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Eric Bergère: «Gegenseitiges künstlerisches Überbieten erzeugt bei mir Langeweile»

Von Herve Dewintre

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Mode |INTERVIEW

Eric Bergère ist eine führende Persönlichkeit in der Welt des französischen Modedesigns. Eine diskrete, aber gefragte, Autorität auf seinem Gebiet, dessen Karriere sich neben den schillerndsten Legenden des Berufsstandes nicht zu verstecken braucht. Seine Karrierestufen - in Frankreich und Japan - sind zahlreich: Er arbeitete unter anderem für Lanvin, Burton of London, Smalto, Ines de la Fressange, Aigle, Cyrillus und Tod's. Der Designer begann seine Karriere nach seinem Abschluss an der Esmod 1980 bei Hermès, wo er im Alter von nur 20 Jahren als Kollektionsdirektor tätig war. Jean-Louis Dumas, der Vorsitzende der Gruppe, hatte ihn ausgewählt, um die Ready-to-wear-Kollektionen des ehrwürdigen Luxushauses zu modernisieren und eine jüngere Kundschaft anzusprechen.

Es war damals die Geburtsstunde des standardisierten Luxus, wie wir ihn heute kennen: Dennoch hatte Hermès bereits die Wahl getroffen, ein Haus des Kunsthandwerks zu bleiben. In diesem fruchtbaren Umfeld schuf Eric Bergère die ersten Umrisse einer Karriere, die nie aufhörte, die Intelligenz der Hand und die Eleganz der Materialien hervorzuheben. Bei Hermès war es auch eine Zeit der entscheidenden Begegnungen. Mit Inès de la Fressange zum Beispiel, die als Modell für das Haus im Faubourg Saint Honoré arbeitete. Eric arbeitete später mit dem Supermodel, als sie ihr eigenes Label gründete. Dort fand auch das erste Treffen mit Christian Lacroix statt, der von ihm sagte: „Er ist der Sohn, den Françoise und ich nie hatten". Diese Freundschaft beflügelte sicherlich Eric Bergères Liebe zu Arles, wo er vor 15 Jahren seinen ersten Halt fand, bevor er sich fünf Jahre später in seinem Bauernhaus mit dem hübschen Namen Dou Bochi niederließ.

Seitdem ist Dou Bochi zu seinem Markenzeichen geworden — eine Ode an die Kunst des Lebens in der Camargue. Alles dort ist Transparenz, Fülle, Leichtigkeit. Diese Lebensfreude kommt durch Leinen zum Ausdruck, ein Stoff, der Transparenz und Fülle ermöglicht. Kein Reißverschluss, kein Knopf, kein Futter. Nur fließende und leichte Linien. Farben, die an das Weiß der Salzsümpfe von Giraux, die Kreide der Crau-Ebene, das Schwarz der Stiere, das Blond und Grau der weißen Haare und des Treibholzes, das Grün und Blau der Teiche, und das Terrakotta der antiken römischen Töpfereien erinnern. Die Marke verfügt über zwei Verkaufspunkte in Arles, wo die Kollektionen lokal produziert werden, während sie in Europa, den Vereinigten Staaten, Großbritannien, der Ukraine und Japan vertrieben werden.

Wie begann das Abenteuer Dou Bochi, und was sind die Besonderheiten dieses Labels, das sich um zeitlose Begehrlichkeit dreht?

Als wir in das Bauernhaus von Dou Bochi zogen, wurde die Scheune schnell zu einer Werkstatt. Vor vier Jahren wurde in mir der Wunsch nach einer in der Region verankerten und produzierten Marke immer stärker. Fließende Röcke, weite Hosen, Kleider, die wie T-Shirts getragen werden. Um diese Heimat zu zelebrieren, verwende ich vor allem Leinen, das ein authentisch natürliches, festes, unendlich waschbares Material ist. Es ist das älteste Material in der Geschichte der Menschheit, wassersparend, ökologisch und es nimmt Farben sehr gut an. Ein edles Material: Je älter es wird, desto schöner wird es.

Wie schafft man es, dass ein Luxushaus in einer so wettbewerbsgetriebenen Welt überlebt?

Luxus bei Dou Bochi bedeutet in erster Linie die Zeit und Aufmerksamkeit, die den Kunden und Bewunderern der Marke gewidmet wird. Ich wollte meine Marke nicht in einen Schauenkalender quetschen. Es wird nur eine Kollektion pro Jahr entworfen, aber die Kunden haben - weil die Marke unisex ist - die Möglichkeit, maßgefertigte Modelle zu bestellen, wenn sie ihre Größe oder Farbe nicht finden können. In diesem Fall dauert es drei bei vier Tage, die Bestellung abzuschließen: denn alles wird vor Ort von Näherinnen aus Arles hergestellt.

Wie läuft ein typischer Tag von Eric Bergère ab?

Im Allgemeinen arbeite ich zuerst mit Quentin, meinem Schnittmacher, an der neuen Dou Bochi-Kollektion, dann bespreche ich mit meinen französischen und japanischen Kunden via Internet, E-Mails und Fotos alles weitere. Nach einem Mittagessen in der Stadt, das mit einem Besuch in den beiden Boutiquen meiner Marke endet, fahre ich zurück nach Le Mas, um Modelle oder Miniserien zu entwerfen oder deren Markteinführung vorzubereiten. Schließlich liefere ich die neuen Modelle aus, und dann schließe ich die Geschäfte, nachdem ich das Merchandising und die Bücher kontrolliert habe.

Wie sehen Sie die Welt des Designs und des Luxus heute?

Vor allem empfinde ich eine Langeweile, die durch ein künstlerisches Überbieten verursacht wird, das mir sehr weit von der Realität und vom primären Verwendungszweck des Kleidungsstücks entfernt erscheint. Ich denke jedoch, dass Covid-19 dieses System, das am Ende des Rennens steht, sprengt. Und um so besser. Die Herausforderung für die kommenden Wochen und Monate besteht darin, wieder ein echtes Verlangen nach Mode zu entwickeln.

Was sind Ihre Wünsche für die Zukunft von Dou Bochi?

Mein Wunsch ist einfach: die Camargue weiterhin zum Leuchten zu bringen, durch eine Marke, die ihre rohe Eleganz, ihre authentische Schlichtheit und ihre ebenso wilde wie raffinierte Natur widerspiegelt.

Welchen Rat würden Sie heute jungen Menschen geben, die Modedesigner werden möchten?

Ich würde ihnen raten, ihren Weg und ihre Identitäten so bald wie möglich nach diesem bekannten Gebot zu finden: Die Natur verabscheut die Leere. Wenn Sie Ihre Nische gefunden haben, empfehle ich Ihnen, sie anzustreben, aufrichtig zu sein, an sie zu glauben, ohne sich zu vergessen, die Augen für eine Gesellschaft zu öffnen, die sich in ständigem Wandel befindet, um den Wünschen der Zukunft am besten gerecht zu werden. Abschließend möchte ich sagen, dass all dies leidenschaftlich, aber mit Bescheidenheit getan werden muss. Wir dürfen nie vergessen, dass wir Stylisten, Handwerker und Designer sind. Wir sind keine Künstler.

Dieser Artikel wurde zuvor auf FashionUnited. fr veröffentlicht. Übersetzung und Bearbeitung: Barbara Russ

Bild: Dou Bochi

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Eric Bergère