Jahresrückblick: Das waren die Mode-Nachrichten des Jahres 2022 (Teil 2)
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Während zu Beginn des Jahres 2022 noch die Hoffnung besteht, dass es ein Jahr des Aufschwungs sein könnte, hat sich Mitte 2022 die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Welt von einer Krise in die nächste gerutscht ist. Glücklicherweise gibt es in der zweiten Jahreshälfte nicht nur schlechte Nachrichten. FashionUnited hat hier die größten Neuigkeiten der letzten sechs Monate gesammelt.
Die ersten sechs Monate verpasst?
Juli
Im Juli wütet eine extreme Hitze in Europa. Das bedeutet unter anderem, dass der Einzelhandel anfängt, die Türen zu schließen, um den Effekt der Klimaanlagen nicht zu verlieren. Die hohe Inflation und die Angst vor den explodierenden Heizkosten sorgen in Deutschland jedoch schon mitten im Sommer für ein eisiges Konsumklima.
Es geht um Arbeitsbedingungen und Sicherheit, um Anerkennung – und letztlich auch ums Geld: Während der Corona-Pandemie waren viele Menschen zum Wechsel des Arbeitsplatzes gezwungen – oder haben sich auch freiwillig einen neuen Job gesucht. Verloren hat dabei laut einer neuen Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) eindeutig das Gastgewerbe. Der Einzelhandel hingegen habe sich als Auffangbecken der fast 35000 aus der Gastronomie Abgewanderten erwiesen.
Der Juli ist auch der Monat, in dem die Modemarke Botter den großen Preis bei den Andam Fashion Awards gewinnt, C&A Serbien in Konkurs geht, nachdem ihm ein millionenschwerer Betrug vorgeworfen wird und der IWF seine Wachstumsprognose für die Weltwirtschaft revidiert.
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Einige Unternehmen verkaufen oder wickeln in den folgenden Monaten ihr Russlandgeschäft ab, darunter auch Deichmann, Inditex und H&M. Inditex zieht sich außerdem mit einigen Marken aus China zurück.
Grundsätzlich zeigt der Welthandel im Juni eine leicht positive Tendenz, aber massive Schiffsstaus, hohe Transportkosten und daraus resultierende Lieferengpässe hemmen den Warenverkehr, insbesondere mit Blick auf Europa.
Der deutsche Einzelhandel erwartet noch lange anhaltende Lieferprobleme. "Die Lieferprobleme sind zu einem Dauerproblem für den Einzelhandel geworden", so Ifo-Experte Klaus Wohlrabe. Lebensmittelhandel und Bekleidung sind allerdings die beiden Bereiche, in denen mit 8,2 und 9 Monaten die kürzeste Dauer der Lieferprobleme erwartet wird.
In der Zwischenzeit fanden erstmals seit zweieinhalb Jahren in Berlin wieder Modemessen statt. Dass die Messegesellschaft Premium Group mit ihren beiden Veranstaltungen der Hauptstadt vor zwei Jahren den Rücken kehren und in Frankfurt am Main zum Eckpfeiler der „Frankfurt Fashion Week“ werden wollte, spielte keine Rolle mehr. Schließlich konnten Premium und Seek aufgrund der Covid-19-Pandemie nie in der Mainmetropole stattfinden, ehe der neue Berliner Senat sein Engagement verstärkte und so die Rückkehr der Veranstaltungen ermöglichte.
Die Berlin Fashion Week, die zuletzt auf Termine im März und September setzte, werde künftig zum jahrelang gewohnten Zeitplan zurückkehren und ab dem kommenden Jahr wieder parallel zu den Messen im Januar und Juli stattfinden. Vorher ist aber noch eine Ausgabe im September geplant.
Im zweiten Quartal des Jahres hat das italienische Luxuslabel Gucci, das sich mit Balenciaga ein Rennen um den Spitzenplatz liefert, diesen wieder zurückgewonnen. Auf dem dritten und vierten Platz der beliebtesten Marken sind die beiden italienischen Luxusmodehäuser Prada und Valentino, gefolgt vom französischen Luxuslabel Louis Vuitton.
August
Die heißen Sommermonate setzen sich auch im August fort. Die Hitze verursacht eine schwere Dürre und es wird sogar von Wasserknappheit gesprochen.
Die Aussichten für die deutsche Wirtschaft trüben sich nach Einschätzung der Bundesbank zunehmend ein. Eine sinkende Wirtschaftsleistung im Winterhalbjahr sei "deutlich wahrscheinlicher geworden", schreibt die Bundesbank in ihrem Monatsbericht August.
Bei anderen hingegen sitzt das Geld trotz des Ukraine-Krieges und drastischer Preissteigerungen bei Energie und Lebensmitteln nach wie vor locker. Die Luxusgüterindustrie legt ein Rekordjahr nach dem nächsten hin.
Der Luxusgüterkonzern Richemont will die Mehrheit an der Online-Handelsplattform Yoox-Net-a-Porter (YNAP) verkaufen.
Das Vogue-Cover mit der ukrainischen First Lady Olena Zelenska stößt auf Kritik, erhält aber auch viel Zuspruch.
Eine britische Aufsichtsbehörde hat gegen Asos und Boohoo wegen des Verdachts auf Greenwashing eine Untersuchung eingeleitet.
Die nachhaltige Modemesse Neonyt bekommt ein neues Konzept –und zieht ein weiteres Mal um. Die Zukunftspläne für die Veranstaltung, die bis zum Januar 2020 in Berlin stattgefunden hatte, stellte die Muttergesellschaft Messe Frankfurt vor. Demnach soll die Neonyt in der kommenden Wintersaison vom 28. bis 30. Januar als B2B-Event zeitgleich mit der Orderplattform Fashn Rooms in Düsseldorf stattfinden.
Der japanische Designer Issey Miyake stirbt im Alter von 84 Jahren und die japanische Designerin Hanae Mori im Alter von 96.
September
Die Besorgnis über die Energiekrise nimmt weiter zu. Deshalb hat die Bundesregierung Energiesparvorgaben verabschiedet. Es treten konkrete Sparmaßnahmen in Kraft, die aus der „Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen“ herausführen sollen.
Zweistellige Inflationsraten belasten die Menschen in Deutschland. Die deutsche Wirtschaft steuert in eine Rezession. Führende Wirtschaftsforscher sehen erst 2024 Licht am Ende des Tunnels.
Die britische Monarchin Elizabeth II ist gestorben. Aus der Modeindustrie kommen zahlreiche Unterstützungsbekundungen und die Londoner Modewoche wird verändert. Das liegt daran, dass die Beerdigung der Königin mitten in das Programm der Modewoche fällt. Ihr Einfluss auf die Modebranche ist unbestreitbar.
Gut zwei Jahre ist es her, dass chinesischer Tourismus nach Europa möglich war. Der Einzelhandel in Europa spürt das Ausbleiben der kaufkräftigen chinesischen Reisenden bis heute.
Außerdem gibt es die Nachricht, dass der Besitzer von Patagonia sein Unternehmen an Wohltätigkeitsorganisationen spendet, um das Klima zu retten. Die Aktion ist nicht ganz unumstritten, da sie von einigen als Marketing-Gag angesehen wird, weil sie die Popularität von Patagonia steigert und das Unternehmen dazu bringt, mehr Produkte zu verkaufen.
Riccardo Tisci verlässt Burberry nach fünf Jahren und wird von Daniel Lee abgelöst.
Es ist außerdem Fashion Month und die Modenschauen in London, Paris, New York, Mailand und diesmal auch Berlin finden statt. Die Highlights aus der deutschen Hauptstadt lesen Sie hier.
Oktober
Die internationale Modeindustrie wird im Oktober von den Entgleisungen von Ye (ehemals Kanye West) erschüttert. Der einst gefeierte Künstler, Designer und Unternehmer zieht den Zorn und die Empörung der Welt auf sich, als er mehrfach antisemitische Äußerungen macht und ein T-Shirt mit der Aufschrift 'White Lives Matter' trägt. Die Modemarken Balenciaga und Adidas kündigen die Zusammenarbeit mit Ye und brechen die Beziehungen ab. Außerdem geben mehrere Wiederverkaufsplattformen an, dass sie keine Produkte von Yeezy, Yes Marke, die er in Partnerschaft mit Adidas hatte, verkaufen werden. Ye steht auch unangemeldet vor dem Büro der Schuhmarke Skechers, mit der er keine Partnerschaft oder Verbindung hat, zu der Skechers erklärt, dass Ye nicht eingeladen wurde.
Außerdem hat Galeria Karstadt Kaufhof erneut einen Antrag auf staatliche Beihilfen gestellt, woraufhin auch bekannt wurde, dass der Konzern im Geschäftsjahr 20/21 einen dreistelligen Millionenverlust erlitten hat. Nach der Ankündigung zahlreicher Filialschließungen bei Galeria Karstadt Kaufhof will die Gewerkschaft Verdi um die Arbeitsplätze bei Deutschlands letzter großer Warenhauskette kämpfen. Galeria Karstadt Kaufhof hatte zuvor angekündigt, mindestens ein Drittel seiner verbliebenen 131 Warenhäuser zu schließen.
Berlins Fashion Hub nimmt Gestalt an. Vor mehr als zwei Jahren wurde bekannt, dass die deutsche Hauptstadt innovative und nachhaltige Mode mit einer neuen Anlaufstelle fördern will. Langfristig soll Berlins Fashion Hub auf eigenen Beinen stehen. Die Mittel des Landes Berlin – 1,5 Millionen Euro bis 2025 – dienen als Anschubfinanzierung. In Zukunft will sich der Hub selbst finanzieren und gewinnbringend wirtschaften.
Der Higg-Index bekommt auch im Oktober Rückenwind. Die Watchdogs ACM und NCA setzen Richtlinien zur Verwendung von Higg-Index-Daten durch Bekleidungsunternehmen.
Thom Browne wird der neue Vorsitzende des Council of Fashion Designers of America (CFDA). In seiner neuen Rolle tritt Browne in die Fußstapfen von Tom Ford.
November
Der November ist alles andere als ruhig an der Modefront. So wird die Übernahme der Modemarke Tom Ford durch Estée Lauder angekündigt, Raf Simons stellt sein eigenes Label ein und Alessandro Michele verlässt Gucci.
Die französische Wettbewerbsbehörde verhängt gegen EssilorLuxottica ein Bußgeld in Höhe von 81 Millionen Euro, die Adidas AG passt ihre Gewinnprognose aufgrund der Beendigung der Partnerschaft mit Ye an und Next Retail Limited übernimmt Made.com.
Außerdem gibt es eine weitere Kontroverse um Balenciaga. Das Modehaus hat sich auf Instagram für mehrere kontroverse Bilder aus zwei Kampagnen der Marke entschuldigt, die für einen Aufschrei gesorgt hatten, weil sie Kinder mit Teddybären in SM-Kleidung abbildete. Eine andere Kampagne des Modehauses enthielt Dokumente, die sich auf einen Rechtsstreit über Kinderpornografie bezogen. Auch Kim Kardashian reagierte nach heftiger öffentlicher Kritik und sagte, dass sie ihre Beziehung zu der spanischen Luxusmarke „neu bewerten“ werde.
Deutschland nimmt Abschied von Mode-Pionier Albert Eickhoff. Wenige Tage vor seinem 87. Geburtstag ist Mode-Unternehmer im November gestorben. Mit seiner Frau hatte er unter anderem Armani und Tom Ford nach Deutschland gebracht. 1961 eröffnete er mit seiner Frau Brigitte in Lippstadt den Modesalon Eickhoff. 20 Jahre später verlegte er den Sitz des inzwischen zum Modehaus angewachsenen Unternehmens in die Düsseldorfer Luxuseinkaufsstraße Kö. Ende 2013 schloss das Traditionshaus.
EIn Paukenschlag bei den beiden großen deutschen Sportartikelkonzernen Puma und Adidas: Puma-Chef Björn Gulden wechselt ausgerechnet zum größeren fränkischen Lokalrivalen. Puma SE ernennt daraufhin Arne Freundt mit sofortiger Wirkung zum Geschäftsführer und Vorstandsvorsitzenden.
In Belgien reagierte C&A im November auf verschiedene Medienberichte, wonach das Einzelhandelsunternehmen Geschäfte in dem Land schließen würde. Nach Angaben des Unternehmens vermittelten die Berichte 'einen falschen Eindruck'. C&A sagt, dass es in der Tat eine Modernisierungsstrategie umsetzt, hat aber keine zukünftigen Ladenschließungen angekündigt.
Dezember
Der Dezember beginnt mit der Bekanntgabe der Farbe des Jahres 2023. Das Farbinstitut Pantone hat die Farbe Viva Magenta, ein rot-rosa Farbton, zur Farbe des kommenden Jahres erklärt.
Rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft ist außerdem die Kauflust in Deutschland zurückgekehrt. Das Konsumklima sei zum dritten Mal in Folge gestiegen, teilte das Nürnberger Konsumforschungsunternehmen GfK anlässlich seiner monatlichen Konsumstudie mit. Sowohl die Konjunktur- und Einkommenserwartung wie auch die Anschaffungsneigung hätten demnach dazugewonnen.
Die Schlagzeilen rund um Galeria Karstadt Kaufhof nehmen kein Ende. Spekulationen zufolge müssen mehr Mitarbeitende als bisher bekannt um ihren Job bangen. Außerdem könnten deutlich mehr Filialen von einer Schließung betroffen sein, als ursprünglich erwartet. Bis zu 90 Galeria-Karstadt-Kaufhof-Filialen könnten angeblich schließen. Der Onlinehändler buero.de hatte zuvor sein Angebot zur Übernahme von knapp 50 Filialen des angeschlagenen Warenhauskonzerns Galeria Karstadt Kaufhof zurückgenommen.
Der Bundestag hat mit großer Mehrheit eine Ratifizierung des umstrittenen EU-Handelsabkommens mit Kanada (Ceta) beschlossen.
Unternehmer Bernard Arnault , dem der Luxusgüterkonzern LVMH gehört, ist der reichste Mann der Welt. Elon Musk ist in den Ranglisten der Superreichen auf Platz zwei zurückgefallen. Nach Angaben des Schweizer Mediums Bilanz, steht Gérard Wertheimer, der Miteigentümer des Modehauses Chanel ist, an zweiter Stelle der reichsten Schweizer:innen.
Die nachhaltige Modemesse Neonyt kündigt an, neben Düssseldorf auch nach Paris zu ziehen.
Mercedes Benz ist nicht mehr Titelsponsor der Berliner Modewoche. Stattdessen will der Stuttgarter Automobilkonzern mit dem neuen Konzept ‘Mercedes-Benz Fashion Moments’ Berlin als „wichtigste deutsche Modemetropole“ weiter unterstützen. Für die erste Ausgabe, die am 18. Januar im Flughafen Tempelhof stattfinden soll, kooperiert Mercedes mit Marc Cain.
Die niederländische Denim-Marke Kings of Indigo hat neue Eigentümer:innen. Die Marke macht einen Relaunch mit dem deutschen Unternehmerduo Kathrin und Sebastian Proft.
Im Dezember wurde außerdem bekannt, dass die belgische Modemarke Ann Demeulemeester einen neuen Kreativdirektor hat. Der junge Designer Ludovic de Saint Sernin übernimmt die Rolle.
Dieser Artikel wurde ähnlich auf FashionUnited.nl veröffentlicht und entstand mit Hilfe von Caitlyn Terra. Übersetzung und redaktionelle Bearbeitung: Barbara Russ.