Ist die Modelbranche gesünder geworden?
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Angesichts des jüngsten Schritts der Branche, mit der „Model's Health Pledge“ eine Online-Plattform für Models zu schaffen, mit deren Hilfe ein gesundes Arbeitsumfeld für sie geschaffen werden soll, hat FashionUnited sich gefragt, ob die Modewelt für Models tatsächlich gesünder geworden ist und hat die Entwicklungen der letzten Jahre zusammengestellt.
Die „Model's Health Pledge“ wurde vor wenigen Tagen von führenden niederländischen Modeunternehmen und Branchenprofis gegründet, darunter auch die Zeitschriften Glamour und Vogue sowie Elite Models. Inzwischen haben 30 Unternehmen das Abkommen unterzeichnet, welches zwölf Versprechen beinhaltet, die das physische und psychische Wohlbefinden der Models garantieren sollen.
Niederländische „Model's Health Pledge“ stützt sich auf 12 Versprechen
Bei den zwölf Versprechen handelt es sich um Verpflichtungen von Models und Modelagenturen einerseits und Klienten wie Designer und Händlern sowie den Medien andererseits. Sie verpflichten sich unter anderem, die Gesundheit von Models als essentiell anzuerkennen, ein realistisches Bild der Branche zu zeichnen, Models zu beraten und die Anforderungen von Aufträgen klar zu kommunizieren. Zu den Forderungen gehört, unzuverlässige Klienten abzumahnen und innerhalb von sechs Monaten eine unabhängige Instanz mit Expertise und Autorität auf dem Gebiet zu beauftragen, für die Umsetzung und Überwachung der Versprechen zu sorgen.
Gerade letztere Anforderung und die Androhung von Sanktionen gegen unzuverlässige Klienten sollten hilfreich sein, um die Umsetzung des Gesundheitsversprechens für Models auch in die Tat umzusetzen. Das Versprechen ist von einer eigenen Website (themodelshealthpledge.nl) begleitet, auf der Models Zugang zu Experten erhalten und Unternehmen der Initiative beitreten können.
Frankreich schützt Models per Gesetz
Erst vor gut einem Monat, Anfang September, haben sich die französische Dachkonzerne Kering und LVMH bekannter Modemarken wie Gucci, Saint Laurent und Dior auf gemeinsame Regeln verständigt und eine sogenannte „Charta für das Wohlbefinden von Models“ zusammengestellt. Um Gesundheitsgefährdungen zu vermeiden, müssen Models künftig eine Bescheinigung vom Arzt vorlegen, die nicht älter als sechs Monate sein darf.
Damit folgen sie allerdings nur der Gesetzgebung, denn ein Gesetz gegen Magermodels wurde bereits Ende 2015 beschlossen. Anfang Mai veröffentlichte die französische Regierung einen Erlass im Amtsblatt, der die Details des Gesetzes weiter bestimmte. Um gefährliches Untergewicht zu verhindern, brauchen Models in Frankreich künftig eine Bescheinigung vom Arzt, dass ihr Gesundheitszustand mit dem Beruf vereinbar ist. Zentraler Faktor ist dabei der Body-Mass-Index, der das Gewicht ins Verhältnis zur Körpergröße setzt. Ein Schlupfloch ist jedoch die Dauer, denn diese Bescheinigung wird in der Regel für zwei Jahre ausgestellt und zwei Jahre reichen allemal aus, um sich die Gesundheit zu ruinieren.
Kering und LVMH definierten zudem, dass Models unter 16 Jahren für die Marken nicht mehr bei Fotoaufnahmen oder Modeshows posieren dürfen, falls sie dabei Erwachsene darstellen. Gegner von Size Zero werden sich freuen, dass besonders kleine Konfektionsgrößen für Frauen und Männer inzwischen tabu sind.
Dänische Modeindustrie führt Gesundheitstests ein
Anfang des Jahres führte die dänische Modeindustrie Gesundheitstest für Models ein, um so dem Entstehen von Magermodels entgegenzuwirken. In Dänemark ist 16 das gesetzlich vorgeschriebene Mindestalter für Models, deshalb sollen alle 16-jährigen Models einer Gesundheitsüberprüfung unterzogen werden um sicherzustellen, dass sie sowohl physisch als auch psychisch fit sind, um als Model zu arbeiten.
Supermodel Kate Moss ließ im September 2016 verlauten, dass sie ihre eigene Modelagentur aufmachen wolle und eigentlich per se keine gutaussehenden Menschen wolle, sondern „Leute, die singen, tanzen und schauspielern können“. Damit wendet sich die Kate Moss Agency gegen die Einseitigkeit des Modelberufs und hin zur Vielseitigkeit einer Persönlichkeit. „Ich möchte Stars hervorbringen und mich auf das Management von ihren Karrieren konzentrieren, statt nur eine Modelagentur zu sein“, sagte Moss. Und sie muss es schließlich wissen, kann die inzwischen 43-jährige, die mit 14 entdeckt wurde, doch auf eine fast 30-jährige Karriere zurückblicken.
Körperbild von Frauen ändert sich langsam
Wieviel sich dann doch beim Thema Körperbild geändert hat, verdeutlichte die Spielzeugfirma Mattel, die im Februar 2016 - immerhin 57 Jahre nach Erscheinen der ersten Barbie - zum ersten Mal in ihrer Geschichte Barbies mit normalen Körperformen auf den Markt brachte, darunter auch
Im Juni 2015 verbat die britische Werbeaufsicht wegen „ungesunden Untergewichts“ eines Models eine Anzeige der Luxus-Modemarke Yves Saint Laurent. Die Knochen am Brustkorb der jungen Frau waren auf dem Schwarz-Weiß-Foto deutlich zu sehen und die Beine und Arme wirkten extrem mager. Eine Leserin beschwerte sich über die Werbung, die in der britischen Ausgabe des Frauenmagazins Elle erschien. Es sei unverantwortlich, ein so ungesund aussehendes Model abzulichten, fand sie. Die Advertising Standards Authority (ASA) gab ihr recht und bestimmte, dass das Bild in Zukunft nicht mehr erscheinen dürfe. Die französische Modemarke teilte die Einschätzung laut ASA aber nicht.
Die Modezeitschrift Vogue, die sich wie oben erwähnt der „Model's Health Pledge“ anschloss, beschloss bereits im Jahr 2012, künftig auf Magermodels zu verzichten. Die Chefredakteure der 19 internationalen Ausgaben der Vogue riefen die weltweite „Health Initiative“ ins Leben. Aufbauend auf der Arbeit der American Health Initiative des Council of Fashion Designers (CFDA) in den USA und des British Fashion Council in Großbritannien wollte das Modemagazin mit der Initiative dazu beitragen, ein gesundes Körperbild und -bewusstsein innerhalb der Modebranche zu schaffen.
Ein Verbot von Magermodels gibt es auch in Israel, und Italien einigte sich bereits 2006 mit den Modeverbänden auf eine Grundsatzerklärung gegen Magersucht. Auch in anderen europäischen Ländern wird das Problem immer wieder diskutiert und oft gibt es Selbstverpflichtungen von Verbänden oder Designern, auf Magermodels zu verzichten. Sicherlich stehen Models heute nicht mehr so allein dar, wie noch vor ein paar Jahren, aber die Debatte ist so lange noch nicht abgeschlossen, bis gesunde Proportionen und Maße die Norm auf den Laufstegen und in Anzeigen geworden sind. Bis dahin sollten sich Verbraucher ihrer Macht bewusst werden und von ihrem Recht Gebrauch machen, Werbung abzulehnen und entsprechende Produkte nicht zu kaufen.
Fotos: Dior FS18 Nicole Maria Winkler für Dior / Model's Health Pledge Facebook / Danish Fashion Institute Facebook / Navabi / Mattel / Drop the Plus / Yves Saint Laurent