Trendexperte über HW26: Fantasie wird der neue Luxus
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Die Modebranche plant gern voraus – Designer:innen denken bereits an die Kollektionen für das nächste Jahr, Einkäufer:innen bestimmen bereits das Sortiment für die kommende Saison und Modemagazine fotografieren Wintergeschichten im Sommer. So war es schon immer. Dennoch sind die Zukunftsaussichten der Branche düsterer geworden. Wie wird die Branche nach künstlicher Intelligenz, Klimawandel und geopolitischen Spannungen in Europa aussehen?
Trendforscher Jan Agelink vom Kreativbüro Buro Jantrendman bietet eine beruhigende Perspektive. Er begann sein Webinar „Design Fiction“ für Herbst/Winter 2026/27 mit dem Foto einer kleinen Keramikarbeit des Niederländers Koos Buster mit dem Titel „The Button for World Peace“ („Der Knopf für Weltfrieden“), die Betrachter:innen die Vorstellung vermittelt, dass Weltfrieden per Knopfdruck erreichbar sei. Er spricht die Fantasie an.
Fantasie – die Fähigkeit, neue Ideen für bestehende Probleme zu entwickeln (wie groß die Probleme auch sein mögen) – nennt Agelink „imaginative intelligence“. Er geht davon, dass Fantasie für die Kreativbranche immer wichtiger wird.
Imaginative intelligence: Fantasie als Motor der Innovation
Agelink nennt den belgischen Designer Walter Van Beirendonck als Beispiel für jemanden mit einer starken Fantasie. Die HW25-Show des Designers in Paris enthielt unter anderem 3D-gedruckte, alienartige Fingeraccessoires und mithilfe künstlicher Intelligenz (KI) erstellte Drucke. Van Beirendonck erklärt in seinen Shownotes, dass jede Kollektion zwar Neues verspricht, aber in Wirklichkeit Wiederholungen der Vergangenheit präsentiert.
Bereits im letzten Jahr äußerte der Designer Kritik am Mangel an Innovation in der Mode. „Warum werden immer noch Kleidungsstücke genäht, wenn wir das Potenzial haben, so viele andere Techniken zu erforschen?“, fragt er.
Die schwedische Modedesignerin Ellen Hodakova Larsson entwickelt ebenfalls neue Ideen und Designs, die die Fantasie anregen. Mit ihrem Label Hodakova transformiert sie bestehende Materialien und Formen, wie zum Beispiel das Holz einer Violine, aus dem ein Kleid entsteht, zu neuer Mode.
Im September 2024 gewann sie den prestigeträchtigen LVMH Prize, dotiert mit 400.000 Euro und einem Jahr Coaching durch den französischen Luxuskonzern. „Es zeigt, dass selbst ein Luxuskonglomerat dieser Größe an die Kraft von Mode glaubt, die überrascht, unvorhersehbar ist und emotionale Reaktionen hervorruft“, so Agelink.
Ein Name, den man ebenfalls im Gedächtnis behalten sollte, ist Satoshi Kondo, seit 2019 Kreativdirektor des japanischen Modehauses Issey Miyake. In einer Zeit, in der viele Trends wiederkehren, überrascht Kondo mit Designs, die Form und Funktion auf innovative Weise vereinen. Bei der HW25-Modenschau in Paris trugen Models Kleidung auf unerwartete Weise und zeigten so, dass ein Kleidungsstück nicht nur auf eine Art getragen werden muss.
„Bold New Classics“: Neu interpretierte Klassiker
Für Herbst/Winter 2026/27 sieht Agelink auch die Bedeutung von „Bold New Classics“ voraus: klassische Schnitte und Prints, die die Fantasie neu anregen sollen. Beispiele dafür sind in der viel gelobten HW25-Kollektion von Duran Lantink zu sehen, die in Paris präsentiert wurde.
Der niederländische Designer, kürzlich zum Chefdesigner bei Jean Paul Gaultier ernannt, gab klassischen Designelementen neue Bedeutung, indem er sie in einen zeitgenössischen Kontext stellte: So verarbeitete er beispielsweise sehr alte Drucke in einem überraschend neuen Gewand. Außerdem interpretierte er das Korsett, das üblicherweise mit der weiblichen Form assoziiert wird, als männlichen Torso neu, der an einer Frau präsentiert wurde.
Aufstieg der „Kidults“
Agelink nennt ein auffälliges Phänomen, das derzeit ganz an der Spitze der Modebranche steht: den Aufstieg der ‚Kidults‘, eine Mischung aus ‚Kid‘ (Kind) und ‚Adult‘ (Erwachsene). Dies sind Erwachsene, die sich nach kindlichem Staunen sehnt. Als Beispiel nennt Agelink die HW25-Show von Courrèges in Paris, bei der Models über Konfetti am Boden liefen. Ein unerwarteter Effekt, der die Fantasie von „Kidults“ anregt.
Community-orientierte Einzelhandelsaktivitäten
Konsument:innen kaufen immer häufiger online. Außerdem scheint der traditionelle Einzelhandel ins Abseits gedrängt zu werden, da Tech-Riesen alles daran setzen, Konsument:innen in ihren Webshops zu halten. Sie investieren in Technologie, die blitzschnell persönliche Empfehlungen geben kann.
Doch in diesen technologischen Entwicklungen steckt ein Paradox: Je persönlicher die Technologie, desto unpersönlicher scheint die Modebranche zu werden. Hypermoderne Konsument:innen können Kleidung kaufen, ohne auch nur ein einziges Mal mit einem Menschen in Kontakt zu kommen. Dabei geht ein Kleidungsstück durch viele Hände, bevor es bei den Konsument:innen landet.
Agelink prognostiziert daher für HW26/27 den Trend community-orientierter Einzelhandelsaktivitäten als Gegenreaktion auf die automatisierten Interaktionen. „Die Konsument:innen möchten in die Geschichte des Produkts, der Marke, des Ladens oder des Unternehmens einbezogen werden“, so Agelink.
Marken wie das niederländische Bonne Suits und das belgische Suspicious Antwerp geben diesem Trend eine zeitgemäße Interpretation: Sie organisieren regelmäßig Veranstaltungen und schaffen so Erlebnisse, stärken ihre Community und sorgen für Loyalität.
Das neue Stadtleben: Bedürfnis nach sensorischer Ruhe
Stadtbewohner:innen wollen aber vor allem nicht überreizt werden. Sie erleben laut Agelink bereits die Kehrseite eines zunehmend digitalen Daseins: weniger menschliche Interaktion, wenig Schlaf, weniger Grün und Natur. „In manchen Städten gibt es nicht einmal mehr Schmetterlinge“, bedauert Agelink.
Er sieht eine klare Reaktion auf diese Lebensweise: die wachsende Bedeutung von Kleidung zum Schlafen (z. B. unterwegs). Er nennt unter anderem die Arbeiten von Gozzilah und Post Archive Faction (PAF) als Beispiele für Marken, die auf das Bedürfnis der Konsument:innen nach sensorischer Ruhe eingehen.
Zu den auffälligen Trends, die er beobachtet, gehören Jacken mit extrem großen Kapuzen, die man wie eine Art mobilen Kokon über die Augen ziehen kann – wie etwa in der HW25-Kollektion von Issey Miyake zu sehen. Agelink prognostiziert, dass ein bestimmtes Gelb -- „die Farbe des Sonnenuntergangs“ -- beliebt sein wird. Dieser Farbton ist unter anderem in den HW25-Kollektionen von Maxivive und Henrik Vibskov zu sehen. Außerdem weist er auf weitere von der Natur inspirierte Farben hin, darunter Violett, Grün, Gelb, Rot und Braun.
„Reizt das Gehirn“
Agelink betont in seinem Webinar „Design Fiction“, dass gerade jetzt, in einer Zeit, in der sich KI zu beschleunigen und Trends zu wiederholen scheinen, Fantasie unerlässlich ist. „Reizt das Gehirn, und die Hand greift zum Portemonnaie“, sagte einst der Gründer des Londoner Kaufhauses Selfridges, Harry Selfridge. Seine Aussage erweist sich jetzt als aktueller denn je.
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