Smart Luggage - die neue Luxusklasse
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Viele Luxusmodehäuser, die heute Rang und Namen, haben gründeten ihr Unternehmen einst auf der Herstellung von vornehmen Reisekoffern und -Utensilien. Louis Vuitton, Gucci und Goyard beispielsweise begannen alle ihre Karrieren mit der Herstellung von Lederwaren, vor allem jenen, die auf Reisen des Adels und des Geldadels spezialisiert waren. Diesen war das Reisen damals nämlich vorbehalten, das einfache Volk konnte sich eine Fahrt ins Ausland oder gar nach Übersee kaum leisten. Heute ist Reisen so einfach wie nie. Durch Billigfluganbieter sind selbst entlegenste Winkel der Erde für fast alle Konsumenten in eine preislich erreichbare Nähe gerückt. Dementsprechend erleben auch Koffer - vor allem kostenfreies Handgepäck - eine Renaissance. Heute sind sie allerdings nur noch in seltensten Fällen aus Leder. Leicht und stoßfest heißt die Devise.
„Rimowa ist ganz besonders. Wie Sie wissen, wurde das Haus 1898 als Familienbetrieb gegründet. Da gibt es eine enge Verbindung mit den Wurzeln aller Maisons bei LVMH“, erklärte Alexandre Arnault, Sohn von LVMH-Chef Bernard Anault gegenüber Iconist zum Kauf des Kölner Gepäckunternehmens Rimowa. „Die Firma hat zudem Grundsätze, die sie mit den anderen teilt: Tradition, Kreativität, Innovation. 1937 hat Rimowa das Aluminium erfunden, später den Koffer mit vier Rädern, das Polycarbonat, den Electronic Tag und so weiter. Und zu guter Letzt: das Handwerk. Wir haben die vier Fabriken oft besucht, bevor wir mit den Gesprächen anfingen, und ich war immer beeindruckt, weil sie mich an die Louis-Vuitton-Fabriken erinnerten: Handwerk trifft auf Hightech.“ Die Zeichen der Zeit haben nicht nur Konzerne wie LVMH erkannt, die auf den Kölner Kofferexperten Rimowa setzten und die Mehrheitsanteile an diesem vergangenes Jahr für 630 Millionen Euro kauften, sondern auch Nischenhersteller wie das Berliner Koffer-Start-Up Horizn Studios oder die Smart Luggage-Anbieter Modobag, Raden, Arlo Skye, Bluesmart oder Awaytravel aus den USA.
Was heißt hier Smart?
Diese Hersteller von sogenanntem ‚Smart Luggage‘ haben sich auf die Generation Urbaner Nomaden spezialisiert, die stets unterwegs sind - sei es auf Geschäftsreise, privat, oder auf ‚Workation‘ - denn wer kann beide Bereiche heute schon noch genau trennen? Die smarten Koffer sind daher perfekt auf heutige Reisebedürfnisse abgestimmt, halten sich an Airline-Vorschriften und nutzen den Stauraum, den Gepäckregulierungen erlauben, so effizient wie möglich aus. So bieten die Smart Luggages einen GPS-Tracker an, der stets den Aufenthaltsort eines Koffers bestimmen kann, wenn dieser unterwegs verloren geht. Auch gegen Diebstahl gibt es eine Sicherung: Wenn sich das Produkt vom Besitzer wegbewegt, gibt das Gepäck ein Signal an diesen ab. Außerdem bieten fast alle Hersteller eine lebenslange, oder mehrere Jahrzehnte umspannende, Garantie auf ihre Produkte, zahlreiche Farbausführungen in stylischen Tönen, leichtgängige Vier-Wege-Rollen, ein extra Notebook-Fach, durch das man schnell an das Gerät herankommt und vor allem eine Lithium-Ionen Batterie, mittels derer Notebook und Smartphone unterwegs neu aufgeladen werden können. Bei Bluesmart sorgt ein ‚Smart Weight System‘ dafür, dass am Flughafen keine böse Überraschung beim Gepäcknachwiegen auf den Reisenden zukommt: es hat das Gewicht des Koffers genau unter Kontrolle. Modobag bringt einen weiteren Vorteil für seine Besitzer: Die Taschen und Koffer fahren von selbst, der Reisende wird so selbst zum Transportierten. Seinem Smart Luggage-Namen alle Ehre macht auch der Travel Assistant, den Horizn Studios seinen Kunden bietet - er ist nämlich wirklich smart. Dabei handelt es sich um ein Betriebssystem, das sich „um all deine Reisepläne, Organisationen und Ideen kümmert“, wie es auf der Unternehmenswebsite heißt. Auch Bluesmart bietet eine Trip Planning App, die dabei hilft, die Reise zu planen.
Mehr Komfort zum kleineren Preis
„Der Reisegepäck-Markt ist regelrecht eingeschlafen. Ein hier dominierendes Unternehmen wie Samsonite macht 90 Prozent des Umsatzes offline“, sagte Stefan Holwe, Gründer von Horizn Studios im Interview mit dem Online-Magazin Gründerszene. „Die größten Innovationen des Reisegepäckmarktes der vergangenen 20 Jahre befinden sich auf dem Niveau eines Drehscheibentelefons. Wir leben heute aber einen digitalen Lebensstil und sind permanent miteinander verbunden, vermehrt auch mit unseren Dingen. Unsere Koffer haben deshalb zeitgemäße, smarte Features“, so Holwe weiter. Horizn Studios könne viel Geld in die Entwicklung stecken und die Koffer gleichzeitig preisgünstig anbieten, weil es die Mittelsmänner weglasse, heißt es dazu auf der Unternehmenswebsite. Ab 229 Euro kosten die Handgepäckkoffer von Horizn Studios, die größeren Modelle schlagen mit 329 Euro zu buche. Die Preisstruktur verhält sich bei den amerikanischen Mitbewerbern ähnlich -
Airlines setzen auf Sicherheit
Eine Hiobsbotschaft für einige Hersteller: Koffer, deren Batterie nicht herausnehmbar ist, dürfen künftig bei einigen Fluggesellschaften nicht mehr mitfliegen. American, Alaska und Delta Airlines hatten im Dezember angekündigt, ab Mitte Januar Koffer mit Lithium-Ionen Batterien, die nicht herausnehmbar sind, auf ihren Flügen verbieten zu wollen, da das Risiko zu groß sei, dass eine solche Batterie Feuer fangen könnte - ähnlich wie bei Smartphones von Samsung, die dafür viel negative Presse erhalten hatten. Als „komplett unfair“ bezeichnete Tom Pierucci, Mitbegründer von Bluesmart, dieses Verbot und deutete gegenüber Bloomberg an, dass Mainstream-Kofferhersteller hinter der Entscheidung der Fluglinien stehen könnten. Die Berliner von Horizn Studios betrifft diese Entscheidung nicht, ihre Akkus sind herausnehmbar.
Der Markt wächst
Nach Angaben von Research & Markets war der Markt für Smart Luggage Jahr 2016 etwa 613 Millionen US-Dollar wert. Diese teilen sich aktuell weniger als 20 Unternehmen weltweit. Im Jahr 2015 wurde die gesamte globale Gepäckindustrie auf 31,6 Milliarden Dollar geschätzt. Smart Luggage sei dabei „eines der am schnellsten wachsenden Segmente“, sagte Joshua Udashkin, der Gründer von Raden gegenüber Bloomberg . Ein Bericht von Global Market Insights prognostizierte im September außerdem, dass das Segment bis 2024 auf einen Wert von 2 Milliarden US-Dollar anwachsen könnte. Es kann sich also durchaus lohnen, in ‚Smart‘ zu investieren.
Bild: Bluesmart