It-Girls, Majestäten und die Liebe: Tag drei der Berliner Modewoche
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Am dritten Tag der Berliner Modewoche feierten Marken mit ihren Shows wie Stars oder sogar Gött:innen, schauten aber auch in das alltägliche Leben mit einem Einkauf auf dem Wochenmarkt oder der Ankunft in einer neuen Stadt. Während es dabei auf einigen Laufstegen bunt und aufreizend zuging, setzten andere auf Zurückhaltung und dezente Farben.
Dzhus
Das ukrainische Label Dzhus verstreute bei seiner Kollektion „Anticon“ Sand in U-Form, verteilte drumherum verschiedene Sommerhüte und platzierte Möbel im Style einer Ibiza-Strandbar. Ähnlich wie das Mobiliar war auch die Kollektion in Weiß gehalten. Bei der für die Designerin Irina Dzhus typischen als Performance präsentierten Kollektion stylte sie durch Reißverschlüsse und Riemen Hosen und Röcken zu Kleidern. Aber auch die Tischdecke mit Kordeln, auf der ein Fischerhut thronte, wurde zum Poncho verwandelt, wobei der Hut zur Halskrause wurde. An anderer Stelle war der große Sommerhut gleichzeitig auch der Kragen eines Mantels, während aus einem massiven Stehkragen eine Visor-Maske hervor gezaubert wurde.
Horror Vacui
Mit Horror Vacuis “Love’s continuum”-Kollektion (Eng.: Kontinuum der Liebe) setzte Designerin Anna Heinrichs für das zehnte Jubiläum ein Zeichen im Auftrag der Liebe. Die Models waren mit floralen Prints und verspielten Details in Herzformen übersät. Daneben waren Plissee und Bänder im Zickzack-Cut an langen fließenden Kleidern zu sehen. Auch die Farbpalette war bunt wie ein Blumenstrauß.
Poolparty bei Kitschy Couture
Das Berliner Label Kitschy Couture um die Gründerin Abarna Kugathasan lud für „Artificial Paradise“ ins historische Stadtbad Neukölln ein und füllte das Schwimmbecken mit einer Vielzahl plastischer Wasserspielzeuge wie Palmen, Delphine und einem überdimensionalen Schwan.
Auf letzterem wurde ein Model nur in einem Bikini-Unterteil mit Wicklung am Bein und langen, gewellten Haaren, die die Brust bedeckten, positioniert. Diese gleitete auf dem Schwan wie eine Nymphe oder Göttin über das Wasser. Auch der erste Look auf dem Laufsteg erinnerte an eine elegante Göttin, die mit ihrem großen Kopfschmuck und transparenten bestickten Look in Weiß auch einem majestätischen Schwan Tribut zollte. Dieser Eindruck wurde mit langen fließenden Schleppen, die mit Unterwäsche – teils asymmetrisch übereinander gestylt – und Swimwear gepaart wurden, verstärkt.
Details wie Rüschen, florale Bestickungen und fließende Stoffe sowie Delphin-Taschen und Ohrringe rundeten das paradiesische Thema ab. Farblich setzte die Kollektion vor allem auf Pink, Türkis und Weißabstufungen.
SF1OG auf dem Wochenmarkt
Das Berliner Design-Collective SF1OG inszenierte einen Spaziergang über den Wochenmarkt, wobei die Models verschiedene Typen von Konsument:innen und Standbetreibenden darstellten. Vom Fleischer mit weißer Weste zu Besucher:innen die mit ihren Hunden über den Markt schlenderten. Das Thema wurde durch Details wie Mehrweg-Tragetaschen und Geschirrtücher, die in verschiedene Pieces integriert wurden, sowie Fischköder transportiert. Für den extra Stauraum beim Einkauf präsentierten einige Models verschiedene Taschen und Minirucksäcke der Marke Eastpak, für die Deadstock-Stoffe der Kollektion aufgegriffen wurden.
Balletshofer erforscht das Stadtleben
Für die Kollektion “2024 - 006” erforschte Balletshofer „die neuronale Erfahrung, mit einer Stadt zu wachsen und sich in ihr zu bewegen“, heißt es in den Shownotes. Gründer Alan Balletshofer lässt sich von der japanischen Philosophie des Ichi-go ichie inspirieren, die die Unwiederholbarkeit eines Augenblicks beschreiben soll. Dafür setzte Balletshofer auf klare Schnitte, zurückhaltende Farben wie Grau und Schwarz mit leichten Farbakzenten. So war ein grauer Zweiteiler mit blauen Details zu sehen, der an die Arbeitskleidung von Fabrikarbeitenden oder Mechaniker:innen erinnerte. Aber auch Business-orientierte Looks – schwarzer Anzug mit Krawatte und Mantel – waren zu sehen. Dazu trugen die Models Taschen und hörten Musik über Kopfhörer. Darüber hinaus kollabierte die Marke mit der Schuhmarke Timberland, wobei eine Bootschuh-Silhouette als Showpiece mit blauen und schwarzen Kappen neu interpretiert wurde.
Clara Colette Miramon
Die in Berlin lebende Designerin Clara Colette Miramon, die das traditionelle Frauenbild aufbrechen und die weibliche Sexualität zelebrieren will, zeigte verschiedene Korsett-Zweiteiler aus Rock und Top in knalligem Pink sowie eine Denim-Variante. Außerdem waren Körper a la Jean Paul Gaultier auf Pieces wie Kleider und Zweiteiler gedruckt, die mit Plüsch-Details ergänzt wurden. Zu den Highlights der Kollektion zählte ein Rock aus weißen Boxhandschuhen sowie eine transparente 60er-Jahre Diner-Uniform. In der Mitte der Schaufläche war ein Erdhügel aufgeschüttet, auf dem ein Model wie tot lag, sich dann allerdings zum Ende der Show aufraffte und sie mit ihrem Walk schloss.
Namila feiert mit Ed Hardy
Namilia setzt in dieser Saison seiner Y2K-Ästhetik die Krone auf und kollabierte mit Ed Hardy. Die kalifornische Marke bekam durch das Aufleben des Trends in den vergangenen Jahren ihren zweiten Frühling und war nun auch bei dieser Zusammenarbeit mit Namilia großflächig vertreten. Von einfachen Tops und Lederhosen über Accessoires wie lange Handschuhe und Stiefel zur langen Schleppe zogen sich die ikonischen Prints mit Motiven wie Tiger, Totenkopf und Rosen durch die Kollektion.
Wären nicht provokanten Sprüche wie „Daddy‘s little Angel” (Eng.: Papas kleiner Engel), “Fashion Fauxpas" oder “To pretty for Rehab” (Eng.: Zu schön für die Reha) zu lesen gewesen und die detaillierte Schneiderkunst mit dem Spiel von verschiedenen Materialien wie Leder und Denim neben Stickereien auf transparenten Stoffen nicht präsent gewesen, hätte man fast denken können, es war eine Ed Hardy Show. Natürlich verdeutlichte auch der Namilia-Schriftzug, der auf mehreren Pieces zu sehen war, die Zusammenarbeit.
Thematisch beschäftigte sich die Marke mit dem Stereotyp der Stars und It-Girls der 00er und 10er Jahre, und damit, wie diese während ihrem Höhepunkten gefeiert sowie in menschlichen, schwierigen Zeiten verurteilt wurden. Dies wurde einerseits in den besagten Sprüchen ausgedrückt, aber auch durch von Hochzeit inspirierte Looks, die vielleicht eine übereifrige Entscheidung mit der falschen Person verdeutlichen, gezeigt.