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Stricken liegt wieder im Trend

Von DPA

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Altmodisch war gestern, verstaubt erst recht: Das Stricken erobert die sozialen Netzwerke, wird zur Kunst - und treibt die Umsätze nach oben. Stricken ist Trend, wer hätte das gedacht? Dafür gibt es eine Reihe von Gründen, die Corona-Pandemie ist nur einer.

Wer denkt, Stricken sei ein Hobby für die Oma, dürfte sich wohl noch nie so getäuscht haben: Das Stricken erobert die sozialen Netzwerke, bei Instagram wird Stricken wieder schick, wenn hippe Anbieter wie We Are Knitters oder Wool And The Gang auf die Masche kommen - und fertige Pakete mit Wolle, Nadeln und Anleitung anbieten. Von wegen zwei rechts, zwei links, und bloß keine Masche fallen lassen: Im Gegenteil, Stricken geht immer mehr in Richtung Kunst, und Strickdesigner, meistens Männer, entwerfen immer wildere Muster. Altmodisch war gestern, verstaubt erst recht, meint die Textildesignerin Anne-Susanne Gueler aus Hannover.

Schon vor einigen Jahren seien die Menschen über einfache Techniken ans Stricken herangeführt worden, erzählt Gueler. Damals aber gab es aus ihrer Sicht wenig richtig gute Wolle: «Das hat sich geändert.» Und: Die Menschen merkten, dass sie auch mit geringen Mitteln etwas Eigenes schaffen: «Es braucht Konzentration und Aufmerksamkeit, man braucht einen klaren Kopf dafür», erklärt die Textildesignerin. Einfach alles andere ausschalten - den besonderen «Flow» beim Stricken betont auch Ute Frederich, die in Paderborn lange eine Boutique führte und außerdem Strickreisen nach Sylt und Berchtesgaden organisiert.

Denn es gebe Menschen, die zur Entspannung stricken, dabei an nichts denken und in einen «inneren Flow» kommen, erklärt die 59-Jährige. Andere fühlten sich sicherer mit dem Rundum-sorglos-Paket, mit Wolle, Nadeln, Anleitung und am besten noch einem Youtube-Videotutorial. Aber es gebe auch Stricken, das «in Kunst hineinreicht», betont auch sie. Schon seit 2008 sei das Stricken wieder im Kommen, was allerdings das Geschäft mit der Wolle nicht leichter mache - denn viele kauften via Internet. Und inzwischen habe sie eine so starke Nachfrage nach den Strickreisen, dass sie dem gar nicht mehr nachkommen könne.

Merkt das auch die Branche? «Das kann ich bestätigen, wir haben deutlichen Zuwachs», sagt eine Sprecherin der Initiative Handarbeit, eines Verbandes, in dem sich die nach eigenen Angaben führenden Anbieter der Handarbeitsbranche aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zusammengeschlossen haben. Marktdaten für das laufende Jahr gebe es zwar noch nicht, aber für die Anbieter sei 2020 ein «Ausnahmejahr», die Umsätze seien extrem nach oben gegangen. Auch an den Zugriffen auf die eigene Website mit Anleitungen und Schnittmustern merkt das der Verband - im ersten Corona-Lockdown im Frühjahr sehr stark, dann nachlassend, seit Oktober wieder deutlich stärker.

Die Pandemie spielt also auch eine Rolle? Aber sicher, meint die Sprecherin. Denn: Die Menschen seien mehr daheim, investierten auch in ihr Zuhause und gingen Hobbys nach, für die sie lange wenig Zeit hatten. Dazu komme der Wunsch, selber etwas mit der Hand herzustellen, eine Rückbesinnung auf handwerkliche Werte: «Die Leute wenden sich ab vom Fast-Konsum.» Trendforscher Peter Wippermann bestätigt: Im Moment des Lockdowns, wenn die Menschen eine meditative Beschäftigung suchten, sei Stricken ideal. Man beschäftigt sich und hat ein Erfolgserlebnis - dabei gehe es weniger um einen echten Mehrwert wie einen Pullover oder Schal: «Sondern um die Befriedigung, etwas geschafft zu haben.»

Und um sich eine kleine Auszeit zu nehmen, sagt Gueler. Das mag schon in den 1970er und 1980er Jahren dazu geführt haben, dass so gut wie alle strickten, wenn man nach alten Fotos gehen kann. Letztlich wird aber auch das Stricken nun gewissermaßen digital: Um die reine Handarbeit muss sich jeder immer noch selbst kümmern, aber die Anleitungen werden nicht nur von eigens geschaffenen Plattformen heruntergeladen, kreative Strickkünstler laden eigene Entwürfe auch für andere hoch. Sehr gefragt und trendy seien derzeit Mützen und Schals, aber auch selbst gestrickte Tücher, urteilt Gueler. Während die Stricktreffs in der Pandemie ausfallen müssten, halte man Kontakt über Messenger-Dienste - und warte darauf, dass das normale Leben wieder beginne. Der Trend zum Stricken leidet aus ihrer Sicht nicht unter der Corona-Krise. Im Gegenteil.

Und noch etwas könnte sich als wichtig erwiesen haben für den Strick-Trend: Die Qualität des Materials spiele eine immer größere Rolle - auch das sei ein Trend, sagt die Textildesignerin. Wie auch die Bereitschaft, etwas mehr Geld für gutes Material auszugeben. «Wenn jemand ein Stück haben will, das 20 Jahre hält - das gibt es im Handel nicht.» (dpa)

Bild: Tim Reckmann / pixelio.de

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