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Fünf Fragen an Marte Hentschel, CEO von Sqetch und ‘Vorn – The Berlin Fashion Hub’

Von FashionUnited

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Mode |CEO-Interview

Marte Hentschel. Foto: via Fashion Council Germany

Marte Hentschel ist CEO von Sqetch, einer B2B-Sourcing-Plattformen für die Mode- und Textilindustrie mit Sitz in Amsterdam und Berlin, sowie Co-CEO von Vorn - The Berlin Fashion Hub, einer phygitalen Plattform für nachhaltige Entwicklungen in der Modeindustrie. Außerdem ist die Nachhaltigkeitsexpertin eine langjährige Projektpartnerin des Fashion Council Germanys und Professorin an der BSP Business & Law School in Berlin.

Im Interview spricht Hentschel über Digitalisierung, Circular Econonmy und Künstliche Intelligenz.

ABOUT
Dieses Interview wurde vom Fashion Council Germany verfasst. In Kooperation mit FashionUnited werden in regelmäßigen Abständen spannende deutsche Mode-Labels und Designer:innen vorgestellt, die Mitglieder oder Partner:innen des FCG sind.

Sie haben gemeinsam mit Magdalena Schaffrin und Max Gilgenmann von der Strategieberatung studioMM04 ‘Vorn’ gegründet. Welche Vision steckt dahinter?

‘Vorn - The Berlin Fashion Hub’ ist ein physischer und digitaler Ort im Herzen Berlins, an dem Innovationen für eine nachhaltige Entwicklung der Modeindustrie gemeinschaftlich konzipiert, umgesetzt und zugänglich gemacht werden. Wir bieten einen inspirierenden Ort des Austauschs und des Wissenstransfers und fungieren als Vermittler zwischen High-Tech-Entwicklung und der Mode- und Kreativbranche.

Unser Fokus liegt insbesondere auf Marken und Kreativen, NGOs und Forschungsinstituten sowie Start-ups und Scale-ups entlang der Mode- und Textilwertschöpfungskette, einschließlich Technologie- und Digitalunternehmen. Unser Ziel ist es, Innovationen für eine nachhaltige Entwicklung zu fördern, zu beschleunigen und zu kommunizieren. Wir realisieren dies durch unsere vier aufeinander aufbauenden Programme: Community Services und Coworking, Innovation Lab und Scaling Programme. Als eingetragene Genossenschaft arbeiten wir gewinnorientiert, jedoch mit dem Gemeinwohl im Fokus. Wir kooperieren mit deutschen, europäischen und internationalen Partnern und Organisationen, um die Zukunft der Mode voranzutreiben.

Vorn – The Berlin Fashion Hub. Foto via Fashion Council Germany

Sie sind auch als Beraterin, Coach und Speakerin aktiv. Was ist nach wie vor die größte Herausforderung bei der Transformation der Branche zu einer „Circular Economy“?

Aus meiner Sicht liegt das Kernproblem in der Entwertung und der kurzen Lebensdauer von Produkten aufgrund einer immensen Überproduktion. In den letzten 20 Jahren hat sich der Konsum verdoppelt, während der Preis und die Nutzungsdauer halbiert wurden. Jede:r europäische Bürger:in erzeugt durchschnittlich 15 Kilogram Textilmüll pro Jahr, wobei weniger als ein Prozent recycelt wird.

Um dieses Problem anzugehen, sind strukturelle Lösungen erforderlich, die von Politik, Industrie und Zivilgesellschaft gemeinsam entwickelt werden müssen. Dazu gehören langlebigere Produkte und eine umfangreiche Recycling-Infrastruktur. Wir beteiligen uns aktiv an diesem Transformationsprozess durch Forschungs- und Entwicklungsprojekte sowie durch unsere Teilnahme an Multistakeholder-Initiativen und Foren.

Als Sqetch-CEO sind digitale Themen für Sie an der Tagesordnung. Gerade wird viel über Künstliche Intelligenz diskutiert. Wie beurteilen Sie das Thema für die (digitale) Modebranche?

Künstliche Intelligenz wird als Schlüsseltechnologie die gesamte Wertschöpfungskette nachhaltig verändern. Bei Sqetch engagieren wir uns dafür, Modemarken und Hersteller:innen Informationen über potenzielle Umwelteinträge entlang ihrer Lieferkette bereitzustellen. Dadurch möchten wir ihnen dabei helfen, im Voraus fundierte und nachhaltige Einkaufsentscheidungen zu treffen.

Sie lehren außerdem an der BSP Business & Law School und waren davor an der Modeschule AMD in Berlin aktiv. Gibt es Themen, die in deiner Lehrtätigkeit verstärkt in den Fokus gerückt sind?

Die Förderung der digitalen und nachhaltigen Transformation ist ein zentraler Bestandteil meiner Lehrtätigkeit. Es ist von großer Bedeutung, dass die zukünftigen Gestalter:innen und Führungskräfte über die richtigen Instrumente und Methoden verfügen, um als Change Agents in Unternehmen wirksam zu sein. Aus diesem Grund kooperieren wir mit einer Vielzahl von Industriepartnern, NGOs und Forschungsorganisationen. Dabei werfen wir auch einen Blick auf andere Branchen, die in Bezug auf digitale und nachhaltige Transformation bereits weiter fortgeschritten sind als die Modewirtschaft.

Nachhaltigkeit und CO2-Neutralität gehören inzwischen bei fast allen Unternehmen und Start-ups zur Selbstverständlichkeit. Was braucht man, um Konsument:innen von seiner Dienstleistung oder seinem Produkt zu überzeugen?

Trotz des Vorhandenseins von mehr als 200 Nachhaltigkeitssiegeln sind Verbraucher:innen häufig überfordert und haben Schwierigkeiten einzuschätzen, welche Nachhaltigkeitsaussagen vertrauenswürdig sind. Zusätzlich tragen Greenwashing-Skandale dazu bei, dass zwar 70 Prozent aller Konsument:innen Interesse an Nachhaltigkeit haben, aber weniger als 10 Prozent der verkauften Produkte tatsächlich nicht-konventionell sind – "Attitude-Behavior-Gap".

Um diese Problematik anzugehen, werden im Rahmen der EU-Textilstrategie derzeit legislative Initiativen entwickelt, die auf transparentere und verlässlichere Verbraucherkommunikation abzielen. Ein Beispiel dafür ist der Digital Product Passport, der Nachhaltigkeitsmerkmale und Lieferketteninformationen auf einen Blick erkennbar machen soll.

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