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Mode: Warum kaufen wir mehr als nötig?

Von DPA

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Mode

Bild: Alena via Pexels

Beim Shoppen stellen sich inzwischen viele Fragen. Kaufe ich ein T-Shirt aus Biobaumwolle? In welche Läden gehe ich? Und was taugen die veganen Sneaker? Teile der Modebranche diskutieren, wie sie umweltbewusster und fairer werden können. Auch bei der Berliner Modewoche, die an diesem Montag (14. März) beginnt, wird das ein Thema sein. Aus Sicht des Autors Carl Tillessen ("Konsum") kann man auch als Konsument noch einiges über sich lernen. Warum zum Beispiel kaufen wir oft mehr als wir brauchen?

„Die einfachste Antwort auf die Frage ist: Weil wir es können - und das war nicht immer so", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Viele Produkte seien für uns mit der Zeit immer billiger geworden. Das habe zunächst an der Industrialisierung gelegen, in den letzten Jahrzehnten aber vor allem an der Globalisierung.

„Die meisten Dinge, die wir kaufen, werden inzwischen im Ausland hergestellt - harmlos ausgedrückt - zu Billiglöhnen und - weniger harmlos ausgedrückt - teilweise unter sklavereiähnlichen Bedingungen", sagt Tillessen, der selbst aus der Modebranche kommt. Sein Buch "Konsum" setzt sich mit vielen Entwicklungen auseinander.

Seiner Meinung nach wissen viele Menschen inzwischen mehr über die mangelnde Umweltverträglichkeit des Konsums, aber nicht so viel über die mangelnde Sozialverträglichkeit. Oft denke man, dass unfaire Produktionsbedingungen die Ausnahme seien, sagt Tillessen. „Wir sind sehr gut darin, Dinge zu verdrängen." Zudem orientieren wir uns oft an unserem Umfeld. „Wir sagen uns: 'Wenn das tatsächlich so schlimm wäre, dann würden das ja nicht alle meine Freunde machen.'"

Außerdem treffe man Kaufentscheidungen nicht im Labor. „Sondern wir driften durch Läden, lassen den Blick schweifen, browsen durchs Internet", sagt Tillessen. Wenn uns ein Produkt gefalle, kämen solche ethischen Entscheidungen laut Studien doch nicht auf Platz eins, sondern auf Platz neun oder zehn. "Wir sind - wenn wir ehrlich sind - nicht sehr kompromissbereit: Wir kaufen keinen hässlichen Schuh, nur weil er fair und umweltverträglich hergestellt wurde."

Halten wir uns also für besser als wir sind? "Auf jeden Fall. Wir überschätzen uns selbst in vielerlei Hinsicht", sagt Tillessen. Statussymbole kaufe man für sich, aber eben auch für die Außenwirkung. Menschen orientierten sich in ihrem Handeln und in vielen Lebensentscheidungen viel stärker an ihrem Umfeld und viel weniger an eigenen authentischen Bedürfnissen als sie glaubten.

Berliner Modewoche diskutiert über Nachhaltigkeit

Auch auf der Berliner Fashion Week wird immer wieder über Nachhaltigkeit diskutiert. Geplant ist beispielsweise das Forum "202030 - The Berlin Fashion Summit". Aus Sicht von Tillessen gibt es zwei Hebel, an denen die Branche ansetzen könnte. Zum einen die Qualität: Man könne etwa auf Biobaumwolle setzen oder die Leute besser bezahlen. Das falle der Branche und auch Kunden relativ leicht. "Man kauft dann dasselbe in Grün. Das ist besser als nichts, aber absolut nicht ausreichend. Denn der Effekt wird zunichte gemacht, wenn wir eben immer mehr kaufen."

Seiner Meinung nach kommt auf die Branche nun aber eine neue Phase zu. "Man fängt an, über die Quantität der Dinge nachzudenken. Wie viel brauchen wir eigentlich? Wie langlebig sollen Produkte sein? Versucht man, Vintage zu kaufen? Und mit diesem Weniger tut sich natürlich auch die Modeindustrie schwer", sagt Tillessen. Das sei auch für die Volkswirtschaft eine riesige Herausforderung.

Es falle Menschen leichter, ihr ökologisches Gewissen zu beruhigen, indem sie neue Fair-Trade-Yogakleidung aus Biobaumwolle kauften, als einfach mal keine neue Yogakleidung zu kaufen. Ist denn Konsum zur Belohnung oder zum Trösten eigentlich eine gute Idee? "Leider nein", findet Tillessen. "Das ist wie bei der Zufuhr von Substanzen. Die Toleranzgrenzen verschieben sich - wir müssen die Dosis immer weiter steigern, um zu dem ursprünglichen Glücksgefühl zurückzukehren."

Um zu prüfen, ob man etwas wirklich kaufen will, nennt er ein paar Tricks. "Man sollte sich die Frage tatsächlich stellen: Will ich das wirklich benutzen oder will ich es eigentlich nur besitzen? Ein zweiter Tipp: erstmal Abstand nehmen." Einen Kaffee trinken oder sogar eine Nacht drüber schlafen. "In vielen Fällen wird man feststellen, dass man es am nächsten Morgen vergessen hat. Und falls man es immer noch haben will, bekommt man es meist auch noch."(dpa)

Carl Tillessen
Nachhaltigkeit