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Ukrainische Models in Mailand erleben den Krieg aus der Ferne

Von DPA

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Models und andere Freiwillige packen Hilfspakete | Foto: Miguel Medina / AFP

Das 22-jährige Model Bogdana war für ein paar Tage nach Mailand gekommen, um auf der Fashion Week zu arbeiten. Der Krieg hat ihr Leben auf den Kopf gestellt: gestrandet in der lombardischen Hauptstadt wie so viele andere ukrainische Models, sortiert sie nun Hilfspakete für ihr Heimatland.

„Ich fand es irgendwie dumm, unwirklich, auf dem Laufsteg zu sein, während Menschen sterben, ich schämte mich und hatte das Gefühl, dass es dem Publikum nicht wirklich wichtig war“, erzählt sie AFP. Wenn in ihrer ukrainischen Stadt mitten in der Nacht die Bombenalarmsirenen ertönen, wird Bogdana Didenko Nevodnik durch eine App auf ihrem Smartphone geweckt. Sie erlebt den Krieg aus der Ferne, Minute für Minute, aus ihrem Mailänder Exil.

Ihr erster Reflex war, „mit dem ersten Zug oder Bus zurückzufahren“ nach Kamianske, in der Nähe von Dnipro. Sie wurde jedoch von ihrem Ehemann, einem jungen Chirurgen, und ihrer Familie davon abgehalten. Groß und schlank, mit langen schwarzen Haaren, die im Nacken zusammengebunden sind, und einem intensiven Blick, ist sie zusammen mit etwa 20 anderen Freiwilligen damit beschäftigt, die vielen Hilfspakete zu verteilen, die in dem kleinen Hof des ukrainischen Konsulats in Mailand für den Weitertransport in die Kriegsgebiete bereitgestellt werden. Bunte Zeichnungen von Kindern, die „Nein zum Krieg“ fordern, zieren die Fassade des Gebäudes, an dessen Ende Blumensträuße niedergelegt wurden. Autos und LKWs laden und entladen Pakete mit Lebensmitteln, Medikamenten, Batterien und Spielzeug in einem ständigen Kommen und Gehen.

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„Tötungsmaschinen“

„Wenn es sein muss, werde ich der Armee beitreten. Es gibt dort viele Frauen, ich bin bereit, mein Leben für die Ukraine zu riskieren“, versicherte das junge, ganz in schwarz gekleidete Model, das für große Marken auf der ganzen Welt modelt. Als Teenager nahm sie Boxunterricht. „Ich hatte schon immer Kampfgeist“, sagte sie und fügte hinzu, dass sie auch eine „gute Schützin“ sei, da „wir in unserer Freizeit auf Zielscheiben trainierten“.

„Das russische Militär, das in mein Land eingedrungen ist, terrorisieren unser Volk und wollen uns zerstören. Sie zeigen der ganzen Welt, dass sie nur Tiere sind, seelenlose Roboter, Tötungsmaschinen“, sagt sie. „Sie bombardieren Entbindungsstationen mit schwangeren Frauen darin, warum sollte das ein strategisches Ziel sein?“, empört sich Bogdana.

Ein weiteres ukrainisches Model unter den Freiwilligen, die 20-jährige Valya Fedotova, gestand, dass sie während ihrer Show bei der Mailänder Modewoche, der allerersten ihrer jungen Karriere, den Tränen nahe war. „Aber man kann auf dem Laufsteg nicht weinen, sie bezahlen mich dafür und ich kann das Geld an meine Familie in der Ukraine schicken.“

„Unter Schock“

In der Nacht, als die russische Armee begann, ihre Heimatstadt Malyn, etwa 100 Kilometer von Kiew entfernt, zu bombardieren, habe sie nicht schlafen können, sie „stehe immer noch unter Schock“, so das schlanke Mädchen mit dem sanften Gesicht, das sich mit sechs anderen ukrainischen Models, die alle in Mailand festsitzen, eine Wohnung teilt. Schon vor den Bombenangriffen hatte sie ihre Familie angefleht, zu fliehen, aber nur ihre Mutter und ihre beiden Schwestern flüchteten zu Verwandten in der Nähe der polnischen Grenze, ihr Vater zog es vor, mit der Katze vor Ort zu bleiben.

Ihr Traum? „Dass dieser dumme Krieg endet, ich will einfach nur ein normales Leben führen, nach Hause kommen und meine Familie sehen.“ Ivan Sokolovskyy, 28, bat seinen Arbeitgeber in der Mailänder Modeindustrie gleich zu Beginn der russischen Invasion um Urlaub, um auszuhelfen, Pakete auf LKWs zu laden und als Dolmetscher zu fungieren. „Ich konnte nicht allein zu Hause bleiben und die Nachrichten sehen, ich wollte meinem Volk helfen“, erklärt das ehemalige Model aus Ternopil in der Westukraine.

Seine größte Angst ist das Kraftwerk Tschernobyl, 1986 Ort des schlimmsten Atomunfalls der Geschichte, das seit dem 24. Februar von den Russen besetzt ist: „Ich habe Angst, dass sie in Tschernobyl anrichten, das macht mir wirklich Angst. Sie sind so verrückt, dass sie dazu in der Lage sind.“ (AFP)

Dieser Artikel wurde zuvor auf FashionUnited.fr veröffentlicht. Übersetzung und Bearbeitung: Barbara Russ

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