Sport goes Fashion? Das stimmt nur teilweise
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Sport und Mode verschmelzen immer mehr, so lautet schon lange die Parole. Immer modischer präsentieren sich die Sportkollektionen und immer mehr Funktion zieht in die Mode ein. Die Probleme, die beide Welten aber nach wie vor trennen, sind struktureller Art und ziemlich hartnäckig.
"Wir sind nach wie vor total funktional"
Vor allem in der Wintersaison ist der Ruck in Richtung Mode unverkennbar, das zeigte die letzte Ispo Munich deutlicher denn je. Klassische Wintersportbrands sehen sich immer mehr dazu genötigt, den ausbleibenden Schnee durch neue Anreize zu kompensieren. Für die meisten heißt das, mehr Mode in die Kollektion aufzunehmen. Skandinavischen Brands wie Peak Performance oder 66°North ist dieser Spagat zwischen technischer Outerwear und lifestyliger Casualwear in den Heimatmärkten schon früh gelungen. Outdoor-Marken wie Arc’Teryx, Vaude oder Patagonia haben in den letzten Saisons ebenfalls ihre Lifestylekollektionen ausgebaut. Odlo, das seit 2012 vom ehemaligen Peak Performance-Chef Jonas Ottosson geleitet wird, hat in den letzten Saisons das etwas angestaubte Funktionswäsche-Image abgelegt. „Wir sind nach wie vor total funktional“, sagt Matteo Twerenbold von Odlo, „aber es darf auch schön sein!“ Auch Mountain Force, bislang vor allem eine reine Premium-Skimarke, will in Zukunft neben den Skioutfits mehr Casual-Artikel anbieten. „Damit können wir und unsere Händler die Zeiten überbrücken, in denen der Schnee fehlt“, sagt Roman Stepek von Mountain Force. Die niederländische Luxury Sportswear Marke Goldbergh, die erst 2010 gegründet wurde, ging von Anfang an mit dem Ziel an den Start, ihre hochfunktionelle Skibekleidung durch eine umfangreiche Modekollektion zu ergänzen. Dazu gehören goldglänzende Neoprensweatshirts mit winddichter Membran ebenso wie lässige Pullis aus Grobstrick.
Was die Reaktionszeiten anbelangt, ist die Mode dem Sport jedoch noch weit voraus. In der Regel wird einmal zu Beginn der Saison ausgeliefert – egal ob das Wetter zum Sport passt oder nicht. Im August die Skikollektion in den Laden zu hängen und im Januar die Bademode, ist im Sport nicht ungewöhnlich. „Psychologisch ist das fatal“, erklärt Roman Stepek. „Wenn der Kunde im Dezember in den Laden kommt und ein Skioutfit sucht, sieht er im Grunde alte Ware!“ An mehr Flexibilität und besseren Startzeiten in die Saison – z.B. durch mehr Kollektionen und gestaffelte Liefertermine - will die Branche in Zukunft arbeiten.
Auch für die Stofflieferanten bedeutet das ein Umdenken und die Einführung von kürzeren Leadtimes. Modefirmen, die sich inzwischen ebenfalls vermehrt um technische Stoffe und einen funktionellen Mehrwert bemühen, fordern das ohnehin schon. „Mode ist wesentlich schneller am Markt als eine Sportkollektion“, erklärt Jochen Lagemann von Primaloft. „Unsere Modekunden haben meist noch nicht mit der Kollektion angefangen, da ist der Sport schon seit vielen Wochen dabei.“
Auch bei den Margen gehen die beiden Welten noch nicht richtig zusammen, deshalb findet man die Verschmelzung von Sport und Mode zwar beim Konsumenten oder in den Kollektionen der einzelnen Brands, weniger aber im Handel. „Die wenigsten Fashionhändler akzeptieren die niedrigen Margen des Sports“, erklärt Stephan Vidic, der in Deutschland 66°North und Colmar Originals im Sport- und Modehandel vertreibt. Wer als Sportmarke im Modehandel präsent sein will, muss auch finanziell attraktiv sein. Ein Aufschlag von mindestens 2,5 müsste es schon sein, sagt Vidic. Die hohen Entwicklungskosten im Sport, die oft teureren Stoffe und die aufwändige Produktion machen das aber schwer durchsetzbar. Aus genau diesem Grund wagen sich Modemarken wie Desigual, Only Play, H&M oder Mango nur in Sportsegmente vor, die technisch nicht sehr anspruchsvoll sind. In erster Linie sind das Fitness-, Yoga oder auch Runningkollektionen. Bei dem Sportableger von Jack & Jones hat man die Erfahrung gemacht, dass die Kunden ohnehin nicht die Preise zahlen würden, die eine hochfunktionelle Jacke kosten müsste. „Niedrigere Wassersäulen und scharfe Preise versteht unser Kunde sehr viel besser“, sagt Martin Smedegaard von Jack & Jones. Deshalb hat die Brand High-Tech Jacken aus dem Programm genommen und überlässt die Hochfunktion den Spezialisten. Attraktiv ist er für Sport- und Modehandel dennoch, weil er die Strukturen des Fashion Business auf den Sport übertragen konnte und hohe Margen, NOS-Programme und Express-Kollektionen anbietet. „Unser NOS Parka war mehrmals diese Saison ausverkauft. Bei uns funktionierte der Winter super.“
Wie Mode und Sport einander befruchten, beweist auch Arquas, ein Projekt vom Denimweber Isko, das auf der Ispo Premiere hatte. Der Denimspezialist arbeitet gerade daran, wie man Funktion und echte Denimeigenschaften miteinander verbindet.
Text: Regina Henkel. Fotos: Odlo