Drei Höhepunkte der Haute-Couture-Modewoche SS21
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Während der digitalen Pariser Haute-Couture-Woche SS21 hielt sich Kim Jones bei seiner ersten Kollektion für Fendi an die Regeln des Metiers. Andere Modeschöpfer wie Alber Elbaz und Daniel Roseberry von Schiaparelli experimentierten mit Materialien und Formen, um zu ergründen, welche Art von Couture die zeitgemäße für Frauen von heute ist.
Dunkle britische Bohème bei Kim Jones
Bisher was Kim Jones als Designer für Männermode mit Streetwear-Einflüssen bei Luxusmarken wie Dior und Louis Vuitton bekannt. Am Mittwoch trat der britische Designer im Pariser Palais Brongniart in die Fußstapfen von Karl Lagerfeld und zeigte seine erste Damen-Kollektion für das italienische Modehaus Fendi. Bei seiner ersten Haute-Couture-Show ließ er sich von der Welt der Schriftstellerin Virginia Woolf inspirieren.
Kim Jones wählte für die Präsentation der SS21-Kollektion den Laufsteg und befolgte weitgehend die Regeln der hohen Schneiderkunst. Models in bodenlangen Kleidern, transparenten Anzügen und Capes aus fließenden Stoffen schritten durch ein gläsernes Labyrinth; durch eine düstere Jahrhundertwende-Stimmung schimmerten perlenbestickte Oberflächen und glänzender Satin in nüchternen Tönen wie grau, indigo oder beige.
In eine weitgehend traditionelle Couture-Show brachte Jones Aktualität, indem sowohl Männer als auch Frauen die Damenkollektion präsentierten. Auch diese Inspiration kam von Woolf. Sie gehörte zur Bloomsbury Group, einer Gruppe von Intellektuellen, in der "exquisite Weiblichkeit und männliche Androgynität eher als fließende Entscheidungen erscheinen, denn als angeborene Realitäten", hieß es bei Fendi.
Alber Elbaz’ inklusive Performance-Couture
„Ich brauchte Zeit, um mich wieder in die Mode zu verlieben. Ich brauchte die Zeit, um nachzudenken und zu träumen”, sagte der Modedesigner zum Beginn des Films, mit dem er sein neues Label AZ Factory als Gast bei der Haute Couture Modewoche vorstellte. Bei seiner Rückkehr in die Modeindustrie trieb den ehemaligen Lanvin-Chefdesigner Elbaz vor allem eine Frage um: „Ist Mode noch relevant?"
Seine bejahende Antwort spiegelt sich in den klaren Linien und satten Farben von wippenden Ballonröcken und taillierten Kleidern mit Decolleté und Puffärmeln – mal klassisch, mal sportlich. Anstatt High-Heels tragen schmale und fülligere Models spitze Sneaker, die – ebenso wie Pumps – die Beine der Frauen optisch verlängern sollen.
Mithilfe von modernen, technischen Textilien, die eher aus dem Sport kommen, schmiegen sich Stiftkleider an jeden Körpertyp statt ihn einzuengen. Der tiefsinnige und quirlige Alber Elbaz zeigt sich nicht nur mit seinen durchdachten Designs als Versteher der Frauen. Auch im Film laufen Frauen nicht bloß als Modellpuppen über den Laufsteg, sie arbeiten aktiv als Moderatoren und Helferinnen am Set bei der ganzen Produktion mit. „Ich sehe nicht mehr die Kleider, ich sehe die Frauen”, sagte Elbaz. „Diese Kleider lassen sie nicht verschwinden, sie lassen sie erscheinen.”
Schiaparellis feministischer Surrealismus
Daniel Roseberrys hat Talent, den Zeitgeist einzufangen. Das bewies der Chefdesigner des Modehauses Schiaparelli spätestens mit dem Outfit, das Lady Gaga beim Singen der amerikanische Nationalhymne während der Amtseinführung des US-Präsidenten Joe Biden trug. Die Bilder ihrer schwarzen Jacke mit der unübersehbaren goldenen Friedenstaube und dem leuchtroten Rock drückten die Hoffnung vieler in diesem Augenblick mit Mode aus.
In seiner Kollektion für Sommer 2021 setzt er sich in schnörkellosen und figurativen Formen damit auseinander, was Couture und Frau zu sein heute bedeutet. In einem dreiminütigen Film, zeigen sich ein Models in Kleidern mit schwarzem Brustpanzer und pinker Riesenschleife und oder in Ensembles mit weißen, voluminösen Puff-Kragen.
Mit den überdimensionierten goldenen Accessoires besinnt sich Roseburry auf die surrealistische Tradition des Hauses zurück: Es gibt lange Krallenringe, Ohrringe mit Zähnen und eine Brustplakette, die das Bild einer Madonna mit Kind heraufbeschwört. Er spielt dabei nicht nur mit ungewöhnliche Volumen und Dimensionen, sondern auch den Regeln der Couture selbst. Ebenso wie Alber Elbaz hat sich Daniel Roseburry von zarten Spitzen der Hauture Couture verabschiedet und Kleidern, die “so harmlos schön wie ein Märchen”.
Bild: Schiaparelli