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Markenführung heute: Substanz statt leerer Worte

Von Gastautor

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Mode
Bild zur Visualisierung Bild: Erstellt von FashionUnited mit dem AI-Generator ChatGPT

Immer mehr Konsument:innen verlangen nach Produkten, die nicht nur hochwertig, sondern auch sinnvoll und identitätsstiftend sind. Diese Forderung signalisiert das Ende oberflächlicher Markenversprechen und macht Platz für Substanz, Transparenz und eine Werteorientierung, die sich durch alle Facetten einer Marke zieht.

Etliche Fälle von Täuschung, Tricks und Pannen haben das Vertrauen der Konsument:innen in etablierte Marken ins Wanken gebracht. Ob VW, Coca-Cola oder Ikea, ob H&M, Zara oder Uniqlo: Kommunikationsfehler und Greenwashing-Vorwürfe beschädigen die Glaubwürdigkeit vieler Unternehmen. Die Konsument:innen sind zunehmend ungnädig, wenn sie sich enttäuscht fühlen – und sie ziehen Konsequenzen. Beobachten lässt sich das zum Beispiel am aktuellen Phänomen des „Celebrity-Cancelling“ auf TikTok: Dort formierten sich im Frühjahr in Höchstgeschwindigkeit Millionen User:innen zur „BlockOut 2024“-Bewegung und blockierten Prominente wie Kim Kardashian oder Taylor Swift, weil sie deren Verhalten kritisierten. Kim Kardashian verlor auf diese Weise innerhalb kürzester Zeit rund drei Millionen Follower:innen.

Marken brauchen Substanz

Unternehmen – und insbesondere Unternehmen der Modeindustrie – müssen mit weitreichenden Konsequenzen rechnen, wenn sie unglaubwürdig erscheinen, inkongruent kommunizieren oder tatsächlich bewusst täuschen.

Das hängt auch damit zusammen, dass sich die Haltung vieler Konsument:innen geändert hat. Galten ihnen hochpreisige Produkte früher als Statussysmbole eines erfolgreichen Lebens, sind Produkte heute oft Nachweis für die Zugehörigkeit zu einer exklusiven wertebasierten Gemeinschaft. Die Wahl eines Produkts ist zu einer Frage der Identität geworden, das Produkt ist ein Ausdruck persönlicher Überzeugung.

Stellt sich heraus, dass Marken keine Substanz haben, wendet sich die anspruchsvolle Klientel von ihr ab. Sie stellt die Sinnfrage. „People don’t buy what you do; they buy why you do it“ (Eng: Die Leute kaufen nicht, was Sie machen; sie kaufen, weshalb Sie es machen.), bringt es Marketing-Vordenker Simon Sinek auf den Punkt. Sind Profit, Preis und Umsatz die einzigen Antworten auf die Frage nach dem „Warum” einer Marke, dann verliert sie die Sinnhaftigkeit für ihre Zielgruppe. Marken müssen deshalb das „Warum“ in ihrer Identität verankern und entsprechend handeln – und das wiederum muss für die Konsument:innen nachvollziehbar, erfahrbar und greifbar sein.

Es kommt nicht von ungefähr, dass insbesondere Modemarken im Luxussegment immer mit der Vision eines Designers oder einer Designerin verbunden sind. Coco Chanel wollte Frauen buchstäblich vom Korsett befreien, Christian Diors Vision war es, den Luxus der französischen Belle Epoque in die Moderne zu übersetzen, Yves Saint Laurent wollte die Modeindustrie mit Ready-to-Wear-Kollektionen revolutionieren.

Warum sollte man eine bestimmte Marke kaufen? Welche Vision verfolgt diese Marke? Wie lautet ihr Markenversprechen? Welche Community versammelt sie hinter sich? Welche Werte teilt sie? Worüber spricht sie? Für Marken geht es heute darum, klare Antworten auf diese Fragen zu formulieren und gemäß diesen Antworten eine Umgebung mit relevanten Inhalten für eine klar definierte Gruppe zu finden, zu erstellen und zu bespielen.

Stationärer Handel transportiert Markenidentität

Durch diese strikte Werteorientierung gewinnt der stationäre Handel eine neue Bedeutung für die Marken. Denn nur in der physischen Präsenz können emotionale Inhalte und die Markenidentität von der Community (gemeinsam) erlebt werden. Im Store spielt das Markenerleben inzwischen sogar eine deutlich wichtigere Rolle als der Abverkauf – der Laden dient der Begegnung, dem Erleben, der Inspiration. Wie soll die Marke wahrgenommen werden? Was sollen die Kund:innen erleben? Welche Musik läuft? Welcher Duft ist wahrnehmbar? Welche Farben werden eingesetzt? Welche Erlebnisse bringen die Community hier zusammen? All diese Fragen werden im physischen Store beantwortet. Der pure Einkauf kann genauso gut online stattfinden.

Marken müssen heute mehr denn je zu ihrer Vision stehen, sich nicht von Hypes (fehl)leiten lassen und um jeden Preis dort stattfinden wollen, wo sich alle tummeln. Je präziser und konsistenter Vision und Werte definiert sind, desto schärfer wird das Markenbild und desto größer ist die Wahrscheinlichkeit für einen anhaltenden Erfolg. Physisch und auch online.

Über den Autor

Torsten Dietz ist Co-CEO der Liganova Group. Die Agenturgruppe arbeitet für globale Premium-Marken und ist auf Brand Spaces, Experiences sowie Retail-Kampagnen spezialisiert. Sein Fokus liegt darauf, mit innovativen, ganzheitlichen Lösungen am Puls der Zeit die Zukunft von Marken aktiv mitzugestalten und die Branche nachhaltig voranzubringen.

Liganova