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Kurbelt die Pariser Herrenmodewoche den Markt für Damenmode an?

Von Florence Julienne

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Mode

LGN Louis Gabriel Nouchi auf der Pariser Modewoche Bild: ©Launchmetrics/Spotlight

Die Präsenz von weiblichen Models und Silhouetten auf den Laufstegen der Männermodenschauen für die Herbst- und Winterkollektionen 2024/2025 war auf den Pariser Laufstegen allgegenwärtig. Doch was sagt diese Entwicklung über das Modegeschäft aus?

„Die Mode ist ‘genderless’ geworden, das ist ein echtes Verbraucher:innen-Phänomen“, so Christelle Cagi Nicolau, die bei der Fédération de la Haute Couture et de la Mode für die Unterstützung aufstrebender Marken zuständig ist im Gespräch mit FashionUnited. „In Südkorea gibt es zum Beispiel in Boutiquen wie Empty Store keine Männer- oder Frauenbereiche mehr. In Japan gab es schon immer eine Prädisposition von Frauen, männliche Jacken zu kaufen und umgekehrt bei Männern weibliche Pullover. Heute, bei der Gen Z, wird dies zu einem Massenphänomen.“

Paris Fashion Week FW24Bild: Dior Men
Fashion Week de Paris FW24 Bild: Jeanne Friot © Gabrielle Langevin

In technischer Hinsicht fertigen die Designer:innen Schnittmuster an, die an männlichen und weiblichen Körpern studiert wurden, und bieten eine breite Größentabelle von XS bis XXL an. Einige bieten ihren Kund:innen die Möglichkeit, die Öffnungsrichtung eines Mantels oder einer Jacke zu wählen. Diese neue Technik ermöglicht es den Einkäufer:innen, sowohl Männer als auch Frauen als Kund:innen zu listen. Dies gilt auch für Hervé Huchet, Besitzer des Multimarkengeschäfts La Villa Hommes, der einige Teile bei den Marken Études und Drôle de Monsieur orderte, weil er davon ausgeht, dass "das den Frauen, die in mein Geschäft kommen, gefallen könnte".

Budgets im Januar höher als im März

Paris Fashion Week FW24 Bild: AMI
Paris Fashion Week FW24 Bild: © Louis Vuitton

Aber hinter dem Panache von Naomi Campbell für Balmain Herrenkollektion, Coco Rocha für Louis Gabriel Nouchi, Louis Doillon für AMI oder Pharrell Williams' Cowgirls bei Louis Vuitton gibt es einen Markt, den es zu befriedigen gilt: Während der Genderless-Trend eine gesellschaftliche Realität ist, ist das von den Käufern zugewiesene Timing der Budgets eine wirtschaftliche Gegebenheit.

Zur Zeiten der Mens Fashion Week im Januar und Juni haben die Einkäufer:innen noch ihre gesamten Orderbudgets zur Verfügung. Die Zeiträume März und Oktober, also während der Herbst/Winter- und Frühjahr/Sommer-Modewochen der Frauen, kommen im internationalen Kalender der Verkaufskampagnen etwas spät. Nach Ansicht einiger Expert:innen sogar zu spät.

Luxusmarken nutzen schon seit langem die Verkaufskampagnen der Männermode, um ihre Vorkollektionen zu präsentieren. Dasselbe gilt für Multimarken-Showrooms. „Alle Unternehmen, die Evening-Wear, Semi-Couture und sogar Contemporary Wear herstellen, präsentieren im Januar in Multibrand-Showrooms wie Mirabelle, AMF oder auch The Good Six“, erklärt Xavier Latapie, Mitbegründer der Modeplattform Moddity. „Das liegt ganz einfach daran, dass die Einkäufer:innen im Januar ihr gesamtes Budget für die kommende Herbst-/Wintersaison zur Verfügung haben. Warum sollten sie bis Ende Februar/Anfang März warten und vor allem zurückkehren, um die Kollektionen zu kaufen“.

Dies gilt insbesondere für den Monat Januar, in dem sich die Herrenmodenschauen, Showrooms, Fachmessen und Couture-Präsentationen häufen. Die Aufmerksamkeit der Einkäufer:innen, der Presse und der Prominenz bleibt also fast zwei Wochen lang erhalten. Die Haute Couture-Woche, insbesondere die Off-Woche, dient bereits als Sprungbrett, um mehr Aufmerksamkeit zu erlangen.

Paris Fashion Week FW24 Bild: Tranoi

Die Pariser Männermodewoche ist mehr als nur eine Startrampe für Damenkollektionen

Dieses Phänomen lässt sich auch bei der Messe Tranoï Man, Kooperationspartner der Paris Fashion Week, beobachten, die sich wieder für Vorkollektionen von Frauen geöffnet hat. Vier Marken in einem eigenen Bereich der Messehalle machen den Anfang und setzten ein klares Zeichen für die Positionierung. „Die Idee ist, im Januar zu präsentieren, damit ich meine Einkäufer:innen früher erreichen kann“, sagt Eilola Teija, die finnische Designerin des gleichnamigen britischen Labels, gegenüber FashionUnited. So habe ich mehr Zeit für die Produktion und die Department Stores können die Winterkollektion bereits im Juni einführen. Vielleicht erklärt dieser Hinweis, warum Kaufhäuser die Sommerkollektionen bereits im Juni abverkaufen wollen, was bei den unabhängigen Einzelhändler:innen zu Chaos führt.

Tranoï Man, Januar 2024, Eilola Teija und James Buchnan für Teija Bild: F. Julienne

„Die Einkäufer:innen haben zu dieser Zeit ihr gesamtes Budget zur Verfügung, deshalb ist es einfacher, die Ware zu verkaufen“, so Dino He, der für Loro Piana Kaschmir herstellt und vor drei Jahren sein eigenes Label Kashette gründete, auf der Tranoï. Das scheint auch der pragmatische Grund, warum auf den Laufstegen der Herrenmodewochen immer mehr Frauenkollektionen zu sehen sind.

Tranoï Januar 2024, Dino Lee von Kashette Bild: F. Julienne

Könnte die Herrenmodewoche die Damenmodewoche als verdrängen?

Paris hat einen Titel zu verteidigen: den der Modehauptstadt, des Ortes, an dem alle Designer:innen auf den Laufsteg wollen, um Prestige zu erlangen. In der Tat hat die Pariser Modewoche der Frauen eine stets intakte Aura. Sie ist der Ort, an den es Designer:innen aller Nationalitäten zieht, die auf sich aufmerksam machen wollen, wobei sie ihren Markenbotschafter:innen , die für Likes in den sozialen Netzwerken sorgen, den Vorrang vor den Einkäufer:innen einräumen.

„Wenn der Ausverkauf gut läuft, können die Einkäufer zusätzliche Ware bestellen“, sagt Nicolau. „Da die US-Amerikaner:innen Ende November ihre Winterkollektion ausverkaufen, wollen sie sehr frühe Lieferungen. Die Japaner:innen schließen zwei Monate später ab und möchten später beliefert werden. Daher stellen viele Marken weiterhin ihre gesamte Kollektion und ihre Bildteile im März der Presse vor.“

Ist das Konzept einer männlichen und einer weiblichen Fashion Week in Zeiten von Genderless und Budgetkürzungen nicht ein wenig überholt? Die Frage stellt sich, aber auch hier gilt es zu differenzieren. Seit einigen Saisons surft die Mode auf einem Genderfluid- und Quiet-Luxury-Trend, der sich dadurch auszeichnet, dass Frauen Lust haben, Anzüge zu tragen, die von der Männergarderobe inspiriert sind. Doch Trend bedeutet auch Kurzlebigkeit.

Paris Fashion Week FW24 Bild: Walter Van Beirendonck
Paris Fashion Week FW24Bild: Officine Creative

„Wir sind beim Anzug, beim Dreiteiler, beim Tailoring, bei den schönen Mänteln, beim Oversized“, beobachtet Patricia Lerat, Brand Strategist bei PLC Consulting, im Gespräch mit FashionUnited. „Die erhöhte Präsenz von Frauen zeigt den Wunsch, ähnliche Kleidung zu tragen, aber auch alle Gesichter und Altersgruppen der Gesellschaft.“

Paris Fashion Week FW24 Bild: Louis Gabriel Nouchi

„Wir haben noch nie so viele alte Männer auf dem Laufsteg gesehen", fügte sie hinzu. „Abgesehen von der Realität des Marktes wollen wir Inklusion sehen und zeigen, dass diese älteren Menschen eine Modekultur haben. Designer wie Yohji Yamamoto oder Walter Van Beirendonck sind frei und humorvoll. Sie senden Freude aus. Sie haben verstanden, dass man in dieser Welt aufhören muss, sich etwas vorzumachen: Man muss alles mischen können.“

Yohji Yamamoto, Paris Fashion Week 2024 Bild: W. Denechere
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