezy»-Kollektion an ein weltweites Publikum zu übertragen.

Auch die klassische saisonale Aufteilung in Herbst/Winter und Frühjahr/Sommer könnte bald der Vergangenheit angehören. Weil Burberry global - und damit für Klimazonen weltweit - produziere, zeige man ab September 2016 zweimal jährlich die «saisonlosen» Kollektionen namens «Februar» und «September». Das Pariser Label Vetements versucht sich bereits mit ähnlichen Schritten.

Wie die New York Fashion Week in Zukunft aussehen wird, weiß man beim Verband CFDA noch nicht. Die Vorsitzende Von Furstenberg hält es für möglich, dass Designer im Voraus kleinere Showroom-Präsentationen und private Termine mit Händlern abhalten könnten. Erst zum Verkaufsstart würde dann die große Show mit Laufsteg, Glanz und Blitzlichtgewitter für die Verbraucher folgen. Die Vorab-Schauen würden dann das, was die New York Fashion Week vor Jahren einmal war: wirklich exklusiv. (DPA)

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