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.fashion, .style und .boutique: was bringen die neuen Mode-Endungen?

Von FashionUnited

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Mode

Fast unbemerkt außerhalb von Insiderkreisen vollzieht sich seit zwei Jahren die größte Reform in der Geschichte des Netzes. Hunderte neuer Endungen werden freigeschaltet. Auch die Modebranche verfügt seitdem über eigene Namensräumen im Netz.

Ein Mode-Shop endete meistens auf .de oder .com, vielleicht auch einmal auf .net, was sonst? ... Die Auswahlmöglichkeiten im Netz waren lange Zeit sehr begrenzt. Das Internet bestand aus Länder-Endungen und wenigen allgemeinen Namensräumen wie .com oder .org. Das hatte zur Folge, dass im eigentlich unbegrenzten World Wide Web der Platz paradoxerweise knapp geworden war. Kurze und einprägsame Webadressen waren kaum noch zu bekommen. Oder sie mussten für überzogene Preise von professionellen Domainhändlern gekauft werden. Mit der aktuellen Domainreform soll das alles anders werden.

Top Level Domains für fast jeden Zweck

Seit Ende 2013 führt die globale Internetverwaltung ICANN (Internet Corporation für Assigned Names and Numbers) sukzessive hunderte neuer Endungen ein. Die beziehen sich wie .berlin auf Städte, wie .reise auf Branchen oder sind wie .shop oder .kaufen thematisch offen. Auch die Modebranche ist mit eigenen Internetendungen vertreten.

Eine Erweiterung der Internetendungen war lange geplant gewesen. Für eine Gebühr von 185.000 US-Dollar konnte sich im Jahr 2012 jeder für eine frei gewählte Internetendung bewerben, um sie auf Grundlage vertraglicher Regelungen zu vermarkten. Möglich waren Bewerbungen um eine klassische Endungen, die tendenziell jedem offen stehen müssen. Alternativ vorgesehen waren aber auch geschlossene Marken-Räume wie .edeka oder .bmw., die exklusiv den jeweiligen Unternehmen zur Verfügung stehen.

Knapp 2.000 Bewerbungen um etwa 1.400 Endungen gingen schließlich ein. Seit Ende 2013 werden sie freigeschaltet. Auktionen entschieden in der Regel bei konkurrierenden Bewerbungen. In einigen, strittigen Fällen stehen solche Versteigerungen noch an.

Sechs neue Mode-Endungen

Sechs Endungen richten sich explizit an die Modebranche: .fashion, .clothing, .style, .boutique, .shoes und .moda (spanisch, portugiesisch und italienisch für Mode). Die Inhaber sind überwiegend US-amerikanisch. Und sie setzen auf das Massengeschäft. Die Adressen sind zwar erheblich teurer als unter .com und .de. Im Preisgefüge der neuen Endungen liegen sie aber am unteren Rand und kosten oft unter 50 Euro pro Jahr. Die genauen Endpreise legen Registrare wie in Deutschland United Domains, Strato oder Key Systems fest, die die Domains im Auftrag der Betreiber an Endnutzer verkaufen.

Die Versprechen der Betreiber

Die Betreiber der neuen Endungen und die Registrare werben mit ungeahnten, neuen Auswahlmöglichkeiten im Netz sowie mit der Möglichkeit für gezielteres Marketing. Die Endungen bestehen nicht mehr aus kryptisch anmutenden Kürzeln wie .de oder .com, sondern sie "sprechen". Sie signalisieren so schon in der Webadresse eine Branchenzugehörigkeit, was bei Internetnutzern vertrauensbildend wirken könnte. Ob das tatsächlich geschieht, ist allerdings noch offen.

Zudem werden Vorteile bei der Suchmaschinenoptimierung versprochen. Die Idee: Google könnte die Endung als Indikator für den Inhalt interpretieren und etwa Adressen unter .style oder .fashion bei Mode-Suchanfragen bevorzugen. Auch das ist jedoch bisher nicht mehr als spekulatives Marketing-Getöse. Da die Domain-Reform noch zu jung ist, gibt es noch keine ernstzunehmenden Untersuchungen zur Suchmaschinenrelevanz. Google hält sich noch bedeckt und ist allgemein die große Unbekannte im Geschäft der neuen Top Level Domains. Das Unternehmen hat sich selbst um etwa 100 neue Endungen beworben und die bisher nur zögerlich gelauncht. Die offene Frage ist, ob der Internetgigant in Zukunft fair bleibt und alle Top Level Domains tendenziell gleichbehandelt, oder ob die Konzern-eigenen Produkte im Algorithmus bevorzugt werden, wie das Google in anderen Fällen vorgeworfen wird.

Viele Domains und wenige eigene Inhalte

Blick man auf die reinen Nutzungszahlen bei den Mode-Endungen, zeigt sich eine klare Rangordnung: am erfolgreichsten ist die seit Anfang 2014 verfügbare Endung .clothing, auf der bisher etwa 14 Tausend Domains registriert wurden, es folgen .fashion und .boutique (mit jeweils um die 8 Tausend). Geht man einen Schritt weiter und schaut sich sich an, was beispielsweise auf .fashion und .clothings tatsächlich passiert, zeigt sich ein eher ernüchterndes Bild.

Teilweise werden die neuen Domains schon mit eigenen Inhalten genutzt und zwar von Anbietern aus verschiedenen Ländern. Unter den Endungen finden sich vor allem US-amerikanische, aber auch immer weider deutsche, russische, holländische oder portugiesische Shops. Oft leitet die .clothing- oder .fashion-Seite allerdings automatisch auf die alte Firmen-Repräsentanz unter .com oder auch .de weiter. So ist es etwa bei der neuen Präsenz von New Yorker (newyorker.fashion). Und immer wieder wurden Adressen offensichtlich von Domainhändlern erworben, die sie zu erhöhten Preisen zum Weiterverkauf anbieten. Das gilt vor allem für Adressen mit tendenziell attraktiven Begriffen wie "Brautkleider" oder "Damenmode". In einem Fall wird direkt auf die Seite eines großen Domainhandel-Portals weitergeleitet und dort als Weiterverkaufs-Preis 2.500 US-Dollar veranschlagt. (Einen Einblick in die Inhalte auf den Endungen erlaubt eine so genannte .site-Suche auf Google: gibt man "site:.clothing"oder " .site.fashion" ein, werden die vom Suchmaschinen-Index erfassten Angebote angezeigt).

Marken-Endungen noch in den Kinderschuhen

Während sich die neuen Endungen zögerlich, aber doch kontinuierlich mit Leben füllen, liegen die Potenziale der zweiten Kategorie Top-Level-Domains noch komplett brach: geschlossene Top Level Domains von Markeninhabern. Etwa 600 der knapp 2.000 Bewerbungen bezogen sich auf solche Marken-Endungen. Die müssen nicht wie in normalen Fällen allen zur Registrierung offen stehen. Sie sind statt dessen alleiniges Hoheitsgebiet der jeweiligen Unternehmen. Ein attraktives Tool für die Selbstdarstellung im Netz also, könnte man denken. Verschiedene größere Mode-Konzerne haben von der Möglichkeit Gebrauch gemacht und sich Endungen gesichert. Französische Marken sind vertreten (mit beispielsweise .chanel und .hermes), spanische (.zara und .mango), italienische (.gucci) und US-amerikanische (.nike und .gap). Deutsche Mode-Unternehmen sind nicht dabei. Sie haben sich entweder bewusst gegen eigene Marken-Endungen entschieden oder die Entwicklung schlicht verschlafen.

Die Marken-Endungen sind fast alle schon von der ICANN genehmigt und wurden wie im Fall von .chanel, .hermes und .mango auch schon technisch freigeschaltet. Sie werden aber nur sehr zögerlich genutzt. Die Inhaber scheinen noch nicht so richtig zu wissen, was sie mit dem neuen Marketing-Instrument anfangen sollen. Oft bestehen die Präsenzen aus kaum mehr als einer obligatorischen Platzhalter-Seite. Eigene Nutzungskonzepte scheinen noch nicht zu existieren. Und es gab auch noch keine großen Marketing-Kampagnen, um die Marken-Endungen bei Nutzern bekannt zu machen.

Für die Modeindustrie wie für andere Branchen ist noch offen, was die neuen Endungen den Unternehmen wirklich bringen. Potenziale sind vorhanden und die Versprechungen der Betreiber zumindest nicht völlig unplausibel. In der Wahrnehmung der Branche und auch vieler Internetnutzer scheinen sie die Top Level Domains aber noch eine untergeordnete Rolle zu spielen. Ob sich das ändert, wird sich in den nächsten Jahren zeigen.

Text: Stefan Mey (Twitter: @OmyDot)

Fotos: Startseite der Internetendung .fashion (Screenshot nic.fashion)
Startseite der Internetendung .moda (Screenshot nic.moda)
Die neue Marken-Endung von Chanel besteht bisher nur aus einer nüchternen Platzhalterseite. (Screenshot: nic.chanel)
Startseite der neuen Marken-Endung von Hermès (Screenshot: nic.hermes)

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