Ist der digitale Ausweis für Produkte die Zukunft der Mode?
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Wer hätte sich vor zehn Jahren vorstellen können, dass eine für Nachhaltigkeit und Verantwortung sensibilisierte Generation von Konsumenten, ein solches Bedürfnis nach Transparenz und der Rückverfolgbarkeit von Gegenständen entwickeln würde? Die Luxus- und Modeindustrie hat diese neue Nachfrage zur Kenntnis genommen: Sie setzt nun ein ganzes Arsenal effektiver Maßnahmen und konkreter Antworten ein, um ihre Kunden über die Herkunft ihrer Produkte zu informieren. Dabei greift sie insbesondere auf die Möglichkeiten der Blockchain zurück – einer Technologie, die es erlaubt, Informationen transparent, sicher und ohne zentrale Kontrollinstanz zu speichern und zu übertragen.
Die Verbraucher davon zu überzeugen, dass es sich bei den ergriffenen Maßnahmen nicht um reine Lippenbekenntnisse und Marketingmanöver handelt ist allerdings nicht einfach. Um dem Misstrauen entgegen zu wirken, haben Marken sich etwas einfallen lassen. Ein Konsortium soll es ihnen ermöglichen, den Kunden einen einheitlichen Standard anzubieten, basierend auf einer Technologie, die von mehreren Marken genutzt werden kann. So entstand 2017 – nach dem Treffen der Richemont-Gruppe mit Marken wie Ba&sh, Mugler, Breitling, Verlan, Satoshi Studio, Olistic, March LAb, RSVP, Manufacture Royal und anderen – das Arianee-Protokoll, ein unabhängiges Non-Profit-Konsortium, dessen Aufgabe es ist, einen globalen Standard für die digitale Zertifizierung von Wertgegenständen aufzubauen.
Dieses Protokoll ermöglicht es, jeden Artikel mit einer eindeutigen und fälschungssicheren digitalen Identifikationsnummer mit zu verknüpfen. Basierend auf der Blockchain-Technologie eröffnet dieser digitale „Personalausweis“ einen neuen Kanal für die permanente, sichere und anonyme Kommunikation zwischen Marken, Eigentümern und Objekten. Konkret bedeutet das: Wenn ein Kunde einen Artikel von einer Marke kauft, die diese Technologie nutzt, erhält er den digitalen Personalausweis auf seinem Smartphone. Dieser enthält alle Informationen über das gekaufte Produkt. Im Falle eines Weiterverkaufs geht dieser zusammen mit der Ware auf den nächsten Eigentümer über und garantiert diesem die Echtheit seines Kaufs. So kann die Marke auch verschlüsselten und sicheren Kontakt zu der Person halten, die das Objekt besitzt.
Diese Technologie weckt sichtlich das Interesse von Marken, die sich der Veränderungen des Marktes bewusst sind. Veränderungen, die vor allem durch den Anstieg von E-Commerce und das Aufkommen von Second-Hand-Plattformen begünstigt wurden. Auf dem Spiel steht nichts geringeres als die Frage der Kundenbeziehungen: Wie kann man mit Kunden in Kontakt treten, die nicht online kaufen, ein Geschenk erhalten oder Produkte aus zweiter Hand kaufen? Wie kann man auf überzeugende Art und Weise transparent sein? Wie beweist man sein Engagement für einen verantwortungsvolleren Konsum, erzählt eine Geschichte und baut gleichzeitig sein Geschäft aus?
„Beschleunigung der digitalen und ökologischen Transformation unserer Industrie“
Es bleibt die Frage der Kosten: Diese Technologie, die das Konsortium in großem Maßstab einsetzen will, erfordert erhebliche Investitionen. Denn Arianee hat den Ehrgeiz, einen Standard für die Ausstellung von verschlüsselten digitalen Pässen auf der Blockchain zu setzen, der als Open Source über ein Konsortium nach dem französischen Gesetz von 1901 allen Entwicklern offen steht, die neue Nutzungsmöglichkeiten für Marken schaffen wollen. Dieses Vorhaben, das bereits von zahlreichen Akteuren im Luxus- und Einzelhandelssektor unterstützt wird, hat auch die Zustimmung der Investoren erhalten. So hat das unabhängige Konsortium gerade bekannt gegeben, dass es seine Seed-Runde mit einem Gesamtbetrag von 8 Millionen Euro abgeschlossen hat. Diese Finanzierungsrunde brachte die führenden französischen Tech- und Blockchain-Investoren zusammen – BPiFrance, ISAI, Cygni Labs, Noia Capital – aber auch französische Tech-Unternehmer wie Thibault Elziere, Jonathan Cherki, Jonathan Benhamou und Clement Buyse.
„Wir glauben stark an diese neue Lösung, die dazu beitragen wird, die digitale und ökologische Transformation unserer Branche zu beschleunigen“, resümierte Delphine Le Mintier-Jonglez, Mode- und Luxusexpertin bei BpiFrance.
Begeisterung auch bei Guillaume Simonaire, Creative Industries-Investor bei BPIFrance: „Arianee erfindet die Beziehung zwischen Kunden und Luxusmode-Anbietern mit einem einzigartigen Wertversprechen, das auf der digitalen Identität des Produkts basiert, neu. Das Unternehmen hat seine Markttauglichkeit bewiesen und verfügt über alle Voraussetzungen, um die Referenzlösung für Marken zu werden, um die großen Herausforderungen von morgen zu meistern – nämlich Second-Hand-Ware und Authentifizierung sowie Rückverfolgbarkeit.“
Für Frédéric Montagnon, Mitbegründer von Arianee, bietet dieser Erfolg auch eine erste Antwort auf die Fragen des Datenschutzes, der von den Internet-Giganten oft missachtet werden: „Das Internet der Werte revolutioniert die Branche. Unser Ansatz wird es der Mode- und Luxusindustrie ermöglichen, an der Spitze der Innovation zu stehen, indem sie sich eine Technologie aneignet, die sie prägen wird, ohne sich erneut den einseitigen Entscheidungen der GAFAs unterwerfen zu müssen.“ Die digitale Transformation der Luxusindustrie scheint definitiv im Gange zu sein.
Dieser Artikel wurde zuvor auf FashionUnited.fr veröffentlicht. Übersetzung und Bearbeitung: Barbara Russ
Bild: Arianee