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Q&A: Wohin geht die Reise des Fashion Council Germany 2022?

Von FashionUnited

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Mode

Scott Lipinski, Geschäftsführer des Fashion Council Germany Bild: (c) Nela König

Der Fashion Council Germany e. V. ist die Interessensvertretung für Mode „designed in Germany“. Auch sieben Jahre nach der Gründung gibt es noch viel zu tun, um deutsches Modedesign als Kultur- und Wirtschaftsgut zu etablieren. Der Verein fördert Designnachwuchs aus Deutschland, bietet kostenlose Workshops und Webinare zu Themen wie Nachhaltigkeit und Technologie an und hat im vergangenen Jahr auch Gespräche mit anderen europäischen Modeverbänden angestoßen.

Scott Lipinski ist seit 2017 Geschäftsführer des Vereins und verrät uns in diesem Interview, wohin die Reise des Fashion Council Germany in diesem Jahr geht und welche spannenden Projekte anstehen.

Was will der Fashion Council Germany 2022 erreichen?

Scott Lipinski: Der Fashion Council Germany hat auch in diesem Jahr als Interessenverband der deutschen Modeindustrie viel vor. Die Modeindustrie ist positioniert zwischen der Kreativ- und Kulturwirtschaft ebenso wie der Wirtschaft und Industrie.

Unsere Schwerpunkte liegen 2022 darauf, die bereits bestehenden Benefits für unsere 200 Mitglieder auszubauen, den Designnachwuchs zu fördern und deutsche Mode als Kultur- und Wirtschaftsgut im In- und Ausland zu stärken. Dies realisieren wir über unsere zahlreichen Projekte und Partner:innen.

Wie wollen Sie das erreichen?

Unsere Schwerpunkte liegen auf Lobbyarbeit, Netzwerk- und Präsentationsprojekte und Förderinitiativen unserer Mitglieder. Es ist wichtig, Mode als Kultur- und Wirtschaftsgut auf politischer und gesellschaftlicher Ebene sichtbar zu machen. Hier ist insbesondere in Deutschland noch viel Potenzial nach oben. Daneben arbeiten wir mit nationalen wie internationalen Akteuren aus der Wirtschaft und Industrie zusammen, die uns dabei helfen, die Einzigartigkeit der Modeindustrie und deren kreative Köpfe zu fördern. Eines unserer Projekte „The New European Bauhaus“ zielt es darauf auf, Mode als Teil der europäischen Kreativ- und Kulturbranche als Katalysator für Innovation, Nachhaltigkeit & Handwerk und Digitalisierung zu positionieren. Um dies zu erreichen, arbeiten wir eng mit den anderen Fashion Councils aus Europa und dem Rest der Welt zusammen.

Bei der Konferenz ‘New European Bauhaus - Werkstatt der Zukunft’ vernetzen sich die europäischen Modeverbände / von links nach rechts Carlo Capasa, Caroline Rush, Pascal Morand, Christiane Arp. Bild: New European Bauhaus

Wie steht es um die deutsche Modeindustrie? Welche Erkenntnisse zeigt die von dem FCG in Auftrag gegebene Studie?

Unsere Studie „Status deutscher Mode“ zeigt, dass die deutsche Modeindustrie ein enormes wirtschaftliches Schwergewicht ist. Der Gesamtbeitrag der Modeindustrie zum deutschen Bruttoinlandsprodukt beträgt im Jahr 2019 66 Milliarden Euro. Die Modeindustrie in Deutschland mitsamt aller ihr Querschnittsbranchen umfasste 2019 1,3 Millionen Beschäftigte. Dabei fehlt es der Modeindustrie an gesellschaftlicher Akzeptanz und politischer Unterstützung wie zum Beispiel in anderen europäischen Modenationen wie Frankreich, Italien oder Großbritannien. Hierbei muss betont werden, dass Deutschland in Sachen Produktion von Modeerzeugnissen in Europa auf Platz zwei – noch vor Frankreich oder Großbritannien liegt.

Als Fortsetzung der Studie werden wir im ersten Quartal diesen Jahres eine Studie zum ökologischen Fußabdruck der deutschen Modeindustrie veröffentlichen, die wir gemeinsam mit Oxford Economics herausgeben werden. Die Studie wird unterstützt vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und in Kooperation mit der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (giz) und der kreativen Strategieberatung, studio mm04, umgesetzt. Voraussichtlich werden wir die Ergebnisse der Studie im Rahmen der kommenden Berlin Fashion Week Mitte März gemeinsam mit unseren Partner:innen präsentieren.

Welche Themen adressieren Sie als Interessenverband?

Die Studie Status deutscher Mode hat uns gezeigt, in welchen Bereichen die deutsche Mode Nachholbedarf hat. Gleichzeitig dient sie natürlich als Instrument, die Wichtigkeit der deutschen Modeindustrie auf politischer Ebene zu verdeutlichen. Die Studie war für uns erst ein Anfang, um den Status quo in Deutschland im europäischen Vergleich zu erfassen. Neben der Studie zum ökologischen Fußabdruck werden wir an einer Aktualisierung der Studie zum Status deutscher Mode arbeiten. Wir beginnen mit den Arbeiten zur Neuauflage voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte. Mit der Neuauflage werden wir zum ersten Mal die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie gänzlich berücksichtigen und in Form unserer Studie präsentieren.

Neben dem Herausgeben von Studien liegt eine unserer Kernaufgaben darin, die Erkenntnisse durch Webinare, Workshops und Trainings nicht nur zu vermitteln, sondern die Bereiche, in denen Nachholbedarf besteht, aktiv und langfristig zu fördern. Ein Beispiel dafür ist unser #DFFR (Digital Fashion Future Readiness) - Projekt, das wir in Zusammenarbeit mit der Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe erstmals 2020 ins Leben gerufen haben. Hierbei wurden zehn Berliner Modemarken durch die Bereitstellung von Digitalisierungsdienstleistungen, sogenannten Solution Partner, gezielt gefördert. Die Pandemie hat insbesondere hier gezeigt, dass in den Bereichen Digitalisierung und Nachhaltigkeit enormes Wachstumspotenzial herrscht. Das Projekt wurde so gut aufgenommen, dass es auch im Jahr 2021 mit zehn weiteren Berliner Brands fortgesetzt wurde.

Zehn Berliner Modeunternehmen bekommen durch das #DFFR(DigitalFashionFutureReadiness)-Projekt Förderung durch Workshops und Beratung. Bild: Sofia Valesquez

Wie findet das Thema Nachhaltigkeit beim FCG statt?

SL: Das Thema Nachhaltigkeit findet bei uns auf verschiedenen Ebenen statt. Natürlich spielt das Thema auch bei der Selektion neuer Mitglieder eine Rolle. Wir sehen unsere Aufgabe aber nicht darin, neue Mitglieder danach zu bewerten, sondern im Gegenteil darauf zu schauen, wie sie, ob als Expert:in oder Projektteilnehmer:in, bei dem Thema einen sinnvollen Beitrag innerhalb unserer Organisation stiften können.

Das Thema Nachhaltigkeit nimmt eine große Rolle im Bereich Education ein. Neben unseren kostenlosen Webinaren und Experten-Workshops arbeiten wir hier mit einer Vielzahl von lokalen wie international tätigen Expert:innen zusammen, um unseren Mitgliedern hier die bestmögliche Unterstützung bereitzustellen. Ein Projekt, das ich an dieser Stelle gerne nennen würde, ist unsere Zusammenarbeit mit der The Prince’s Foundation. Die Stiftung von Seiner Königlichen Hoheit, dem Prinzen von Wales, unterstützt eine Bandbreite an Initiativen, die Nachhaltigkeit im ganzheitlichen Sinne fördern. In unserem neusten Projekt Fashion x Craft gemeinsam mit der Swarovski Foundation werden wir für dieses Jahr sechs junge Designer:innen auswählen, die ein maßgeschneidertes Förderprogramm erhalten werden, dass sich nicht nur mit den nachhaltigen Praktiken der Produktion von Modeerzeugnissen beschäftigt, sondern interdisziplinäre Herstellungsverfahren aus dem Bereich Handwerk den Teilnehmer:innen näherbringen wird.

Nicht zuletzt spielt Achtsamkeit auch innerhalb unserer Organisation eine wichtige Rolle und so werden Entscheidungen immer unter Berücksichtigung der Nachhaltigkeitsaspekte getroffen.

Das klingt nach vielen spannende Projekten! Was bietet eine Mitgliedschaft im Fashion Council?

Wir stellen eine Reihe an Benefits zur Verfügung, die sowohl für große Konzerne als auch kleine Unternehmen, Start-ups oder Privatpersonen von Wert sind. Wir arbeiten stetig daran, die Benefits für unsere Mitglieder auszubauen. Das reicht hier von der Nutzung unsere Büroräumlichkeiten als Meetingraum oder Showroom-Fläche bis Zugang zu exklusiven Webinaren und Workshops zu zukunftsrelevanten Themen. Wohl am Wichtigsten ist die Integration in unser Netzwerk. Nicht zuletzt liegt es am Mitglied selbst, wie sehr er sich im Verein „engagieren“ will. Wir stellen die entsprechenden Projekte und Fördermittel zur Verfügung, letztendlich bringen die Mitglieder selbst den „Ball ins Rollen“.

Unsere Aufgabe liegt hierbei als „Schiedsrichter“ sozusagen die Mitglieder untereinander zu vernetzen, was wir in zahlreichen Projekten und Events wie zum Beispiel bei unseren Firesidechats bereits unter Beweis gestellt haben. Hier ist unsere Vision, dass wir in den kommenden Monaten innerhalb des Fashion Councils digitale Vernetzungsmöglichkeiten initiieren damit die Mitglieder auch ohne Schiedsrichter untereinander noch mehr Möglichkeiten des Austauschs haben.

Ein ganz aktuelles Beispiel eines exklusiven Membership-Benefits ist zum Beispiel unser Frankfurt Stage Projekt, das wir in Zusammenarbeit mit der Frankfurt Fashion Week ins Leben gerufen haben. Hier konnten sich unsere Mitglieder als Kollektiv bewerben und eine komplette Fashion Show inklusive Produktion und Sponsoring im Rahmen der nächsten Frankfurt Fashion Week im Januar 2022 gewinnen.

Was sind die nächsten Schritte für den Fashion Council Germany?

Wir haben eine spannende Bandbreite unterschiedlichster Projekte mit nationalen wie internationalen Partnern für 2022 geplant, die wir nach und nach umsetzen werden. Gleichermaßen haben wir auch zahlreiche neue namhafte Mitglieder wie unter anderem die KaDeWe Group, MCM oder Dr. Hauschka (Wala Heilmittel), mit denen wir gezielt zu gemeinsamen Projekten ins Gespräch kommen werden. Neben projektbasierten Education-Programmen und unseren Webinaren und Workshops werden wie oben bereits erwähnt die Benefits für unsere Mitglieder weiter ausbauen. Der Bereich Education wird dabei im Fokus stehen. Es wird ein spannendes Jahr für den Fashion Council Germany.

Wie schauen Ihre Pläne für die kommende Frankfurt Fashion Week aus?

Wir werden in der ehemaligen Neckermann-Unternehmenszentrale, die inzwischen als Danzig am Platz als Event-Location bekannt ist, eine von unseren Mitgliedern konzipierte kollektive Fashion Show Frankfurt Stage präsentieren. Dazu haben wir im Vorfeld unter unseren Mitgliedern zum Wettbewerb aufzurufen. Das Berliner made-by-order Label Susumu Ai hat die Jury bestehend aus Mitgliedern des FCG und der Messe Frankfurt schlussendlich mit ihrem Konzept „Continuous Love“ am meisten überzeugt. Teil der kollektiven Fashion Show werden auch unsere Mitglieder Anna Auras, Frau Frieda, ITEM m6, Maison Baum und Leinz sein. Im Fokus stehen dabei Nachhaltigkeit, Handwerkskunst und Inklusion.

Vor unserer Show haben wir außerdem in der gleichen Location zur Neonyt Installation eingeladen, die ein besonderes Augenmerk auf die Nachwuchs- und Talentförderung liegt. Ein abschließendes Dinner an dem Abend mit nationalen wie internationalen Gästen aufgrund findet im kleinen Rahmen ebenfalls unter Einhaltung der 2G+ Hygieneregeln statt. Unseren Firesidechat als Auftaktveranstaltung der Frankfurt Fashion Week haben wir aufgrund der momentan Pandemielage abgesagt. Außerdem haben wir unseren geplanten zweitägigen Summit Frankfurt Agreement, zu dem wir alle europäischen Fashion Councils eingeladen haben, und der als Fortsetzung der im letzten Juli erstmalig stattfindenden Werkstatt der Zukunft-Konferenz im Rahmen von The New European Bauhaus und Frankfurt Fashion Week dienen sollte, auf einen späteren Zeitpunkt verschoben.

Das Duo Keiho Menkhaus & Alisa Menkhaus hinter dem Made-to-order-Label Susumu Ai, dem Gewinnerkonzept der Frankfurt Stage. Bild: Susumu Ai

2022
Fashion Council Germany