Überdimensionierte Ärmel, ausladende Roben und Schößchen bei den 96. Academy Awards

Die 96. Verleihung der US-amerikanischen Academy Awards bildete gestern Abend den Abschluss einer ungewöhnlich langen und prall gefüllten Saison der Preisverleihungen. Die Hollywood-Elite versammelte sich wieder einmal im Dolby Theatre in Los Angeles, um die besten Produktionen des vergangenen Jahres zu feiern. Der Abend selbst war voller Spannung und Emotionen: Von Ryan Goslings ‘I'm Just Ken’-Performance über Emma Stones zu Tränen rührende Dankesrede bis hin zu den zahlreichen Auszeichnungen des Films ‘Oppenheimer’ war alles dabei, was ein Publikum auf Trab hält.

Bevor die Feierlichkeiten jedoch begannen, erschienen die Stars auf dem roten Teppich, wo der Frack und die bodenlange Robe die Trends des Abends bestimmten.

Nixenartiger Glanz

Pailletten und Glitzer sind auf dem roten Teppich keine Seltenheit, doch bei den Oscars wurden sie in diesem Jahr zurückhaltend eingesetzt. Das maßgeschneiderte Kleid der nominierten US-amerikanischen Schauspielerin America Ferrera, dass das italienische Luxusmodehaus Versace beisteuerte, hatte eine schlichte, figurbetonte Silhouette. Im Gegensatz dazu stand die US-amerikanische Schauspielerin Zendaya, die in einem rosafarbenen Look mit Palmenprint und kontrastierendem Bustier aus Gunmetal-Pailletten strahlte. Ein metallischer Silberton schien unter den Looks ebenfalls sehr beliebt, wie beim Kleid der südafrikanischen Schauspielerin Charlize Therons mit gerafftem Ausschnitt des französischen Modehauses Dior oder dem minimalistischen Outfit US-amerikanischen Moderatorin Olivia Munn.

Reduzierte Pailletten

Die US-amerikanische Regisseurin des Films ‘Barbie’, Greta Gerwig, und dessen australische Hauptdarstellerin, Margot Robbie, setzten den Pailletten-Trend in ihren eigenen Looks fort. Robbie verzichtete auf ihre von Puppen inspirierte Kleidung für die Pressetour, die bis dahin ihre Garderobe dominiert hatte. Sie wählte einen deutlich dunkleren Farbton in Form eines Versace-Teils, das unterhalb der Taille drapiert war.

Plastisches Schwarz-Weiß

Eine klassische Farbkombination der Oscar-Verleihung ist Schwarz-Weiß: Die Roben nahmen skulpturale Formen an, wie das Kleid der kanadischen Schauspielerin Maitreyi Ramakrishnan mit vollem Rock vom libanesischen Designer Zuhair Murad zeigte. Auch die britische Schauspielerin Carey Mulligan setzte auf einen ausdrucksstarken Rock und trug eine Replik des Meerjungfrauenkleides vom spanischen Modehaus Balenciaga aus 1951. Auch der Look des spanischen Modelabels Loewe für die US-amerikanische Schauspielerin Greta Lee betonte die Hälfte mit kontrastierenden Drapierungen, die knapp unter der Taille endeten.

Ärmel-Sache

Der Trend zu extravaganten Ärmeln, der diese Saison der Preisverleihungen dominierte, setzte sich auch bei den Oscars mit gewagten Formen und auffälligen Capes fort. Letzteres präsentierten sowohl TikTok-Star Ashley Yi, die das arabische Modelabel Waad Aloqaili trug, als auch die US-amerikanischen Sängerin Ariana Grande, die in einer maßgeschneiderten Robe des italienischen Modehauses Giambattista Valli überzeugte. Bei beiden Looks dienten die Ärmel als Schals. Die US-amerikanische Schauspielerin Da'Vine Joy Randolph setzte in einem Kleid des französischen Luxusmodehauses Louis Vuitton mit schulterfreien Ärmeln ein eigenes Statement, während der Look von Schauspielerin Sandra Hüllers des italienischen Modehauses Schiaparelli an die Robe der der US-amerikanischen Society-Lady Millicent Rogers von 1947 erinnerte. Cynthia Erivo, Darstellerin im Musical Wicked, kontrastierte mit einem Louis Vuitton-Kleid in Lederoptik, dessen Rüschenärmel über den Rücken bis zur Schleppe reichten.

Hair-raising straps

Einer der interessantesten Trends des Abends waren die hohen Träger, die von zwei Designer:innen präsentiert wurden. Die britischen Oppenheimer Co-Stars Emily Blunt und Florence Pugh zeigten diese elegante Silhouette – Blunt in einem schimmernden Kleid von Schiaparelli, Pugh in einer metallischen Robe des mailändischen Labels Del Core mit perlenbesetztem Bustier.

Definierte Taille

Während viele den Schwerpunkt auf die Ärmel legten, wählten einige Gäste die Taille zu betonen. Die US-amerikanische Schauspielerin Emma Stone war die Vorreiterin auf diesem Gebiet: Die zweifache Oscar-Preisträgerin entschied sich erneut für Louis Vuitton und trug ein strukturiertes Jacquard-Kleid, das an der Taille in Form eines Schößchens ausgestellt war. Ein ähnlicher Look wurde von der US-amerikanischen Schauspielerin Gabrielle Union getragen, die sich für ein glitzerndes Stück des venezolanischen Modelabels Carolina Herrera entschied, das ebenfalls auf kontrastierende Formen setzte. Die argentinisch-britische Schauspielerin Anya Taylor-Joy blieb ihrer Rolle als Dior-Botschafterin treu und trug einen Look mit Jakobsmuscheln, der an das ikonische Venus-Kleid des Hauses erinnerte.

Farbe des Abends: Babyblau

Eine Farbe stach heraus: Babyblau. Wie schon bei Da'Vine Joy Randolphs Look mit den gefiederten Ärmeln war der Pastellton einer der Favoriten unter den Anwesenden. Beim Louis Vuitton-Kleid der US-amerikanischen Filmregisseurin Ava DuVernays Louis kam er mit überdimensionalen Schnallen zum Einsatz, sowie beim Kleid von Armani der kenianischen Schauspielerin Lupita Nyong'o, bei dem blassblaue Federn über den Boden hingen. Auch die US-amerikanische Darstellerin Hailee Steinfeld wartete mit einem aufsehenerregenden Look auf: Ihr Kleid des libanesischen Designers Elie Saab war mit 3D-Blumen besetzt, die sich durch das Mieder und die Manschetten zogen.

Minimalistisches kleines Schwarzes

Das kleine Schwarze ist auf den roten Teppichen der Preisverleihungen immer präsent, so auch bei den diesjährigen Oscars. Besonders fiel jedoch die minimalistische Interpretation des klassischen Kleides auf. Einfache, aber elegante Formen dominierten, und es wurde weitgehend auf überladene Accessoires verzichtet. Die US-amerikanische Vanessa Hudgens lieferte mit ihrer figurbetonten Robe der Designerin Vera Wang ein Paradebeispiel dafür, während die US-amerikanische Seriendarstellerin Eva Longoria in einem Kleid der australischen Modeschöpferin Tamara Ralph mit spitzem Off-the-Schulter-Ausschnitt auf betonte Ärmel setzte.

Seitliche Kehrungen

Ähnlich wie die dramatischen Schleppen von Da'Vine Joy Randolph und Olivia Munn, entschieden sich auch die nominierten Schauspielerinnen Lily Gladstone und Danielle Brooks für schicke Schleppen. Während Brooks' Look des italienischen Luxusmodehauses Dolce & Gabbana ein Korsett, Schleifen und einen oberschenkelhohen Beinschlitz kombinierte, war Gladstones Kleid des florentinischen Hauses Gucci eher minimalistisch und säulenförmig. Das Outfit entstand in Zusammenarbeit mit dem indigenen Designer Joe Big Mountain und seinem Label Ironhorse Quillwork, dessen Beitrag unter anderem in den floralen Mustern zu sehen ist, die den Umhang in einem Zickzackstich mit Stachelschweinen durchziehen.

Schneiderkunst mit Pfiff

Für viele Männer war die Oscar-Verleihung eine androgyne Angelegenheit. Louis Vuitton kleidete die US-amerikanischen Schauspieler Bradley Cooper und Colman Domingo mit zweireihigen Blazern und dezent ausgestellten Hosen ein. Ähnlich weite Schnitte sah man auch bei Oscar-Preisträger Robert Downey Jr., der sich für einen Look mit gepolsterten Schultern des französischen Luxusmodehauses Saint Laurent entschied. Der chinesisch-kanadische Schauspieler Simu Liu trug einen Zweiteiler der HW24-Kollektion des italienischen Modehauses Fendi, der durch eine subtile Broschenschließe zum Leben erweckt wurde.

Rockkostüme

Weitere Formen der Schneiderkunst waren bei den gelegentlichen Rockkostümen zu sehen. Die südkoreanisch-kanadische Regisseurin des Filmdramas ‘Past Lives’, Céline Song, trug einen Zweiteiler von Loewe, während die US-amerikanische Sängerin Billie Eilish sich für einen Look des französischen Luxusmodehauses Chanel entschied und ihrer Vorliebe für unkonventionelle Kleidung auf dem roten Teppich treu blieb. Der halblange Tweedrock wurde mit einem taillierten Blazer und einer kleinen Gingham-Handtasche kombiniert.

Neon-Töne

Obwohl knallige Farben auf dem roten Teppich der Oscar-Verleihung normalerweise vertreten sind, wagten es einige, in auffälligen Neontönen zu leuchten. Die US-amerikanische Schauspielerin Brittany Snow trug ein leuchtend gelbes Kleid des New Yorker Labels Monot, während die Schauspielerin Leah Lewis mittels knalligem Pink die starren Silhouetten mit zarten, gefiederten Materialien überwand.

Dramatische Rottöne

Rot hatte sich zwar schon bei anderen Anlässen seinen Platz als Farbe der diesjährigen Saison gesichert, doch seine Dominanz machte auch vor den Oscars nicht halt. Wenn der Farbton zu sehen war, dann in dramatischen Formen, die sich von den sonst eher konservativen Nuancen abhoben. Übertriebene Fischschwanz-Silhouetten waren bei Influencerinnen wie Liza Koshy und Haley Kalil zu sehen. Das Kleid des US-amerikanischen Filmemachers Eugene Lee Yang des Labels Walter Collection kombinierte Elemente eines A-Linien-Kleides mit einem maßgeschneiderten Blazer.

‘Polka Dots’

Eine amüsante Ergänzung des diesjährigen roten Teppichs waren die ‘Polka Dots’, ein Stil, der eine erfrischende Alternative zu den anderen Stilrichtungen darstellte. Das Dolce & Gabbana-Kleid der US-amerikanischen Schauspielerin Leslie Bibb, die das Tupfenmuster mit einem tiefen V-Ausschnitt und einer langen Schleppe kombinierte, brachte diesen Look auf den Punkt. Die US-amerikanische Darstellerin Jennifer Lawrence hingegen entschied sich für einen Look aus der diesjährigen Haute-Couture-Kollektion von Dior, bei dem das ‘Polka Dot’-Muster in eine A-Linie aus Moiré-Stoff eingefasst wurde.

Handschuhe

Nach dem schwarzen Handschuh-Look von Carey Mulligan wurde das Accessoire auch von der US-amerikanischen Sängerin Becky G und der malaysischen Schauspielerin Michelle Yeoh gewählt, die es zu glitzernden Kleidern kombinierten. Becky Gs Kleid von Vera Wang kombinierte ein transparentes, schimmerndes Bustier mit einem gewickelten Seidenrock, während Yeoh in einem paillettenbesetzten Kleid ihrem Balenciaga-Stil treu blieb.

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf FashionUnited.uk. Übersetzt und bearbeitet von Heide Halama.