Unter neuer Regie: SS26 setzt in Sozialen Medien neue Maßstäbe
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Die Frühjahr/Sommer 2026-Kollektionen markierten ohne Zweifel einen historischen Moment. Zahlreiche renommierte Häuser präsentierten erstmals ihre Visionen unter neuer kreativer Leitung. Das Ergebnis? Eine Saison, die sich als eine der einflussreichsten der letzten Jahre erwiesen hat, zumindest, wenn man ihre Resonanz in den Sozialen Medien betrachtet.
Mit einem Rekordwert von 881,2 Millionen US-Dollar (etwa 757,8 Millionen Euro) an Earned Media Value (EMV) wuchs die Reichweite der Modewochen um fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Angetrieben wurde dieses Wachstum durch einen Anstieg der veröffentlichten Inhalte um 23 Prozent, 22 Prozent mehr Influencer:innen-Präsenz sowie ein gestiegenes Publikumsengagement von sechs Prozent.
Earned Media Value:
- Um die herausragendsten Schauen dieser Saison zu definieren, analysierten die Influencer:innen-Marketing-Plattform Lefty und Karla Otto Instagram-Posts und TikTok-Videos von Influencenden mit mehr als 10.000 Follower:innen. Hierbei betrachtete die Plattform, insbesondere die jeweiligen Impressionen und das Engagement der Fashion-Week-Postings der Influencer:innen. Daraufhin berechnete Lefty das sogenannte Earned Media Value (EMV) der jeweiligen Beiträge beziehungsweise der Brands. Earned Media Value, ist ein Schlüsselindikator für Brands und Influencenden, um die Wirkung ihrer Veröffentlichung nachzuvollziehen. Als Teil des Reports definiert Lefty das Earned Media Value als das Äquivalent der Werbeausgaben, die eine Marke normalerweise für die gewonnenen Impressionen tätigen müsste. Für Instagram und TikTok wurde hierbei mit einem Preis von 100 US-Dollar pro Cost-per-Mille (CPM), auch Tausend-Kontakt-Preis (TKP) genannt, kalkuliert.
Diese Zahlen zeigen eindrucksvoll, dass die Entscheidung für eine neue kreative Handschrift nicht nur ästhetische, sondern auch messbare kommunikative Wirkung entfalten kann. Doch welche Marken verstanden es besonders geschickt, die Kraft der Sozialen Medien für sich zu nutzen? Genau dieser Frage ist die PR- und Imageagentur Karla Otto in ihrer Analyse der Saison Frühjahr/Sommer 2026 nachgegangen.
Debüts vs. Dauerbrenner
Besonders sichtbar waren Paris und Mailand, die mit siebenundfünfzig beziehungsweise achtundzwanzig Prozent des gesamten Earned Media Value an der Spitze lagen. Innerhalb dieses starken Duos dominierte Dior – technisch gesehen kein klassisches Debüt, aber Jonathan Andersons erste Womenswear-Kollektion für das Haus – mit 90,6 Millionen US-Dollar EMV und einem Anstieg von 46 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Damit stellt die Marke nicht nur die restlichen Debüts, sondern auch alle anderen Shows der Saison in den Schatten.
Die Debüts der Saison im Ranking:
- Jonathan Andersons erste Womenswear-Kollektion für Dior generierte 90,6 Millionenen US-Dollar EMV
- Matthieu Blazys erste Chanel-Show generierte 42,8 Millionen US-Dollar EMV
- Demnas erste Kollektion für Gucci generierte 31,7 Millionen US-Dollar EMV
- Pierpaolo Picciolis erste Kollektion für Balenciaga generierte 27,8 Millionen US-Dollar EMV
- Louise Trotters erste Kollektion für Bottega Veneta generierte 27,1 Millionen US-Dollar EMV
- Jack McCollough und Lazaro Hernandez Debüt für Loewe generierte 13,9 Millionen US-Dollar EMV
- Glenn Martens erste Womenswear-Kollektion für Maison Margiela generierte 12,7 Millionen US-Dollar EMV
- Dario VItales erste Kollektion für Versace generierte 11,2 Millionenen US-Dollar EMV
- Miguel Castro Freitas erste Kollektion für Mugler generierte 6,2 Millionen US-Dollar EMV
- Duran Lantinks erste Kollektion für Jean Paul Gaultier generierte 3,2 Millionen US-Dollar EMV
- Simone Bellottis erste Kollektion für Jil Sander generierte 963.000 US-Dollar EMV
Die Top-Fünf Brands der Saison:
- Dior generierte 90,6 Millionenen US-Dollar EMV
- Louis Vuitton generierte 48,7 Millionen US-Dollar EMV
- Prada generierte 45,8 Millionen US-Dollar EMV
- Chanel generierte 42,8 Millionen US-Dollar EMV
- Valentino generierte 33,9 Millionen US-Dollar EMV
Pradas anhaltender Erfolg in der Zusammenarbeit mit K-Pop-Stars ist dabei besonders bemerkenswert. Seit der Saison Herbst/Winter 2023 beobachten die Insights-Teams von Karla Otto und Lefty außerdem einen deutlichen Aufstieg thailändischer Schauspieler:innen im digitalen Einflussranking.
In der Saison Frühjahr/Sommer 2026 belegten erstmals zwei thailändische Stars die Spitzenpositionen der einflussreichsten Persönlichkeiten und überholten damit die sonst allgegenwärtigen K-Pop-Ikonen. Dennoch behalten letztere ihre Vormachtstellung im öffentlichen Diskurs. K-Pop-Stars generierten stolze 63,2 Prozent des gesamten medialen Stimmenanteils, ein Beleg für ihre anhaltende kulturelle Durchschlagskraft, wie das Beispiel von Enhypen unterstreicht.
Mode inszeniert sich als Film
Während Marken ihre Kreativleitungen neu aufstellen, verschiebt sich der Fokus des Publikums zunehmend hinter die Kulissen. Mit der wachsenden Aufmerksamkeit, die die Fashion Month-Saison auf Social Media erfährt, interessieren sich Zuschauer:innen immer stärker für die Persönlichkeiten, die jenseits des Laufstegs wirken – für die Menschen, die die Emotion und Energie der Branche im Hintergrund formen.
In London etwa gehörte Macs Creative Director und Make-up-Artist Dominic Skinner zu den einflussreichsten Persönlichkeiten der Woche. Mit nur zwei Behind-the-Scenes-Posts von der Richard-Quinn-Show erzielte er fast 900.000 US-Dollar Earned Media Value und belegte Platz drei im Ranking der reichweitenstärksten Profile. In Paris wiederum ging ein Video der Schneider:innen des Chanel-Ateliers viral, das den letzten Schliff an einem Final-Look zeigte – ein intimer Moment, der die Handwerkskunst des Hauses ins Rampenlicht rückte.
Die großen Modehäuser reagieren darauf mit einem neuen Bewusstsein für Sichtbarkeit hinter den Kulissen. Viele investieren gezielt in Livestreams, Backstage-Content oder Kooperationen mit Creator:innen, die diese neuen Perspektiven authentisch einfangen. Boss etwa kombinierte seine Show-Übertragung mit einem Celebrity-Q&A, moderiert von Queer Eye-Star Antoni Porowski. Ralph Lauren arbeitete mit der Creatorin Isabelle Allain an einer Backstage-Serie, während Fendi und Dior mit Modefilmer Loïc Prigent kooperierten, um die dokumentarische Dimension ihrer Markenwelten zu stärken. Prigents TikTok-Video, das einen emotionalen Jonathan Anderson hinter den Kulissen der Dior-Show zeigte, wurde bis dato 4,6 Millionen Mal aufgerufen.
Parallel dazu setzt die Branche zunehmend auf filmische Erzählformen, um ihre Botschaften zu vermitteln. Marken greifen auf Storytelling-Strategien aus dem Kino zurück, um ihr Publikum emotional zu binden und die physische Runway-Show um eine digitale Erzählung zu erweitern. Dior präsentierte eine retrospektive Dokumentation unter der Regie von Adam Curtis, während Gucci mit The Tiger, einem Kurzfilm von Spike Jonze und Halina Reijn, auf cineastische Unterhaltung setzte.
Doch Schauspieler:innen sind auch fernab der Leinwand wichtige Botschafter:innen für Marken. Sie stellten ein Drittel des gesamten Talent-Aufgebots und generierten 217,8 Millionen US-Dollar EMV – ein Plus von 25,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Besonders eindrucksvoll inszenierte Dolce & Gabbana den Moment, als Meryl Streep, Stanley Tucci und Simone Ashley für die Dreharbeiten zum Film The Devil Wears Prada 2 auf der Show erschienen und gemeinsam 8,2 Millionen US-Dollar EMV auslösten.