Indische Männermode erobert den Westen
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Unter den Bezeichungen „traditionell“, „orientalisch“, „ethnisch“ oder gar „1001 Nacht“ findet sich auch in Deutschland im Online- und stationären Handel immer häufiger indische Männerbekleidung, die von einfachen Kurta Pajamas (der bequemen Abend- und Loungemode für Männer) bis hin zu Kaftanen und festlichen Kurta Pajama-Sets mit passendem Schal sowie traditioneller Festmode wie Achkans und Sherwanis reicht.
Das ist kein Zufall, denn die traditionelle indische Männermode macht einen Wandel durch: Was früher als festliche Garderobe für spezielle Anlässe gesehen wurde, wird heute als reguläre moderne Garderobe akzeptiert. Und nicht nur in Indien, auch im Ausland. So kann man moderne Versionen der Nehru-Jacke (deren Fan auch der indische Premierminister Narendra Modi ist) genauso bei Ready-to-Wear-Labels in New York finden wie von jungen Männern getragene Jodhpurhosen in London. Manchmal treffen sich Ost und West auch in den Details, wie zum Beispiel ein Sherwani-Stehkragen an einer Anzugjacke.
Männer schätzen das Besondere
Es gibt eine Reihe von Gründen für diesen auffallenden Wandel des Männergeschmacks. Zum einen die große Anzahl der im Ausland lebenden Inder, die einen großen Markt auch für die Modebranche darstellen. Zu Besuch in ihrem Heimatland, schauen sie sich nach Mode um und wollen etwas kaufen, das es in ihrer neuen Heimat nicht gibt. Designer stellen sich bereits darauf ein und versehen ihre traditionellen indischen Stücke mit zusätzlichen raffinierten Details. Menswear-Designer Zubair Kirmani zum Beispiel versieht seine Kurtas mit seltener Handarbeit aus Kaschmir und aufwändiger Tilla-Stickerei. Der Onlinehandel macht es zudem einfach, direkt von zu Hause aus einzukaufen und sich die gewünschten Artikel zuschicken zu lassen.
Bevor indische Mode aber zum weltweiten kommerziellen Erfolg und von Mainstreet-Marken übernommen werden kann, gibt es noch einige Hürden zu überwinden: Zum Beispiel das Eingehen von Kleidungsstücken oder Farbveränderungen nach der Wäsche. Designer Troy Costa weist darauf hin, dass es zwar gut sei, handgesponnene und handgewebte Kleidung wie Khadi zu fördern, dass dies aber schwierig ist, da das Material erst mit Enzymen versetzt werden muss, um es dauerhaft zu machen und das Schrumpfen nach der Wäsche zu verhindern. Wenn also auch internationale Designer von Armani bis Gaultier ihre Kollektionen mit indischen Einflüssen versehen, ist der Markt für indische Mode weltweit doch eher klein.
Noch, sollte man vielleicht hinzufügen, da das Interesse sowohl auf Verbraucher- als auch Designerseite da ist: Auf den jüngsten Van Heusen und GQ Fashion Nights in Mumbai ließen es sich der US-Designer Alexander Wang und Kevin Harter von Bloomingdale’s nicht nehmen, dabei zu sein. Und sie wurden nicht enttäuscht: Traditionalle indische Männermode von Designern wie Raghavendra Rathore zeigte Achkans (knielange festliche Jacken), Jawahar-Westen und Jama-Mäntel im urbanen Kontext. Designerin Nida Mahmood, die erst vor kurzem mit Männermode begann, entschied sich, ihre Kollektion an einem französischen Model zu zeigen, um den weltweiten Reiz von handgewebten Stoffen zu verdeutlichen.
Auch wenn der Einfluss indischer Männermode auf die Männergarderobe weltweit noch eher klein ist, hat er doch gute Chancen zu wachsen. Denn Experten zufolge sind indische Verbraucher an einem Punkt angelangt, an dem sie wieder stolz auf ihre Herkunft sind, nachdem sie jahrelang westlichen Trends gefolgt sind. Das belegen auch die Zahlen: Eine aktuelle Technopak-Studie fand heraus, dass der Markt mit traditioneller Mode in Indien im Jahr 2014 umgerechnet 12,6 Milliarden US-Dollar (rund 11,2 Milliarden Euro) ausmachte und bis 2019 auf 19,4 Milliarden US-Dollar (rund 17,2 Milliarden Euro) wachsen soll.
Geschrieben von Meenakshi Kumar für FashionUnited IN, übersetzt und überarbeitet von Simone Preuss