LN-CC Einkäufer: Jemand muss die Herrenmode aufmischen
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Eshaan Dhingra ist Einkäufer für den britischen Luxusmodehändler LN-CC im Bereich Menswear-Designer:innen und Contemporary. Neben den internationalen Modewochen war er in dieser Saison auch bei der Berliner Modewoche unterwegs. Im Interview verrät er seine Lieblingslabels, die in der deutschen Hauptstadt gezeigt haben, SS25-Trends und warum er findet, dass die Herrenmode sich gerade in einer Sackgasse befindet.
Welche Marken haben Sie in Berlin besonders inspiriert?
GmbH war schon immer eine Marke an der Spitze der Berliner Modeszene. Sie bleiben ihren Wurzeln treu und sind dennoch in der Lage, ihr politisches Narrativ voranzutreiben. Da sie die offensichtliche Antwort sind, würde ich auch gerne Marie Leuder und Sia Arnika hervorheben. Zwei Marken, die es geschafft haben, ihre eigene Ästhetik zu entwickeln und die bestehenden Stars in Berlin zu ergänzen.
Gibt es darüber hinaus bestimmte Marken, die man im Auge behalten sollte?
Im Moment ist es für aufstrebende Marken besonders schwer, auf dem Markt zu bestehen, aber es gibt immer einige wenige, die es schaffen, trotz der Umstände hervorzustechen. Einer meiner derzeitigen Favoriten ist Greg Ross, den wir seit kurzem bei LN-CC führen.
Welche Trends sehen Sie für SS25?
Der Trendzyklus ist bei weitem nicht mehr so volatil wie früher – mit dem heutigen Zugang zu ständigen Informationen scheint es fast so, als ob alles in den letzten Saisons im Trend war. Einige neue Trends, die ich in der Herrenmode für SS25 besonders bemerkt habe, sind besonders kurze Shorts, unordentliches Layering – dank Miu Miu –, der Einsatz von Gürteln und Trompe-l’œil [Anm.d.Red.: illusionistische Kunst, die auf optische Täuschung setzt].
Welche Faktoren sind bei der Order einer neuen Marke für Sie wichtig?
Es gibt viele Faktoren, die bei der Bestellung einer neuen Marke ins Spiel kommen. Manche Marken werden aus Imagegründen eingeführt, andere aus kommerziellen Gründen. Dinge wie Markenästhetik, Preispunkt und Markenausrichtung sind wichtige Faktoren.
Gibt es bestimmte Farben, die für Sie die Saison prägen?
Wir haben in dieser Saison viele Farben gesehen, einige in Form von Colourblocking, andere als Drucke. Es gab zwei Farben, die mir besonders auffielen, sowohl Rot als auch eine Art Chartreuse-Grün [Anm.d.Red.: französischer Kräuterlikör], die perfekt zum BRAT Summer passen.
Hat sich die allgemeine Wirtschaftslage auf Ihre Order ausgewirkt?
Die derzeitige Wirtschaftslage erweist sich sowohl für Marken als auch für Einzelhändler:innen als schwierig. Die Budgets wurden gekürzt und Marken gestrichen. Vor diesem Hintergrund tun wir, was wir können, um uns in diesem Umfeld zu schützen.
Was ist der beste Weg, um sich in dieser Situation zu schützen?
Wir versuchen uns auf die umsatzstärksten Marken und Modelle zu konzentrieren.
Worauf setzen Ihre Kunden besonders?
Wir sehen die stärkste Performance bei Marken, die sich selbst treu geblieben sind und nicht versucht haben, der Industrie zu sehr zu folgen. Das bedeutet, dass der Schwerpunkt auf Preisniveau, Qualität und Ästhetik liegt.
Wohin bewegt sich die Herrenmode aktuell?
Die Herrenmode ist im Moment ein wenig festgefahren. Wir sehen die gleichen Trends und die gleiche Ästhetik bei vielen Marken. Die Presse schreibt ständig über die Verschmelzung von Herren- und Damenmode, aber 2024 ist nicht das erste Mal, dass wir Männer Röcke tragen sehen. Am anderen Ende des Spektrums sehen wir eine Version einer Carhartt-Jacke von fast jeder Marke. Ich warte darauf, dass jemand die Herrenmode ein wenig aufmischt.
Das Interview wurde schriftlich geführt.