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Trend-Agnostik, Ehrlichkeit und KI prägen Frühjahr/Sommer 2025

Von Jule Scott

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Mode

Womenswear-Trends für FS25 Bild: ©Launchmetrics/spotlight

„Wir leben in dieser Zeit der Wegwerf-Trendkultur, und es ist wirklich eine unsichere wirtschaftliche und ökologische Zeit“, eröffnete Melissa Moylan, Vice President of Womenswear des Trendforschungsinstituts Fashionsnoops ihr Frühjahr/Sommer-25 Trend-Seminar für die Modeplattform Mmgnet Group. Keine einfachen Voraussetzungen für die kommende Saison, doch Mode ist längst als Spiegel des kulturellen Zeitgeistes bekannt und so bieten auch die derzeitigen Strömungen die Möglichkeit, neue Trends zu beeinflussen.

Unterteilt in vier Desingästhetiken fördert die kommende Sommersaison Authentizität und bewussten Konsum. Außerdem betont sie die Heilung durch Tanz und die Rückbesinnung auf körperliches Wohlbefinden, reflektiert traditionelle Werte und soziale Statements und erforscht die Integration von Künstlicher Intelligenz (KI) und Umweltbewusstsein in den Designprozessen. Jeder von der Trendforscherin vorgestellte Trend bietet eine neue Perspektive auf zeitgenössische Mode und geht dabei auf die Bedürfnisse, Hoffnungen und Ängste der Kund:innen ein. FashionUnited hat die vier Trendströmungen – Honest, Movement, Devotion und Conversion – für Sie zusammengefasst.

Honest

Die erste von der Trendexpertin vorgestellte Designästhetik “Honest” fördert eine Kultur der Authentizität, des bewussten Konsums und des durchdachten Designs, die es den Verbraucher:innen ermöglicht, sich in einer zunehmend künstlichen digitalen Umgebung sicher und authentisch auszudrücken. Die von der Gesellschaft geprägte, minimalistische Trendströmung stellt die Künstlichkeit und Ironie der heutigen digitalen Kultur infrage.

Ein weiterer zentraler Aspekt des Trends ist der Kampf gegen unrealistische Standards für Schönheit und Erfolg, die in der digitalen Welt verbreitet sind. Ein Punkt, der besonders für die Generation Z eine zunehmende Rolle spielt. Es wird dazu ermutigt, sich gegen die Förderung ungesunder Aspirationsstandards zu stellen und stattdessen Selbstexpression zu fördern. Kund:innen reagieren besonders positiv auf Marken, die ihre eigene Verletzlichkeit zeigen, Schwierigkeiten anerkennen und Verantwortung für Fehler übernehmen. Zusätzlich gibt es eine Ermüdung gegenüber der Wegwerfkultur, die zu einem Wunsch nach saisonunabhängigen Basics und einem bewussten Luxus führt. Diese Manifestation des Trends zeigt sich in einer Bewegung hin zu eleganterem und schlichterem Design, besonders bei Frauenmode, und einer Rückkehr zu subtilerer Markenpräsenz.

„Letzten Endes geht es um die Abkehr vom trendgesteuerten Konsum und die Hinwendung zu nachhaltigen Entscheidungen“, erklärt Moylan. „Die Grundlagen, die wir hier betrachten, sind wirklich sauber und minimal. Wir sprechen den Wunsch an, sich zu verbinden oder abzuschalten und sich in der Natur zu sonnen, um einen Neustart zu machen. Wir können auch sehen, wie dies durch eine moderne pastorale Linse kanalisiert wird und sich sogar in westliche Gefilde lehnt – ein Subtrend – zusätzlich zu einer neuen Küstenästhetik, die gleichzeitig praktisch und sinnlich ist.“

Cos SS24, Sally LaPointe, Jil Sander SS24 Bild: ©Launchmetrics/spotlight

Die Farbpalette, die diesen Trend unterstützt, umfasst Küstentöne wie offenes Wasser, verwittertes Indigo und weiches Niesel. Es werden auch verschiedene Brauntöne von dunkler Erde bis zu glühendem Braun sowie warme Tontöne wie Terrakotta und Kaffee hervorgehoben. Ergänzend dazu gibt es sommerliche Töne wie Artischocke, verbranntes Ocker und Kirschglasur sowie eingelebte getönte Neutrale wie Zitronengelb.

Modisch ist "Honest" im Frühjahr/Sommer 2025 vielseitig, aber vor allem schlicht. Ein von Moylan genanntes Schlüsselstück ist etwa ein Maxi-Hemdkleid, das im Gegensatz zu den kürzeren Varianten der Vorjahre als „neues, kommerziell” Kleidungsstück auftritt. Leichte Naturfasern wie bei den Leinen-Westen und bequemen Bermudashorts sind ebenfalls wichtige Elemente, sowie auch Kleider mit Drop-Waist-Details, die eine neue Silhouette für den zeitgenössischen Markt darstellen. Zweifarbige Jeans und lange Denimröcke wiederum sind im Bereich Young Contemporary besonders gefragt, so die Trendexpertin. Handwerkliche Details finden sich in verzierten Cardigans und übergroßen Strandhemden mit kurzen Ärmeln wieder. Bei den Accessoires stehen sommerliche Klassiker wie Espadrilles, minimalistische Tragetaschen aus Raffia und geflochtene Ledersandalen im Vordergrund, ergänzt durch Muster wie klassische Streifen und minimalistische Sprenkelmuster.

Movement

Der Trend "Movement" betont die Wiederbelebung bewegungsbasierter Disziplinen, insbesondere verschiedener Tanzgenres, als Reaktion auf die kollektiven Frustrationen der letzten Jahre. Tanz wird dabei als Mittel zur Verbesserung des körperlichen und emotionalen Wohlbefindens gesehen und fördert eine somatische Verbindung, um Geist, Körper und Seele wieder in Einklang zu bringen.

Ein kulturelles Signal ist die Heilung durch Tanz, wobei Tanztherapie (DMT) zunehmend an Bedeutung gewinnt. Zudem steigt das Interesse an Suchbegriffen wie "House Music Outfits" und "Rave Party Ästhetik", vornehmlich aus der Perspektive der jüngeren Generation. „Wir sehen diese einzigartigen Ausdrucksformen des Tanzes, die auf einer Ästhetik aufbauen, die uns allen vertraut ist, wie etwa 'Balletcore', aber auch kreative oder Marketing-Inspirationen aus den eben erwähnten Clubszenen wie Hyper-Pop bis hin zu spirituellen Praktiken“, sagt Moylan.

Ein weiteres kulturelles Signal ist die Betonung des Menschseins als Reaktion auf die technologische Optimierung und die zunehmende Präsenz von KI, die bei 84 Prozent der Menschen Bedenken hinsichtlich der Entmenschlichung wecke, wie die Trendforscherin erklärt. “Movement” hingegen fordert Soft Skills wie Kreativität und emotionaler Intelligenz, die Schaffung qualitativ hochwertiger zwischenmenschlicher Verbindungen und die Humanisierung von Transaktionserfahrungen im Einzelhandel.

Zimmermann SS24 (links und rechts), Staud SS24 Bild: ©Launchmetrics/spotlight

Die Farben und Silhouetten der Designästhetik unterstreichen deren Streben nach einem bewegungsorientierten Lebensstil. Dabei stehen adaptive Mobilität und zugängliches Design im Vordergrund, unterstützt durch sinnliche Basics, die leicht sind und einfach gelayert werden können. Neue Silhouetten entstehen durch Drapierungen, die zusammen mit Farben wie luftigem Blau, Pirouette-Rosa und kontrastierendem Grau oder Lila eine lebendige, fast sprudelnde Aura schaffen. Beruhigende Farbtöne wie Terrakotta, Bananengelb und Kornblumenblau ergänzen die Palette und vermitteln ein Gefühl von fließender, freier Bewegung.

Schlüsselelemente für Frühjahr/Sommer 2025 umfassen Sarongkleider, Knotendetails bei Strickwaren und fließende Resort-Röcke. Praktische, voluminöse Cargo-Hosen bieten Funktionalität und eine modische Optik zugleich, während insbesondere bei Young-Contemporary-Kund:innen auf transparente Stücke wie geraffte Cutout-Tops und Slip-Röcke im Layering-Look gesetzt wird. Pastellfarbene Puddle-Jeans und ausgestellte A-Linien-Kleider, die eine fließende Silhouette betonen, vervollständigen den Look für Movement.

Devotion

Der Trend “Devotion” betont in einer Kultur der Unsicherheit die zunehmende Wertorientierung der Kund:innen, die Marken unterstützen, die ihre größeren Überzeugungen widerspiegeln. Dieser Trend untersucht Traditionalismus und zeitlose Rituale, die uns mit der Erde und ihren Elementen verbinden. Ein kulturelles Signal ist der rebellische Ungehorsam, als Reaktion auf Bedrohungen des sozialen Fortschritts.

„Einige Indikatoren sind, dass sich LGBTQ-Plus-Performer:innen wie Ethel Cain religiöse Ikonografie und südländische Ästhetik wieder aneignen“, erklärt Moylan. „Wir haben auch globalere Frauenrechtsbewegungen wie 'Women Like Freedom gesehen', die für einen befreiten Ausdruck eintreten. In der Mode könnte dies durch die Rückgewinnung von Traditionen für die Inklusion angesprochen werden, um durch Subversion ein Statement zu setzen.“

Chloe FW24, Paolina Russo SS24, Etro FW24 Bild: ©Launchmetrics/spotlight

Beispiele hierfür sind auch auf dem Laufsteg zu finden, etwa bei Designer Willy Chavarria, der eine vom Klerikalismus inspirierte Kollektion in einer Kathedrale präsentiert, um seine religiöse Erziehung zu kommentieren und traditionelle Markenwahrnehmungen zu hinterfragen. Diese Strömung Trend betont auch eine Trend agnostische Haltung, besonders bei Gen Z, die geschlechts-, alters- und saisonübergreifende Stile bevorzugt, so die Expertin.

“Devotion” zeigt sich in subvertierten Designs, die Bescheidenheit und Ikonografie neu interpretieren, sowie in folkloristischen Elementen und handwerklichen Techniken, die das Erbe und die Verbindung zur Erde betonen. In der Damenmode für Frühjahr/Sommer 2025 spielt Folklore zudem wieder eine wichtige Rolle. Die Farbpalette bietet Stabilität mit neutralen Tönen wie gewaschenem Schwarz, zartem Grau und traditionellen reichen Farben wie Indigo und braunem Erdton, ergänzt durch lebendige Farben wie Wildmohn und gebranntem Ocker.

Schlüsselstücke für “Devotion” umfassen die ‘Resort-Hose’, eine entspannte, weite Stoffhose mit lebhaften Drucken, bedruckte Maxikleider und Röcke im Sarong-Stil, der schlanke Formen und knotige Details kombiniert. Weitere wichtige Stücke sind das Häkel-Strick-Set, entspannte Weekender-Jeans und modische Statement-Jacken mit aufwendigen Details. Prints und Muster zeichnen sich durch Patchwork und traditionelle Motive aus, die lebendige und energetische Farben sowie „ruhige, erzählerische Designs“ enthalten.

Conversion

“Conversion”, die letzte der vier Designästhetiken für Frühjahr/Sommer 2025, befasst sich intensiv mit der Integration von KI in den Designprozess, wobei die rasante Entwicklung solcher Technologien eine gewisse Desensibilisierung hervorruft.

KI kann genutzt werden, um “blinde Flecken” im Design zu füllen, obwohl sie tendenziell bestehende Vorurteile verstärken könnte, ein Aspekt, der bereits für Sorge und Unruhe führt. Doch davon einmal abgesehen kann KI auch das wachsende Umweltbewusstsein fördern, so die Trendexpertin. KI und Virtuelle Realität können es Menschen ermöglichen, die Welt aus der Perspektive anderer Organismen zu betrachten. Dies kann genutzt werden, um durch Storytelling Umweltbotschaften zu verstärken und das Bewusstsein für die Natur zu fördern. Dieses Phänomen wird von Moylan als “eco-curious” bezeichnet.

MSGM SS24, Diesel SS24, Faith Connexion SS24 Bild: ©Launchmetrics/spotlight

Generative KI-Tools ermöglichen jedoch auch die Entstehung neuer visueller Kreationen. Die Produktästhetik von Devotion wird von amorphen Silhouetten und Textilien mit hoher Auflösung. Die Farbpalette umfasst eine Mischung aus Tönen wie Schwefel und Jupiterlila sowie kontrastierende Kombinationen wie Lava-Rot und Galaktik-Blau. Zu den wichtigen Damenmodeartikeln gehören Maxi-Cardigans im Y2K-Stil, Shell-Bomberjacke und Cargo-Hosen mit Utility-Touch.

Für die Young-Contemporary-Zielgruppe gibt es metallische Jeans, holografische Minikleider, sportliche Tanktops mit Cut-Outs und ‘Acid-Washed’-Jeansshorts. Verspielte Accessoires wie flache Jelly-Sandalen mit 3D-gedruckten Blumen, Jelly-Perlen-Taschen und Natur-inspirierter Schmuck runden den Trend ab. Abschließend umfasst der Muster- und Grafikbereich digitalisierte Designs, wellige Motive sowie erdige Alchemie, die besonders für die junge, zeitgenössische Zielgruppe und den Denim-Markt wichtig ist.

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