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NOS: Was ist das und wie gehen Händler und Marken seit Beginn der Pandemie damit um?

Von Lara Grobosch

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Mode

Seit Beginn der Pandemie hat die Modebranche aufgrund geschlossener Läden mit Unmengen an unverkaufter Ware vergangener Saisons zu kämpfen. Zeitlose NOS-Kollektionen könnten da die Lösung sein. Sie galten lange Zeit als verlässliches Konzept für die Textilindustrie, doch auch hier sind die Lager voll. Was steckt eigentlich genau hinter NOS und wie geht die Modebranche jetzt damit um?

NOS ist die Abkürzung für Never Out of Stock und bedeutet übersetzt so viel wie „ständig verfügbar” oder „immer auf Lager”. Der Begriff aus der Warenwirtschaft bezeichnet Artikel, die jederzeit bei der Marke nachbestellt und dann sofort geliefert werden können – also, dass sie dort dauerhaft im Lager verfügbar sind. Händler müssen somit keine oder kaum Vororder für NOS-Kollektionen machen. Das Warenrisiko liegt allein beim Hersteller. In der Praxis definiert jede Modemarke die Mengen und Orderzeiträume ihrer NOS-Artikel oft anders und entscheidet individuell, wie lange die Waren tatsächlich im Sortiment bleiben.

NOS-Artikel sind meist zeitlose Klassiker, wie das weiße Hemd oder die Standard-Jeans, die einen vergleichsweise geringen Innovationsgrad aufweisen und für die es immer Nachfrage gibt. Der Unterschied zu Saisonartikeln liegt im längeren Abverkaufszeitraum: NOS-Kollektionen sind über einen längeren Zeitraum hinweg fester Bestandteil des Sortiments. Besonders Denim-Anbieter wie Mud Jeans oder Textildiscounter wie Kik verfügen über ein umfangreiches NOS-Programm.

Eigentlich eine sichere Bank für die Modeindustrie, doch durch die Corona-Pandemie hat auch hier die Nachfrage stark abgenommen. Was im Handel nicht verkauft wird, wird beim Hersteller nicht nachbestellt. Bei Marken mit hohem NOS-Anteil wie Bugatti, Cecil und Street One sind dementsprechend auch diese Teile des Lagers noch gut gefüllt. „Ja, wir haben einen hohen NOS-Bestand, das ist unser Risiko. Wir verfügen über sichtbar mehr Ware als sonst und werden diese über unsere eigenen Outlets vertreiben”, sagte Jim Nowak, CEO von der CBR Fashion Group im Interview mit der Textilwirtschaft im März. NOS-Artikel sind ein wichtiger Kollektionsbestandteil bei den Womenswear-Labels der Gruppe, Street One und Cecil. Im Modeglossar ihres Onlineshops werden diese auch gegenüber Endkundinnen besonders hervorgehoben: NOS werden als bewährte „Lieblingsteile” beworben, die immer nachgekauft werden können.

NOS-Artikel lassen sich auch saisonunabhängig verkaufen

Dennoch bieten zeitlose NOS-Kollektionen Vorteile gegenüber trendorientierter Saisonware, die schnell aus der Mode kommt. Standardprodukte aus dem NOS-Programm können prinzipiell auch in kommenden Saisons noch verkauft werden. Restrukturierungsexperte Sebastian Wilde rät Händlern deshalb zu Anpassung und Neuausrichtung der Sortimentspolitik: „Händler sollten versuchen, den Anteil der NOS-Ware – Never Out of Stock – also Artikel, die das ganze Jahr laufen, zu erhöhen, um Abhängigkeit von einzelnen Kollektionen zu reduzieren“, sagte der Partner der Beratung Falkensteg, im Januar gegenüber der Wirtschaftswoche.

Die meisten Einkäufer gehen seit dem Ausbruch der Pandemie vorsichtiger vor und konzentrieren sich eher auf Langlebigkeit als schnelle Trends. „Trendy, nach einer Saison und wieder weg, das werden wir nicht mehr machen”, berichtete André Myburgh, Mode-Chefeinkäufer bei dem Zürcher Warenhaus Jelmoli im Juni. Er wolle in Zukunft mehr auf Wertigkeit und Never-Out-of-stock gehen. Peek & Cloppenburg verfolgt einen ähnlichen Ansatz: „Der Anteil an NOS und Basics kann noch gesteigert werden, da kommt es am Ende auch darauf an, was die Lieferanten anbieten,” sagte Miriam Anlauf, Buying Director bei dem Düsseldorfer Modehändler Peek & Cloppenburg, im Gespräch im vergangenen Juli.

Auch wenn Hersteller die Kehrseite von Never-Out-Stock-Programmen im vergangenen Jahr erfahren haben, will Schuhhersteller Lloyd mit hoher Durchläuferquote weiterhin auf das NOS-Konzept setzen. „Auch wenn uns NOS in der Krise und auch nach wie vor noch wirtschaftlich massiv getroffen hat, so sind wir uns sicher, dass dieses Angebot für uns in Zukunft zu einem Vorteil werden wird”, sagte Lloyd-Chef Andreas Schaller im Interview mit der Textilwirtschaft im Juni letzten Jahres.

Mehr Durchläufer

Ein anderer Weg mit dem Problem von übriggebliebener Saisonware umzugehen, ist das Einführen einer höheren Durchlaufrate innerhalb der Kollektionen: Weniger Innovation und dafür mehr Konsistenz. Besonders im Bereich der Sportmode findet dieses Konzept bereits erfolgreich Anwendung. Die italienische Oberalp-Gruppe hat die Pandemie beispielsweise zum Anlass genommen, ihre Kollektionen längerfristig aufzubauen und an die neue Situation mit vollen Lagern anzupassen. Bei Salewa, einer Marke der Gruppe, liegt die Durchlaufrate mittlerweile bei 75 Prozent. Das Ziel seien 80 Prozent. Somit würden sich nur 20 Prozent der Kollektion von Saison zu Saison verändern. „Unser Kunde will nicht jedes Jahr ein komplett neues Produkt, und vor allem will er nicht das Gefühl haben, dass sein Produkt Ende Dezember nur noch die Hälfte wert ist. Unsere Handelspartner haben klar signalisiert, dass sich diese Strategie positiv auf den Werterhalt auswirkt, und unsere Marken damit im Durchschnitt einen höheren Rohertrag erzielen konnten,“ erklärt Stefan Rainer, Chief Sales Officer der Oberalp Gruppe im Interview.

Titelbild: Pexels/Sorapong Chaipanya

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